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Prozess in BonnTatverdächtiger steht sieben Jahre nach Einbrüchen in Alfter und Bornheim vor Gericht

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Ein Mann hebelt mit einem Brecheisen eine Tür im Keller eines Wohnhauses auf (gestellte Szene). Foto: Silas Stein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Mann hebelt mit einem Brecheisen eine Tür im Keller eines Wohnhauses auf (gestellte Szene). Silas Stein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Das mutmaßliches Ex-Mitglied einer Einbrecherbande war aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Albanien verhaftet und der deutschen Justiz überstellt worden.

Die Wirtin aus Alfter hatte sich auf ein paar freie Tage gefreut. Nachdem der letzte Gast gegangen war, legte sie in der Nacht zum 5. Juni 2016 ihre Reiseunterlagen bereit und dazu 1500 Euro Bargeld und ging zu Bett. Sie hörte nicht, dass nach 1.30 Uhr ein Einbrecher durch ein gekipptes Fenster in ihre Wohnung eindrang und Papiere und Geld einsackte. Erst am Morgen gegen 9.45 Uhr bemerkte sie den Diebstahl, und damit war die Reisefreude vorbei.

Vermutlich Mitglied einer albanischen Einbrecherbande

Der mutmaßliche Täter muss sich seit Mittwoch, fast sieben Jahre nach der Tat in Alfter, vor der 11. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts verantworten. Er ist wegen zehn Einbrüchen zwischen dem 5. Juni und 8. Juli 2016 angeklagt, drei davon scheiterten, weil er entdeckt worden oder das Fenster gesichert war. Der 44-jährige Albaner hatte sich nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft bei seinen nächtlichen Streifzügen nur solche Objekte ausgesucht, in denen entweder ein Fenster oder eine Terrassentür auf Kipp standen. Die hebelte er mit einem Werkzeug auf und stieg ein. Tatorte waren vor allem in Bonn, wo er in einer Wohnung Schmuck im Wert von 35 000 Euro erbeutete, und einmal Hersel; hier ließ er zwei Uhren, Laptop, Tablet und 350 Euro in bar mitgehen. Die Gesamtbeute wird auf knapp 50 000 Euro beziffert.

Der 44-Jährige gehörte damals wahrscheinlich zu einer siebenköpfigen albanischen Einbrecherbande, die aus dem Flüchtlingsheim in der Deutschherrenstraße in Bad Godesberg agierte. Die Mitglieder waren nur nachts und nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Köln, Bonn und Coesfeld unterwegs. Die Bonner Polizei richtete seinerzeit die Ermittlungsgruppe „Dritare“ (albanisch: Fenster) ein, weil sich die Einbrüche häuften und auch das Risiko, dass sich Täter und Hausbewohner in der Nacht begegnen und es zu einem Gerangel mit ungewissem Ausgang kommen konnte, groß war. Der damalige Ermittlungsleiter sagte gestern als Zeuge, es sei den bis zu 150 Beamten, die in die Fahndung eingebunden waren, gelungen, an Fenstergriffen Fingerabdrücke und DNA-Spuren zu identifizieren und auch ein Handy zu orten. Nach der Observierung von Verdächtigen wurde schließlich die Bande ausgehoben.

Ein Bonner Richter blieb am Ball

Der 44-Jährige war allerdings nicht unter den Festgenommenen, er hatte sich bereits in seine Heimat abgesetzt. Dass er dennoch erwischt wurde, ist der Hartnäckigkeit eines Bonner Richters zu verdanken. Wolfgang Schmitz-Justen, Vorsitzender der 2. Großen Strafkammer, hatte es in einem Prozess gegen ein mutmaßliches Bandenmitglied mit einem Angeklagten zu tun, der trotz eines DNA-Beweises in den Akten die Vorwürfe abstritt. Als Schmitz-Justen die Polizei bat, die DNA-Spur noch mal zu prüfen, kam heraus, dass sie vertauscht worden war: Sie gehörte dem jetzt vor Gericht Stehenden. Er wurde aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Albanien verhaftet und der deutschen Justiz überstellt.

Der Mann zeigte sich gestern reumütig, gab unumwunden alle Einbrüche zu, auch die drei versuchten: „Ich übernehme die Verantwortung“, sagte er. Von dem Erlös der Beute habe er für sich Kokain und für den kranken Vater Medikamente gekauft. Mit dem Menschen, der die Taten begangen habe, habe er „heute nichts mehr zu tun“. Er wolle nicht mehr straffällig werden; das könnte auch daran liegen, dass er in zweiter Ehe in Albanien mit einer Polizistin verheiratet ist.