Bornheimer Bücherei-Leiterin im Interview„Die Zeit etwas erträglicher machen“
- Es waren unruhige Zeiten als Brigitte Nowak am 2. Mai 2012 die Leitung der Bornheimer Stadtbücherei übernahm.
- Damals gab es heftige Diskussionen um den Fortbestand der Einrichtung am Servatiusweg.
- Jüngst stimmte der Sport- und Kulturausschuss einstimmig für die Fortschreibung des Büchereikonzeptes bis 2025.
- Rundschau-Mitarbeiter Frank Engel-Strebel sprach mit Nowak über die aktuelle Situation.
Bornheim – Frau Nowak, wie sieht aus Ihrer Sicht die Bücherei der Zukunft aus?
Das Thema ,Zukunft der Bibliotheken’ beschäftigt uns seit vielen Jahren und wird leidenschaftlich und kontrovers nicht nur in Fachzeitschriften, sondern auch auf Bibliothekskonferenzen, Tagungen und Bibliothekskongressen diskutiert. Meine ,Bücherei der Zukunft’ hat eine feste gesetzliche Grundlage in Form eines Bibliotheksgesetzes, in dem die Bibliothek als kommunale Pflichtaufgabe festgeschrieben wird. Sie ist damit ein anerkannter außerschulischer Bildungspartner, der nicht ums Überleben kämpfen muss, wenn die Kommunalhaushalte knapper werden, und eine Einrichtung, die als Marke wahrgenommen wird.
Welche Pläne verfolgen Sie, Ihr Team und der Förderverein?
Wir werden gemeinsam die vier Handlungsfelder des Büchereikonzeptes umsetzen. Dies sind die Leseförderung, die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz sowie die Bereitstellung eines umfassenden und unabhängigen Medien- und Informationsangebots. Unsere Nutzerinnen und Nutzer haben sich von uns einen umfassenden und aktuellen Medienbestand gewünscht, der idealerweise auch thematisch gegliedert sein sollte. Dies würde ich gerne mit meinem Team und dem Förderverein ,Bücherwurm’ zusammen umsetzen. Zu guter Letzt wollen wir die Stadtbücherei auch als einen Ort der sozialen Begegnung etablieren.
Wie gehen Sie mit der Corona-Krise um? Wie funktionieren die Ausleihe bzw. der Besuch in der Bücherei momentan?
Natürlich waren der Ausbruch der Corona-Krise und die Verabschiedung der ersten Corona-Schutzverordnung am 15. März ein Schock für uns. Bürgermeister Wolfgang Henseler hat dann sofort entschieden, dass die Bücherei nach den Maßgaben dieser Verordnung für den Publikumsbetrieb geöffnet bleibt.
Zahlen und Fakten
1972 wurde die Einrichtung als Gemeindehauptbücherei der damaligen Gemeinde Bornheim gegründet. 1999 erfolgte der Umzug an den jetzigen Standort im Servatius-Center mit einer Fläche von 275 Quadratmetern. Die Bücherei hat an 24,5 Stunden die Woche geöffnet und verfügt über einen physischen Medienbestand von derzeit 27 384 Büchern, CDs, Zeitschriften oder DVDs. Über die Rhein-Sieg-Onleihe können die Nutzer auf knapp 32 600 elektronische Medien zugreifen. 2019 verzeichnete die Einrichtung 80 173 Ausleihen. 6 409 Benutzer sind angemeldet, im vergangenen Jahr wurden davon 1508 Benutzerausweise aktiv genutzt.
Das Team aus fünf Mitarbeiterinnen in Voll- und Teilzeit um Brigitte Nowak arbeitet mit 37 Kooperationspartnern, darunter acht Schulen und elf Kitas zusammen. 2019 wurden 128 Veranstaltungen angeboten, an denen knapp 4 600 Besucher teilgenommen hatten. 2012 forderten die Ratsfraktionen von CDU und FDP Einsparmaßnahmen für die Stadtbücherei. Zudem kam es zu einem Prüfauftrag, ob die Bibliothek nicht gemeinsam mit der Musikschule und der VHS in einem Neubau auf der Freibadwiese untergebracht werden könnte, da 2014 der Mietvertrag im Servatius-Center auslief. In einem offenen Brief an die Fraktionen setzten sich seinerzeit auch elf Kulturschaffende mit einer Solidaritätsbekundung gegen die möglichen Einsparungen durch. Schlussendlich konnte die Bücherei in ihren Räumlichkeiten bleiben, das Büchereikonzept wird fortgeschrieben. (fes)
Leseecke neu gestaltet
Weil das sehr beliebte Bilderbuchkino zurzeit nicht in der Stadtbibliothek angeboten werden kann, hat Bücherei-Leiterin Brigitte Nowak die Zeit genutzt, die Bilderbuchecke zu renovieren und neu ausstatten zu lassen. Der Förderverein Bücherwurm Bornheim finanzierte die Anschaffung neuer, bunter Regale. Im Moment gibt es jeden Monat ein neues, virtuelles Bilderbuchkino, das sich die Kinder mit ihren Eltern zu Hause angucken können. Zu finden ist es unter YouTube/Bücherwurm-Bornheim. Geplant ist, im Januar 2021 gemeinsam mit Eltern und Kindern die neue Bilderbuchecke mit einem Live-Kino feierlich zu eröffnen. (EB)
Dadurch konnten wir gerade zu Beginn der Krise unsere Leserinnen und Leser mit Büchern, Tonies, DVDs und vielen anderen Medien versorgen und so die Zeit der Einschränkungen hoffentlich etwas erträglicher machen. Die Stadtbücherei Bornheim war bis Anfang Mai sogar die einzige Bibliothek in der Region, die noch für den Publikumsbetrieb geöffnet war. Hier danke ich besonders meinem Team, unseren Benutzerinnen und Benutzern, die mit sehr viel Verständnis auf die Einschränkungen reagiert haben, und natürlich der Verwaltung, die uns sehr kurzfristig Spuckschutz-Scheiben an unserer Theke montiert hat und uns immer mit Desinfektionsmittel versorgt. Die Ausleihe funktioniert deshalb wie gewohnt, aber leider können sich zurzeit maximal sechs Personen in der Bücherei aufhalten. Mittlerweile können wir auch wieder einen Leseplatz in unserer E-Book-Lounge anbieten, der nach Registrierung genutzt werden kann.
Welche Veranstaltungen wurden abgesagt? Finden wieder welche statt?
Leider mussten wir alle Publikumsveranstaltungen, die wir in der Stadtbücherei durchführen wollten, absagen. Auch das Bilderbuchkino des Fördervereins können wir leider im Moment nicht vor Ort in der Stadtbücherei durchführen. Wir freuen uns aber, dass der Förderverein stattdessen ein digitales Bilderbuchkino bereitstellt, das man sich über die Homepage der Stadtbücherei und des Fördervereins anschauen kann. Im Moment führen wir in der Stadtbücherei nur die Veranstaltungen aus dem Kursprogramm der VHS Bornheim/Alfter durch, also beispielsweise den Literaturkreis und den E-Book-Workshop. Wir konnten aber – und darüber bin ich sehr glücklich – die meisten der geplanten Veranstaltungen im Rahmen des Rheinischen Lesefests ,Käpt’n Book’ in den Schulen und Kindertagesstätten durchführen. Es ist uns zusammen mit unseren Kooperationspartnern gelungen, insgesamt elf der geplanten 16 Lesungen durchzuführen. Pünktlich zu den Herbstferien haben wir zum ersten Mal BiBo, die Bibliothek Bornheim, den Herbst-Lese-Club der Stadtbücherei, gestartet. Der Förderverein würde gerne am 4. Dezember eine Weihnachtsveranstaltung anbieten. Natürlich würden wir auch gerne zusammen mit dem Förderverein die traditionelle Raunacht am 8. Januar veranstalten. Hier müssen wir aber die weitere Entwicklung abwarten.
Was hat sich am Nutzerverhalten geändert?
Das Nutzerverhalten hat sich meiner Meinung nach nicht sehr verändert. Unsere Nutzerinnen und Nutzer nehmen Rücksicht aufeinander und halten sich für die Ausleihe und Rückgabe immer nur so kurz wie möglich in der Bücherei auf. Im Vergleich zum Vorjahr hatten wir von Mitte März bis Mitte Oktober bei den Ausleihen ein Plus von fünf Prozent. Auch freuen wir uns über 147 Neuanmeldungen. Die Nutzung der Onleihe werden wir in unserem Bibliotheksverbund zum Jahresende genauer auswerten.