Nicht einmal ein Drittel ihrer Kinder könnte die Förderschule An der Wicke in Alfter im Offenen Ganztag betreuen. Das sieht landauf, landab nicht viel besser aus. NRW-Schulministerin Dorothee Feller schaute sich in drei Förderschulen nach Lösungen um.
Unterwegs in Rhein-SiegSchulministerin schaut in Alfter nach der Not der Förderschulen

9.8.2023 Alfter Förderschule An der Wicke Mit Schulministerin Dorothee Feller (helles Jackett, Brille). Links Schulleiterin Gudrun Beckmann.
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„Wir können derzeit nur 36 von 115 Kindern in der OGS versorgen. Das ist dramatisch“, erklärte Gudrun Beckmann, die Leiterin der Förderschule An der Wicke in Alfter der Schulministerin. Dorothee Feller hatte sich an diesem Mittwoch auf Einladung ihres Parteikollegen und Landtagsabgeordneten Oliver Krauß (CDU) zu der Runde aus Schulaufsicht und Schulleitung ins Lehrerzimmer gesetzt. Die Ministerin sammelte Argumente und Anregungen für die Realisierung der OGS, also den Offenen Ganztag mit Betreuung auch am Nachmittag.
Der Alfterer Bürgermeister Rolf Schumacher hatte sie auch hierhin begleitet, wie schon zuvor zu den beiden anderen Förderschulen in seiner Gemeinde. Dabei erntete er den Hinweis, dass die Gelder, die das Land beim Bau von OGS Räumen geben wird, auch gezahlt werden, wenn die Räume zusätzlich für andere Zwecke genutzt werden.
Gudrun Beckmann erklärte, warum die Lage an ihrer Schule, die auch drei Eingangsklassen am Standort Meckenheim hat, so dramatisch ist. „Es gibt Eltern, die haben ihr Kind - trotz anderslautender fachlicher Empfehlung und gegen die eigene Überzeugung - einfach an einer Grundschule statt der Förderschule angemeldet, weil es dort OGS gibt und sie diese Aufgabe nicht selbst leisten können.“ Sie kenne aber auch jemanden, der seine Ausbildung nicht angetreten habe oder solche Eltern, die ihren Arbeitsplatz gekündigt hätten, um die Kinder selbst zu betreuen.
Ministerin Feller: Wichtige Erkenntnisse aus Besuch in Alfter
Die Ministerin betonte, die Schüler müssten einen guten Start bekommen. Ihr Besuch in Alfter und die Gespräche vor Ort seinen eine wichtige Erkenntnisquelle: "Das ist nicht durch Aktenstudium zu ersetzen." Sie wisse, dass "nur mit dem Kreis gemeinsam gute Bedingungen" geschaffen werden könnten. Denn der ist Träger dieser Schulen. Acht Förderschulen gibt es im Rhein-Sieg-Kreis insgesamt.

9.8.2023 Alfter Förderschule An der Wicke
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„Das geht alles auch nicht ohne hoch engagierte Lehrkräfte“, sagte die Ministerin und freute sich noch einmal darüber, wie schön sie am Morgen von Kindern mit einem Lied in deren Schule begrüßt worden sei. Über den Lehrermangel täuscht das nicht hinweg. „6700 Stellen in NRW sind unbesetzt“, räumt die Ministerin ein. „Darum arbeiten wir daran, die Möglichkeiten für Seiteneinsteiger zu verbessern. Aber sie müssen qualifiziert sein. Denn ein Pädagogikstudium hat seinen Sinn.“ Außerdem wolle das Land Lehrer grundsätzlich entlasten und wertschätzen; darum würden „demnächst alle Lehrer mit A13 besoldet“. Sie verlangt von Lehrern allerdings „mehr Flexibilität“. Es gehe um Abordnungen an andere Schulen, um Lehrer dort zu haben, wo sie am dringendsten benötigt würden.
Förderschulen: Rhein-Sieg-Kreis unter Druck
Der Kreis steht unter Druck, weil die OGS 2026 verpflichtend wird. An zwei Schulen sieht Schuldezernent Thomas Wagner dringenden Baubedarf: Das ist die Vorgebirgsschule im Schlossweg in Alfter (Schwerpunkt geistige Entwicklung) sowie der Standort Bornheim (Emotionale und soziale Entwicklung), wo eventuell - wie im Rechtshrinischen - ein Ersatzträger tätig werden könnte. "Aber selbst wenn wir es schaffen würden, hier Räume anzubauen, hätten wir immer noch nicht das Personal dafür", sagte Wagner. Und Bauen sei schon schwer genug. "Wie hier an der Wicke sind einige unserer Sonderschulen inzwischen von der Wohnbebauung umzingelt." Wagner: "Wir sind auch deshalb an der Kapazitätsgrenze, weil die Förderschulen so gute Arbeit leisten und sich deren Ruf gebessert hat. Es ist eben nicht mehr verpönt, auf einer Förderschule gewesen zu sein."
Und weil auch für die OGS Personal gebraucht wird, gebe es einen Dialogprozess auch mit dem Landessportbund und dem Handwerk, sagte die Ministerin. Ehrenamtliche Kräfte könnten an dieser Stelle eingesetzt werden und dafür sorgen, dass sich die Schüler in diesen jungen Jahren schon entsprechender Neigungen, etwa als Mitglied in einem Sportverein, als künftiger Handwerker prägen ließen. Auch die Feuerwehr habe sich gemeldet, weil sie Nachwuchs suche.
Oliver Krauß sagte: "Die Arbeit an den Förderschulen wird im Ministerium nicht nur gesehen, sondern auch gewertschätzt. Hier wird ein offener Austausch gepflegt." Krauß betonte mit einem Seitenhieb auf die Inklusionsziele einer früheren Regierung, wie dankbar er sei, dass die Förderschulen erhalten blieben. Es gehe um "das Beste für das Wohl des Kindes". Entsprechende Förderrichtlinien seien weit gediehen. Für die Baumaßnahmen stellte das Land 715 Millionen Euro für 30.000 weitere Plätze schon in diesem Jahr zur Verfügung. 65 Millionen Euro für weitere Plätze stünden im aktuellen Haushaltsentwurf.