Zecken können mit Borreliose und der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zwei ernstzunehmende Erkrankungen übertragen. Trotzdem, da waren sich die Experten am Stadt-Anzeiger-Telefon einig, ist ein Zeckenstich zunächst kein Grund zur Panik. Nicht jede Zecke überträgt tatsächlich auch eine Erkrankung. Das A und O sei die rechtzeitige Entfernung der Zecke, eben bevor sie die krank machenden Bakterien oder Viren übertragt.
Zwei Stunden lang beantworteten Prof. Gerd Fätkenheuer (Infektiologe an der Uniklinik Köln), Prof. Gerhard Wiesmüller (Leiter der Abteilung Infektions- und Umwelthygiene im Gesundheitsamt Köln) und Prof. Heinz Mehlhorn (Parasitologe an der Universität Düsseldorf) die vielen Fragen unserer Leserinnen und Leser. Die zehn wichtigsten Fragen:
Allgemein
1. Schützt die Zecken-Impfung auch vor Borreliose?
Nein. Die Impfung gegen die von Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephaltis (FSME) wird fälschlicherweise oft als „Zeckenimpfung“ bezeichnet. Sie schützt sehr zuverlässig gegen die in den Risikogebieten übertragene FSME, nicht aber gegen Borreliose, die bundesweit von Zecken übertragen werden kann.
FSME-Verbreitung in Deutschland (zum Vergrößern klicken):
2. Wie schützt man sich vor Borreliose?
Durch allgemeine Schutzmaßnahmen, die natürlich auch für die FSME gelten: Bei Aufenthalten in der Natur sollte man lange Kleidung tragen und sogenannte Repellents (Anti-Zecken-Sprays oder -Lotionen) benutzen. Ganz wichtig ist anschließend, den Körper inklusive Haaransatz gründlich nach Zecken abzusuchen. Je eher eine Zecke entfernt wird, umso geringer das Risiko einer Infektion. In der Regel beginnt eine Zecke nämlich erst nach acht bis 16 Stunden mit dem Blutsaugen.
3. Wie entfernt man eine Zecke?
Die Tiere möglichst nah an der Einstichstelle mit einer spitzen Pinzette am Saugrohr packen und ohne Drehungen herausziehen. Man sollte niemals versuchen, die Zecken in Öl oder Klebstoff zu ersticken. In ihrer Panik würde die Zecke dann Sekrete erbrechen, mit denen dann die Bakterien (Borrelien) bzw. Viren (FSME-Viren) übertragen werden können.
Fragen zu Borreliose
4. Sollte man einen Zeckenstich auf jedem Fall mit Antibiotika behandeln?
Nein. Ein Zeckenstich allein bedeutet nicht automatisch auch eine Infektion und macht deshalb keine sofortige Antibiotika-Behandlung erforderlich. Wichtig ist, die Zecke schnell zu entfernen und dann die Einstichstelle zu beobachten. Bildet sich nach etwa zwei Wochen um die Einstichstelle ein ringförmige Rötung (Wanderröte), die sich ausbreitet, sollte man umgehend einen Arzt aufsuchen und mit einer Therapie beginnen. In 90 Prozent der Borreliosefälle zeigt sich dieses typische Symptom. Nur selten treten Borreliose-Symptome wie Gelenkschmerzen und -schwellungen (typisch ist eine einseitige Kniegelenksentzündung) ohne eine vorherige Wanderröte auf.
5. Ich leide an Gelenkbeschwerden und Abgeschlagenheit. Mein Arzt hat einen Borreliose-Test gemacht, der positiv war. Die Antibiotika-Therapie hat aber keine Besserung gebracht.
Wenn die Antibiotika-Therapie gar nicht angeschlagen hat, war der Test vermutlich falsch-positiv. In einer Untersuchung konnte gezeigt werden, das bei 35 Prozent der Testpersonen ein Borreliose-Bluttest positiv ausfiel, obwohl diese gesund waren. Zur Abklärung unklarer Fälle ist der Bluttest eigentlich nicht geeignet. Aufschlussreicher wäre bei einem konkreten Borreliose-Verdacht eine Gelenkpunktion oder eine Nervenwasser-Untersuchung.
6. In meinem Blut konnte eine Borrelien-Infektion nachgewiesen werden. Nach einer Antibiotika-Therapie sind jetzt die Beschwerden weg, aber der Test ist immer noch positiv?
Das ist ein Standardproblem. Zur Kontrolle des Behandlungserfolgs ist der Bluttest nicht wirklich geeignet, da der Test häufig sehr lange, manchmal sogar lebenslang positiv ausfällt. Wichtiger ist, dass die Beschwerden verschwunden sind.
7. Ich wurde von einer Zecke gestochen, aber der Bluttest war negativ. Kann es trotzdem sein, dass ich eine Borreliose habe?
Wenn der Test negativ ist, ist es extrem unwahrscheinlich, dass eine Borreliose vorliegt. Allerdings ist es wichtig, dass der Bluttest nicht zu früh gemacht wird, sondern erst zwei bis drei Wochen nach dem Zeckenstich. Schließlich dauert es eine gewisse Zeit, bis sich bei einer Borrelien-Infektion die Antikörper im Blut bilden.
Fragen zur FSME-Impfung
8. Wir fahren im Sommer an den Plattensee in Ungarn. Sollte ich mich gegen FSME impfen lassen?
Die FSME-Impfung wird grundsätzlich allen empfohlen, die in eines der Risikogebiete fahren. Die Region um den Plattensee gehört dazu. Vor einer Urlaubsreise sollte man sich informieren, ob das Urlaubsziel in einem Endemiegebiet liegt. Eine Übersichtskarte mit den Risikogebieten in Europa gibt es im Internet unter: www.zecken.de
9. Können Säuglinge gegen FSME geimpft werden?
Der Impfstoff ist ab dem 1. Lebensjahr zugelassen. Trotzdem sollte man bei Kindern bis drei Jahre mit dem Impfen zurückhaltend sein. Wer in ein Hochrisikogebiet reist, sollte Nutzen und Risiken abwägen. Wie wahrscheinlich ist es, dass das Kind tatsächlich mit Zecken in Berührung kommen könnte. Die Impfung ist zwar grundsätzlich gut verträglich, kann aber auch Nebenwirkungen wie zum Beispiel Fieberschübe haben. Zudem geht man nach derzeitger Datenlage davon aus, dass eine FSME bei Kindern milder verläuft als bei Erwachsenen.
10. Ich habe vor sechs Jahren eine dreiteilige Grundimmunisierung gegen FSME bekommen, aber die Auffrischungsimpfung verpasst. Muss ich jetzt neu beginnen?
Da das immunologische Gedächtnis länger vorhält als die angegebene Grenze der Auffrischzeit, sollte auch mit einer verspäteten Auffrischungsimpfung weiter ein guter Teilschutz vorhanden sein. Wer aber 100-prozentige Sicherheit will, sollte das Impfschema von vorne beginnen. Ab dem 50. Lebensjahr wird eine Auffrischung alle drei Jahre empfohlen, bei jüngeren alle fünf Jahre. Wer regelmäßig in Risikogebiete reist, sollte die Abstände für die Auffrischungen auf jeden Fall einhalten.