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Die „Coloniastraße“

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BORNHEIM / BRÜHL. Linda Schuster ist 18 Jahre alt und geht in die 12. Klasse des St. Ursula-Gymnasiums in Brühl. Eines ihrer Lieblingsfächer ist Erdkunde, darin besucht die Schwadorferin den Leistungskurs. Und für ein Erdkunde-Referat erhielt sie jetzt den dritten Förderpreis von der Gesellschaft für Erdkunde in Köln. Linda Schuster schrieb eine zwölf Seiten lange Arbeit über Walberberg - genauer über das Leben in der Coloniastraße. Dazu muss man wissen, dass die Coloniastraße mit Blick bis zum Kölner Dom auf dem Höhenzug des Vorgebirges liegt, abgeschieden von Brühl wie von Walberberg, unmittelbar an der Kreisgrenze im Nordwestzipfel des Rhein-Sieg-Kreises. So kam die Jung-Forscherin zu dem Schluss, dass die Coloniastraße ein von Brühl und Walberberg „ausgelagerter Dorfteil“ ist.

„Die Coloniastraße, ein peripherer Stadtteil im Nahbereich“ nannte sie ihre Arbeit. Diese Wohn- und Durchfahrtstraße, die übrigens auch zum Phantasialand führt, ist nicht ordentlich ausgebaut; über hässliche breite Plastikbauteile zur Straßenverengung ist teilweise schon Gras gewachsen. Außerdem: In der Coloniastraße gibt es keine Schule, keinen Kindergarten, nicht einmal Gaststätte oder Geschäft. Bis zur nächsten Bus- oder Bahnhaltestelle sind es rund zwei Kilometer - etwa ebenso weit müssen auch Kindergartenkinder und Grundschüler zur ihren Zielen laufen. Aber einen ausgebauten und beleuchteten Fußweg gibt es nicht, nicht einmal einen schmalen Bürgersteig. Um ins Ortszentrum Walberbergs zu gelangen, bleibt Fußgängern nur der Weg über die mitunter schnell befahrene, schmale Landstraße bergab am Dominikanerkloster vorbei. „Wer da oben ohne Auto ist, hat ein Problem“, schreibt Schuster. Diese Abhängigkeit vom Auto schränkt in ihren Augen die Lebensqualität ein; Schulbusse gibt es auch nicht.

Mit vielen Anwohnern hat die Gymnasiastin gesprochen und Fragebögen verteilt, in denen die Bewohner Straße und Wohnsituation selbst bewerten sollten. Dabei erfuhr Schuster, dass Lebens- und Wohnqualität an der Coloniastraße wegen des nahen Erholungsgebiets - vor der Haustür: Berggeistsee und Villewälder - im Durchschnitt mit „gut“ bis „sehr gut“ bewertet wird. Dafür nehmen die Anwohner das Fahren gerne in Kauf. Während Eltern von Kindern die Fahrerei zu Schule und Kindergarten schon als lästig und teuer empfinden, lobten Erwachsene trotz der sehr ruhigen Wohnlage die Nähe zu Köln und Bonn. Unterschiedlich wie die Fragebögen-Auskünfte sind auch die Menschen an der Coloniastraße.

Linda Schuster fand heraus, dass vor 45 Jahren nur sieben Häuser längs der etwa 700 Meter Straße standen. „Heute sind es fast zehnmal so viele“, zählte sie. Anwohner berichteten ihr auch, dass der Grundstückspreis damals bei sieben Pfennig pro Quadratmeter lag. Heute zählt die Coloniastraße zu den besseren Wohnlagen, der Quadratmeterpreis liegt über 200 Euro - daher gemischte Nachbarschaft: Villa neben Bauernhof.

Gut vier Monate hat Linda Schuster am Referat gearbeitet. Ihr Lehrer gab ihr dafür eine „Eins Plus“. Doch noch viel mehr hat sie sich über den dritten Förderpreis gefreut: immerhin mit 50 Euro dotiert.