Commerzbank-Chef Mario Peric rät zur Immobilien- und Wertpapieranlage, da trotz gestiegener Sparbereitschaft jeder Vierte in NRW die Möglichkeit zum Sparen verloren hat.
Commerzbank-StudieJeder Vierte in NRW hat kein Geld zum Sparen
Die angehobenen Zinsen führen dazu, dass mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Geld auf die hohe Kante legen. In Erwartung von Zinssenkungen rät NRW-Commerzbank-Chef Mario Peric jetzt zum „antizyklischen“ Immobilienkauf oder Wertpapieranlagen. Gleichzeitig weiß er aber, dass Millionen Menschen gar nicht mehr in der Lage sind zu sparen.
Obwohl das private Geldvermögen zuletzt geschrumpft war, trugen die Verbraucher in Deutschland im vergangenen Jahr wieder mehr Geld zu den Geldinstituten. Die DZ Bank beziffert die Rücklagen inzwischen auf 7,9 Billionen Euro. Den wieder stärkeren Trend zum Sparen bestätigt auch die Commerzbank. Eine von ihr beim Meinungsforschungsinstitut Ipsos in Auftrag gegebene Befragung ergab, dass 75 Prozent der Menschen in NRW Geld auf die Seite legen – 40 Prozent regelmäßig, 35 Prozent unregelmäßig. Knapp die Hälfte schafft monatlich zwischen 150 und 199 Euro auf die Seite.
Drei von fünf Befragten haben keine Anlagestrategie
„Das ist sicherlich auf die wichtigsten Bedürfnisse der Befragten zurückzuführen: Sicherheit und Verfügbarkeit“, ordnet Peric, Chef der Bank in NRW und Süddeutschland, die Zahlen ein. „Unsere Kunden sind bereit zu sparen. Festgeld und Tagesgeld sind die bevorzugten Formen“, sagt er und prognostiziert: „Aber es wird nicht mehr lange so hohe Zinsen geben. Wir erwarten die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank EZB im Juni.“
Obwohl Neukunden etwa bei Tagesgeldkonten aktuell Zinssätze von drei Prozent und mehr erhalten, glaubt der Banker, dass Anlegerinnen und Anleger ihr Geld schneller vermehren könnten. „Es wird oft renditeschwach gespart. Dabei ist fehlendes Wissen meist der Hauptgrund, nicht in Wertpapiere zu investieren“, meint Peric.
Laut der Ipsos-Studie besitzen in NRW zwar 23 Prozent der Bankkunden Aktien, Fonds, ETFs, die die Werte der Dax-Unternehmen repräsentieren, oder andere Wertpapieranlagen. Damit belegt Nordrhein-Westfalen unter den 16 Bundesländern Platz 10. Drei von fünf Befragten gaben aber an, überhaupt keine Anlagestrategie zu haben.
Die traditionelle Skepsis gegenüber Wertpapieren in Deutschland beklagen Bank-Manager seit eh und je. Peric sieht aber Bewegung. „Ich beobachte, dass die junge Generation aufgeschlossener gegenüber Geldanlagen in Wertpapieren ist. Für dieses Bewusstsein wird auch viel im Unterricht an Schulen und Universitäten getan“, sagt der Bereichsvorstand im Gespräch mit unserer Redaktion und berichtet, dass auch er als ganz junger Mensch Geld mit Aktien verloren habe. „Diese Erfahrung gehört dazu“, meint er.
Jüngere Generation aufgeschlossener für Wertpapiere
Aber längst nicht alle Verbraucher haben am Ende des Monats überhaupt Geld übrig. „Die Inflation und die vielen verdeckten Preiserhöhungen haben dazu geführt, dass eine wachsende Zahl von Menschen nicht mehr sparen kann“, so Peric. Laut der Studie trifft das nahezu auf jeden Vierten in NRW zu (23 Prozent).
Das Einlagenvolumen ist im vergangenen Jahr bei der Commerzbank in Nordrhein-Westfalen dennoch um 9,6 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro gestiegen. Der Wertpapierbestand wuchs um 8,4 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro. Einen Einbruch registrierte das Institut dagegen auf dem Immobiliensektor. „Unser Baufinanzierungsgeschäft im Westen war im vergangenen Jahr um knapp 20 Prozent rückläufig. Das zeigt, dass die hohen Zinsen ein entscheidendes Thema sind. Der Sprung von einem auf fünf Prozent ist schon eine signifikante Erhöhung. Da geht bei vielen Menschen die Kalkulation nicht mehr auf“, erklärt Peric.
Angesichts der am 6. Juni erwarteten Absenkung des Leitzinses durch die EZB sieht er aber Anzeichen für eine Wiederbelebung des Immobiliengeschäfts. „Die Bauzinsen fallen gegenüber den Höchstständen von Herbst 2023 zum Teil schon wieder unter vier Prozent“, so Peric. Zudem gewöhnten sich die Verbraucher allmählich an höhere Zinsen. Auch weil die Mieten weiter stark steigen und in der Folge die Immobilienpreise in Großstädten nur moderat um fünf Prozent gefallen seien, rät er: „Jetzt, vor der erwarteten Zinssenkung, ist der beste Zeitpunkt für einen antizyklischen Immobilienkauf.“
„Eine Riesensehnsucht nach der ersten Zinssenkung“
Der Commerzbank-Manager registriert auch in der Wirtschaft „eine Riesensehnsucht nach der ersten Zinssenkung“, die nach seiner Einschätzung stimulierend auf die derzeit schlechte Stimmung wirken dürfte. „Ich bin zuversichtlich, dass dann auch wieder die Investitionen anziehen werden.“ Diese Prognose teilt auch Bereichsvorstand Stefan Otto, der das Firmenkundengeschäft der Commerzbank in West- und Norddeutschland verantwortet. „Trotz einer aktuell spürbaren Investitionszurückhaltung erwarten wir aufgrund der Transformationsherausforderungen, vor denen die Wirtschaft steht, eine steigende Kreditnachfrage“, sagt er.
Im vergangenen Jahr blieb das Geschäft der Commerzbank in NRW mit gewerblichen Kunden nach eigenen Angaben stabil. Im Segment Unternehmerkunden habe das Kreditvolumen bei 4,3 Milliarden Euro und bei Firmenkunden mit bis zu 15 Millionen Euro Jahresumsatz bei 32,2 Milliarden Euro gelegen. Das entspreche einem Plus von 3,3 Prozent.