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Bescherung im geschmückten Wohnwagen

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BORNHEIM. Seit Tagen freuen sich die Kinder der Zirkus-Familie Bügler in Bornheim auf das Weihnachtsfest. Und heute ist es soweit: Die Frauen stehen seit dem Vormittag in ihren Wohnwagen-Küchen und bereiten das gemeinsame Abendessen. Im größten Wohnwagen leuchtet ein schön geschmückter Tannenbaum, der Tisch ist festlich gedeckt und heute Abend sitzt hier die ganze Familie zusammen - dann wird gut gegessen gesungen, erzählt und gelacht. „Diese gemeinsame Mahlzeit ist überhaupt das Allerschönste am Weihnachtsfest", sagt der elfjährige Sergio, und der zehnjährige Samy pflichtet ihm bei. Auch die Erwachsenen von „Zirkus Santino“ freuen sich auf diese gemütlichen Stunden unter dem Weihnachtsbaum. „Dann haben wir endlich einmal Zeit für gemeinsame Gespräche und für Spiele mit den Enkelkindern“, sagt Zirkusdirektor Josef Bügler. Und die Kinder hoffen natürlich, viele Geschenke auspacken zu können. „Ich wünsche mir eine Puppe und einen Puppenwagen", verrät Charel (6). Ihr Großvater guckt traurig und streicht dem Mädchen über den Kopf. „Wir sind nicht reich", sagt er dann mehr zu sich selber.

Tagtäglich in den vergangenen Monaten waren er und sein Jungs unterwegs, um Geld zu verdienen und um preiswertes Futter für die Tiere zu besorgen. Lange sind die Zeiten vorbei, in denen „Zirkus Santino“ als Attraktion in den Kommunen gefeiert und erwartet wurde. Auch in Bornheim stieß der kleine Familienzirkus zunächst auf Ablehnung, als er Anfang November sein Winterlager neben dem Sportplatz in Bornheim aufschlug. Inzwischen jedoch haben sich laut Bügler die Wogen geglättet, und hin und wieder kommen sogar Kinder oder Erwachsene vorbei, um die Tiere zu streicheln. „Früher war das anders", erinnert sich Josef Bügler senior noch gut. Noch vor 30 Jahren seien sie in jeder Stadt von einer jubelnden Kinderschar empfangen worden, und jede Vorstellung sei ausverkauft gewesen. „Heute sind wir froh, wenn 20 Gäste in die Vorstellungen kommen", sagt der 53-Jährige. Entsprechend knapp sei deswegen das Budget in den Wintermonaten, wenn keine Vorführungen stattfinden. Doch Josef Bügler will nicht klagen.

Wenn es die Zeit erlaubt, dann wollen heute Abend alle in die Christmette gehen. Pfarrer Wolfgang Hages kennen sie schon seit Jahrzehnten. „Meine Kinder sind bei ihm zur Kommunion gegangen", erzählt er. Damals habe Pfarrer Hages noch in Much gearbeitet. Trotz der harten Wintermonate, der vielen Arbeit und des mageren Lohns möchte keiner der 20 Familienmitglieder sein Leben anders leben. Auch nicht bei all der anstrengenden Hausarbeit für die Frauen. Drei bis vier mal pro Woche fahren sie nach Bonn-Beuel zum Waschsalon. Zehn Maschinen Wäsche werden dann gewaschen. Bis zu achtmal täglich wischen die Frauen zurzeit durch ihre Wohnwagen, um Herr der Lage zu bleiben. „Es ist einfach sehr schmutzig draußen", sagt Blanka Bügler.

So erleben es auch Eda Bügler (49) und ihre Schwiegertochter Leila. Söhnchen Samy (2) kann gar nicht genug davon bekommen, durch die Pfützen zu tapsen, und sein Cousin Jermanto (3) macht es ihm vergnüglich nach.

Auch Heiligabend muss die tägliche Arbeit erledigt werden. Schließlich brauchen die 20 Tiere - Kamele, Pferde, Esel und Hunde - ihr Futter, und die Stallungen müssen gemistet werden. Um nicht in Arbeit zu versinken, wurden die Tannenbäume in den Wohnwagen bereits gestern aufgestellt und geschmückt. „Natürlich durften wir alle helfen", verrät Sergio. Er hat die Vorweihnachtszeit als besonders schön empfunden. Denn als „lebende Krippe“ waren Familienmitglieder und Tiere auf Weihnachtsmärkten, im Brühler „Phantasialand“, in Lechenich und Düren im Einsatz gewesen. Natürlich musste auch Zirkusesel „Chico“ mit.