Washington – Nach der Absage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel will US-Präsident Donald Trump den G7-Gipfel in den USA auf September verschieben und das Treffen unter anderem um Russland erweitern. Er habe nicht das Gefühl, dass die „sehr veraltete Gruppe“ der sieben großen Industriestaaten das Geschehen auf der Welt richtig abbilde, sagte Trump am Samstagabend (Ortszeit) nach Angaben mitreisender Journalisten auf dem Flug von Cape Canaveral nach Washington. Er wolle Russland, Südkorea, Australien und Indien zu dem Treffen einladen, das vorzugsweise im September stattfinden solle.
Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte, damit würden traditionelle Verbündete zusammengebracht, um über den Umgang mit China zu diskutieren. Trump wirft China vor, die Ausbreitung des Coronavirus nicht verhindert zu haben. Zur „Gruppe der Sieben“ gehören neben den USA auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Die Aussagen Trumps an Bord der „Air Force One“ wurden vom sogenannten Pool verbreitet - Journalisten, die den Präsidenten begleiten und die Informationen dann an andere Medien weitergeben. Trump hatte im US-Bundesstaat Florida den Start eines bemannten Raumschiffs zur Internationalen Raumstation ISS live verfolgt.
Johnson für reales G7-Treffen
Merkel hatte am Samstag deutlich gemacht, dass sie wegen der Corona-Krise voraussichtlich nicht für einen G7-Gipfel in die USA reisen würde. Die Kanzlerin dankte Trump für seine Einladung. Zugleich stellte ein Regierungssprecher klar: „Stand heute kann sie in Anbetracht der Pandemie-Gesamtlage ihre persönliche Teilnahme, also eine Reise nach Washington, nicht zusagen.“ Zuvor hatte sich Großbritanniens Premierminister Boris Johnson für ein reales G7-Treffen im kommenden Monat ausgesprochen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Für Diskussionen innerhalb der G7 dürfte Trumps vom Pool berichteter Vorstoß sorgen, Russland einzuladen. Das von Präsident Wladimir Putin regierte Land war nach der Krim-Annexion 2014 ausgeschlossen worden. Beim bislang letzten G7-Gipfel im französischen Biarritz im vergangenen August war Trump mit seinem Vorschlag gescheitert, Russland wieder in die Gruppe wichtiger Wirtschaftsmächte aufzunehmen. Russland ist - anders als die anderen Länder, die Trump einladen möchte - kein traditioneller Verbündeter der USA.
Treffen ursprünglich für 10. bis 12. Juni geplant
Trump hatte in Biarritz gesagt, er sei der Ansicht, dass eine Wiederaufnahme Russlands in den Kreis der wichtigen Industriestaaten „vorteilhaft“ und „positiv“ wäre. Er hatte zugleich nicht ausgeschlossen, Putin zu dem Gipfel in die USA einzuladen. Bereits beim G7-Gipfel in Kanada 2018 hatte Trump sich nicht mit seinem Vorstoß durchsetzen können, Russland wieder aufzunehmen.
Trump ist in diesem Jahr Gastgeber des G7-Gipfels. Ursprünglich war das Treffen der Staats- und Regierungschefs für den 10. bis 12. Juni am Landsitz des Präsidenten in Camp David geplant gewesen. Im März hatte die US-Regierung den Gipfel wegen der Corona-Pandemie abgesagt und stattdessen eine Videokonferenz angesetzt. Kürzlich hatte Trump sich dann doch wieder dafür ausgesprochen, das Treffen stattfinden zu lassen. Zuletzt hatte seine Sprecherin Kayleigh McEnany gesagt, die Zusammenkunft solle Ende Juni im Weißen Haus in Washington stattfinden.
Mehr als 40 Millionen Arbeitslose
McEnany hatte gesagt, Trump wolle, dass der Gipfel „im Zuge der Wiedereröffnung Amerikas“ tage. Trump drängt die US-Bundesstaaten dazu, Schutzmaßnahmen zu lockern, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Die USA sind von der Pandemie schwer getroffen, inzwischen verzeichnet das Land mehr als 100 000 Tote. Mehr als 40 Millionen Menschen haben sich arbeitslos gemeldet. Aktuell gelten strenge Reisebeschränkungen zwischen den USA und Europa, was zusätzliche Fragen zur Machbarkeit eines Gipfels aufgeworfen hatte.
Dem Pool-Bericht zufolge ließ Trump den genauen Zeitpunkt des geplanten Gipfels offen. Demnach sagte er, das Treffen könnte vor oder nach der UN-Generalversammlung stattfinden, die Mitte September beginnen soll. Es könnte aber auch auf die Zeit nach der US-Präsidentschaftswahl im November verschoben werden - lieber wäre ihm das Treffen aber vor der Wahl. (dpa)