Das Bonner Schwurgericht verurteilte einen 48-Jährigen wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung
Sauna-Club-Attacke in AlfterBordellbesucher zu sechs Jahren Haft verurteilt
Bei der Aufklärung des Verbrechens im Rotlichtmilieu ging es dem Bonner Schwurgericht wie derzeit den EM-Schiedsrichtern auf dem Fußballfeld: Der „Videobeweis“ offenbarte ihnen die Wahrheit. Denn insgesamt 21 Videokameras waren am Tatort – einem Saunaclub in Alfter – angebracht gewesen, die permanent sämtliche Räume des Etablissements im Blick hatten.
So konnten sich die Ermittler die fast tödlichen Ereignisse des 19. November 2023 von den Kameras minutiös erzählen lassen. Schnell identifiziert war damit auch der Bordellbesucher, der an diesem Abend mit einem Messer siebenfach auf einen der Türsteher eingestochen hatte. Mit Europäischem Haftbefehl wurde der 48-jährige Gemüsehändler, der in Holland lebt, keine fünf Wochen später festgenommen und sitzt seit März 2024 in der JVA Köln. Er wurde wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Haft verurteilt. Dabei sollte der Sauna-Abend ein vergnüglicher werden.
Alfter: Was passierte im Bordell?
Acht Männer hatten sich in dem Bordell zu einem lustvollen Abend verabredet. Man trank viel Cognac, amüsierte sich mit den Damen, in den Zimmern, auf der Tanzfläche. Die Stimmung (Videobeweis) war auch friedlich, bis es zum Auslöser der riesigen Randale zwischen zwei „Männer-Rudeln“ mit fast 16 Beteiligten kam. Einer aus der Freiergruppe hatte einer Prostituierten in den Schritt gegriffen, was flugs die Riege der Türsteher auf den Plan rief. Einer der Aufpasser schlug dem Halbbruder des Angeklagten mit der Faust ins Gesicht, was – so der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff im Urteil – „nicht zur Deeskalation“ beitrug.
Während der Rangelei verschwand der Angeklagte (Videobeweis) aus dem Buffetbereich in die Umkleide, zog sich an und griff mit einer Hand in eine Bauchtasche, aus der er ein Messer hervorholte. Anschließend ging der 48-Jährige wieder zurück in den im Kampf aufgeheizten Buffetraum, wo mittlerweile sogar Gabeln zu Waffen umgebogen wurden, wurde hier von einer Dachlatte am Arm erwischt, was ihn nicht weiter abschreckte. Im Gegenteil: Er zog das Messer, stach sieben Mal auf den Türsteher ein, der das zunächst noch nicht mal merkte.
Alfter: Verletzter Türsteher taucht ab
Da dieser allerdings furchtbar blutete, ging er ins Bad (auf Video), zog den Pullover hoch, wo die Stichwunden sichtbar wurden. Der verletzte Türsteher wurde von der eintreffenden Polizei versorgt, hat jedoch nie eine Aussage gemacht, stattdessen ist er abgetaucht – und entsprechend nicht zum Prozess erschienen. Der Angeklagte hingegen hatte versucht, sich mit viel Erinnerungslücken und Fabulierkünsten aus der Affäre zu ziehen: Aber fast jedes Detail konnte von den Richtern widerlegt werden.
So hatte er unter anderem angegeben, alleine mindestens sieben Flaschen Cognac à 150 Euro getrunken, mit zwei Frauen für 250 Euro Spaß gehabt, und schließlich noch für 120 Euro Kokain gekauft zu haben. Als Gemüsehändler, hieß es im Urteil, der knapp 2000 Euro monatlich verdient, hätte er das alles nicht bezahlen können. Die Kammer rechnete schließlich 1,2 Promille aus, damit sei der alkoholgewohnte Mann bei der hochaggressiven Tat (mit „großer, großer Gewalt“ ausgeübt) keineswegs in der Steuerungsfähigkeit eingeschränkt.
Auf die Frage, warum der Angeklagte so schnell vom Tatort abgehauen war, fand er ein verblüffendes Argument: Er habe sich dafür geschämt, in einem Bordell gewesen zu sein. Das widerlegte die Kammer eher mit einem Schmunzeln: Immerhin war der 48-jährige Rumäne lange im Rotlichtmilieu als Zuhälter zuhause – und bereits im Jahr 2012 in Frankreich wegen schwerer Zuhälterei verurteilt worden.