Trotz der langen schwedischen Tradition der Gleichberechtigung, gewinnt das Hochzeitsritual in dem skandinavischen Land an Beliebtheit. Gegner der Brautübergabe fordern ein Verbot
Romantisch oder patriarchalisch?Debatte um „Brautübergabe“ in Schweden spitzt sich zu
Die „Brautübergabe“ hat in Schweden das Ausmaß eines Politikums angenommen. Die Begleitung der Tochter in Weiß durch den Vater an den Traualtar ist eine amerikanische Tradition, die in Schweden immer mehr Fans findet – die schwedischen Sozialdemokraten und ein Teil der Pastoren der Lutherischen Kirche wollen sie nun aber verbieten. Schließlich ist die schwedische Kirche wie die schwedische Gesellschaft der Gleichberechtigung verpflichtet. „Und da passte es einfach überhaupt nicht, dass eine dunkle, patriarchale Tradition gepflegt wird, wo die Frau von einem Mann zum anderen übergeben wird.“ so die Pastorin Nina Konnebäck, Sprachrohr der vielen Gegner.
Brautübergabe: Sozialdemokraten fordern Verbot
Eine entsprechende Verbotsaufforderung wurde von sozialdemokratischen Oppositionspolitikern an die Schwedische Kirche geschickt, der über die Hälfte der Schweden angehören und die bis vor 24 Jahren noch Staatskirche war. Eine bedeutende Institution, welche in der kommenden Synode im Oktober einen Bann über den Brauch verhängen soll, der noch jenen Zeiten entstammt, in denen das Verheiraten tatsächlich von den Eltern gesteuert wurde.
Schweden hat eine lange Tradition der Gleichberechtigung – Frauen bekamen das Wahlrecht 1921, bereits in den 1970er-Jahren wurden Gleichberechtigungsgesetze verabschiedet, der Feminismus wird seit Jahren in den Ministerien internalisiert und als schwedisches Exportgut gehandelt. Die Stimmen derjenigen, die sich gegen das Verbot stellen, sind vorsichtig. Die Politik solle doch nicht den jungen Menschen den schönsten Tag ihres Leben vergällen, es sei allein eine „romantische Geste“, lässt eine Regionalzeitung wissen. Anhänger der Christdemokraten wollen die Entscheidung dem Brautpaar überlassen.
Die Gegner der Brautübergabe argumentieren übrigens nicht nur mit der Gleichstellung, sondern auch mit ihrem Verständnis von Konservatismus – es sei „gegen die schwedische Tradition“. Es existiert jedoch eine weitere schwedische Tradition – die der Trendübernahme. Und da die meisten Impulse aus den Vereinigten Staaten kommen, wird rasch und gern übernommen, was die USA vorgeben. „Die schwedische Identität hat eine kurze Haltbarkeitszeit“, meint die bekannte Buchautorin Elisabeth Asgard, die ihren Landsleuten gern den Spiegel vorhält.
Brautübergabe: Schwedens Königshaus macht es vor
Zudem macht das schwedische Königshaus die Angelegenheit kompliziert. Denn auch die Kronprinzessin Victoria ließ sich 2010 von ihrem Vater Carl XVI. Gustaf an den Altar der Stockholmer Nikolaikirche führen, was für Kritik sorgte – und für Nachahmer. Unklar bleibt dabei, ob die heutige Thronanwärterin von Hollywood oder alten Adelsgebräuchen inspiriert war.
Sollte die Kirche im Herbst ein Verbot aussprechen, müssten sich auch die zukünftigen Heiratswilligen der Königsfamilie daran halten. Die Royals schweigen derzeit derzeit aber lieber zu dieser Debatte.
Zahlen über die wachsende Begeisterung der Schweden für die US-Heiratsform gibt es nicht, aber der Göteborger Theologe Jonas Eek bestätigt den Trend, der die Schweden so sehr herausfordert. Es steht schließlich feministische Tradition gegen patriarchalischen Trend.