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Digitaler Service zu teuerKeine Live-Streams aus dem Rat in Bornheim

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Im Februar wurde eine Sitzung des Meckenheimer Stadtrats im Internet übertragen. 

Bornheim – Live-Streams von Ratssitzungen wird es auch weiterhin nicht in Bornheim geben. Einstimmig beschloss der Stadtrat am Donnerstag, vorerst darauf zu verzichten. CDU und Grüne hatten eine Prüfung beantragt. Die Verwaltung hatte sich daraufhin bei anderen Kommunen erkundigt, welche Erfahrungen sie gesammelt haben. Aus Gütersloh und Monheim, die kontaktiert worden waren, hieß es, es mache es keinen Sinn, lediglich die Ratssitzungen zu übertragen, da die Diskussionen vorab in den Ausschüssen stattfänden. Daher müssten auch die Sitzungen der Fachgremien gestreamt werden, damit die Bürger den Entscheidungsprozess nachvollziehen können.

Karin Wittenberg, Leiterin des Rechts- und Vergabeamtes, verwies auf mögliche Kosten von bis zu 150.000 Euro jährlich: „Der technische Aufwand ist hoch. Wenn, dann würden wir das auch wertig und richtig machen wollen, und das kostet Geld. Da können wir keinen Azubi mit einer Handykammer durch den Ratssaal schicken.“

Hohe Kosten für das Streamen

Die Vorteile von Streamingmöglichkeiten, etwa mehr Transparenz oder Stärkung der demokratischen Willensbildung, weist die Verwaltung nicht von der Hand, zumal bei der ersten Beteiligungswerkstatt der Bürger im Juni im Alexander-von-Humboldt-Gymnasium das Interesse an gestreamten Ratssitzungen recht hoch war. Viele Bornheimer waren vor allem daran interessiert, sich bestimmte Tagesordnungspunkte zu einem späteren Zeitpunkt anzuschauen. Dies wäre aber ebenfalls mit hohen Kosten verbunden, da für die städtische Internetseite eine entsprechende Archivierungsfunktion erforderlich wäre. Bei anderen Kommunen zeigte sich, dass die Zugriffszahlen sowohl in Echtzeit als auch im Nachhinein eher gering sind. Daher, so die Abwägung zwischen Kostenaufwand und Nachfrage, sei dieses Angebot laut Verwaltung „momentan nicht vertretbar“. Maria Koch (Grüne) sprach sich weiterhin für dieses digitale Angebot aus und verwies auf die Wünsche der Bürger. „Wir möchten auch, dass sich Leute informieren können, für die es eine große Belastung wäre, direkt ins Rathaus zu kommen“, ergänzte ihre Fraktionskollegin Maria Böhme.

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„Die Übertragungen wären gut, um Transparenz herzustellen und wichtig für die demokratische Willensbildung“, meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilfried Hanft, „ich bedauere, dass dies aufgrund der finanziellen Dimensionen derzeit nicht machbar ist.“ Paul Breuer (ABB) sprach sich für eine „Komm-hin-und-mach-mit-Demokratie“ aus, statt einer anonymisierten Beteiligung über das Internet: „Ich finde es immer erfrischend, wenn Bürger zu bestimmten Tagesordnungspunkten zu den Sitzungen kommen.“ Zudem gab er zu bedenken, dass sich manch einer der Politiker gehemmt fühlen könnte sich zu äußern, wenn er weiß, dass seine Äußerungen live aufgezeichnet werden.

Erfahrungen aus anderen Kommunen

Laut Recherchen der Stadtverwaltung haben 82 Prozent der Kommunen in NRW noch keine Erfahrungen mit dem Streamen von Sitzungen gemacht. Jede fünfte Kommune möchte dies jedoch künftig tun. In Monheim (rund 43.000 Einwohner) pendelten sich die Live-Zugriffe zwischen 30 und 500 Zuschauern pro Sitzung ein. Mit der Übertragung wurde ein externer Dienstleister beauftragt. Die Kosten betragen pro Jahr bis zu 100.000 Euro.

Der Stadtrat von Meckenheim hatte 2021 mehrheitlich einen Pilotversuch beschlossen. Bei Wortmeldungen derjenigen Ratsmitglieder, die dem Stream nicht zugestimmt hatten, wurde jeweils der Ton ausgeschaltet und ein Logo eingeblendet. Nach drei Online-Übertragungen im Dezember, Februar und März aus dem Rat wurde das Projekt aber vorerst wieder aufgegeben. In der Bundesstadt Bonn besteht das Angebot bereits seit einigen Jahren.