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19 Prozent MehrwertsteuerLokale Gastronomie kommt an Preiserhöhungen nicht vorbei

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Was kosten die Speisen in der Gastronomie im nächsten Jahr?

Was kosten die Speisen in der Gastronomie im nächsten Jahr?

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird im kommenden Jahr wieder auf 19 Prozent steigen. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Wir haben Gastwirte aus dem Rhein-Sieg-Kreis gefragt.

„Es ist gerade insgesamt eine schwierige Situation für die Gastronomie. Es fehlt an Personal, und die Preise haben in nahezu allen Bereichen angezogen, was vielen Menschen den Besuch eines Restaurants erschwert“, sagt Jacqueline Wieler, Juniorchefin im Walberberger Landhaus Wieler. Die Entscheidung der Bundesregierung, zum alten Mehrwertsteuersatz zurückzukehren, sei bedauerlich, weil damit nicht unbedingt zu rechnen war, so Wieler.

„Aufgrund der generell schwierigen Situation für die Menschen wäre es schön gewesen, der reduzierte Steuersatz wäre noch einmal um zwölf Monate verlängert worden“, zeigt sich die junge Gastronomin enttäuscht. Den veränderten Steuersatz müsse man zumindest teilweise weitergeben. Doch damit alleine sei es nicht getan, neue Preise führten überdies zu mehr Arbeit. So müssen unter anderem das Kassensystem neu programmiert sowie Speisekarten neu geschrieben und gedruckt werden. Ähnlich wird auch Thomas Reichelt reagieren, der für die Gäste im Traditionsgasthaus Zur Linde in Heimerzheim kocht: „Wir kommen an einer Preiserhöhung zum neuen Jahr nicht vorbei.“

Reichelt bemängelt die mangelnde Lobby für die Branche. Versprechungen aus der Politik würden nicht gehalten, moniert der Gastronom. „Wenn die Preise für ein Schnitzel jenseits der 20-Euro-Schwelle liegen, wird der Besuch eines Restaurants für manche Gäste zum Luxus“, gibt sich Reichelt skeptisch. Für viele Kollegen könnte das Geschäft im kommenden Jahr seiner Ansicht nach noch schwieriger werden.

Für Peter Schemerka aus dem Brauhaus Rheinbach kommt die Entscheidung unerwartet und kurzfristig. Er habe sich wie viele andere Gastronomen auf die Zusage des Bundeskanzlers verlassen. Olaf Scholz hatte 2021 im Rahmen eines TV-Wahlkampfauftritts darüber gesprochen, dass die Mehrwertsteuerreduzierung über das Jahr 2023 hinaus bestehen bleiben solle. Schemerka überlegt gegenwärtig noch, inwieweit er die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz weitergeben wird. „Wir werden die höheren Preise sehr wahrscheinlich nicht komplett weitergeben. Es läuft eher auf eine moderate Preissteigerung hinaus“, sagt er. Thomas Kann, Chef des Merzbacher Hofs, rechnet auch mit einer moderaten Anhebung der Preise. Er möchte sich allerdings noch nicht festlegen und erst einmal abwarten, wie sich der alte Mehrwertsteuersatz auswirkt.

„Wir werden die höheren Preise komplett weitergeben müssen“
Herbert Kaebe

„Ich hoffe, dass unsere Gäste eine eventuelle kleine Preissteigerung nachvollziehen können und mittragen. Ich bin in dieser Hinsicht auch sehr zuversichtlich. Wir haben ein treues Stammpublikum“, sagt Kann. Herbert Kaebe leitet das Hotel und Restaurant Rheinterrassen in Widdig. Der erfahrene Gastronom kritisiert die Verantwortlichen in der Politik, die seiner Meinung nach zu oft nach dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ verfahren.

„Wir werden die höheren Preise komplett weitergeben müssen“, blickt Kaebe voraus. Er hoffe, dass die Gastronomie sich diesbezüglich einig zeigt und alle bei der Weitergabe der Preise an einem Strang ziehen. Das würde die Situation für die gesamte Branche erleichtern. Familie Kaebe denkt noch darüber nach, den Betrieb des Restaurants während der ersten beiden Monate des kommenden Jahres auszusetzen und sich auf den Hotelbetrieb zu beschränken.

Im März wäre das Lokal am Rheinufer jedoch auf jeden Fall wieder geöffnet. Eine etwas andere Sicht auf die Entscheidung der Bundesregierung, zum regulären Mehrwertsteuersatz zurückzukehren, hat Robert Wohlhage aus Bad Honnef. Er betreibt seit einigen Jahren sein Bistro Ludwig. „Für mich kommt die Entscheidung nicht überraschend. Der Schritt war durchaus vorhersehbar“, meint Wohlhage. Schließlich sei die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf zwei Jahre begrenzt gewesen. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei keine große Überraschung gewesen.

„Dass die Signale aus Karlsruhe dazu führen, den reduzierten Mehrwertsteuersatz auslaufen zu lassen, war ebenso zu erwarten“, zeigt sich Wohlhage nüchtern. Wer jetzt das Gegenteil behaupte, sei ein Stück weit blauäugig. Für einen Flammkuchen zum Beispiel werde er voraussichtlich etwa 50 Cent mehr verlangen. „Die Preiserhöhungen werden sehr überschaubar bleiben“, meint er. Darüber hinaus befinde er sich in sicherem Fahrwasser. Das liege auch daran, dass die Preise für mehrere Lebensmittel gesunken seien.