Trotz gestiegener Übernachtungszahlen und Massentourismusprotesten will Spanien Ferienwohnungen strenger regulieren und erwägt Touristensteuern.
Ein halbes Jahr HochsaisonSpaniens Strände dürften in diesem Jahr so voll werden wie noch nie

Droht bald eine Touristensteuer? Nicht nur Palma de Mallorca ist bei internationalen Spanien-Urlaubern extrem beliebt.
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Auf Mallorca, auf den Kanaren, an der Costa del Sol – in vielen spanischen Urlaubshochburgen protestierten im vorigen Jahr Zehntausende Menschen gegen die Auswirkungen des Massentourismus. Zu den negativen Folgen gehören die Überfüllung vieler Strände und Altstädte, Wassermangel, Zerstörung der Küsten durch immer neue Bauprojekte oder die zunehmende Umwandlung von Wohnraum in Ferienapartments.
„Es reicht!“, riefen die Menschen auf den vielen Demonstrationsmärschen im ganzen Land. Fassadenschmierereien wie „Tourist, go home!“ spiegelten den steigenden Frust wider. Aktivisten besetzten auf Mallorca Badebuchten unter dem Motto „Die Strände gehören uns“. In Barcelona zielten sie mit Wasserpistolen auf Urlauber.
Zahl der internationalen Besucher stieg um zehn Prozent
Doch die Proteste zeigten bislnag keine Auswirkungen auf die Besucherströme: Spanien verzeichnete im Jahr 2024 einen neuen Tourismusrekord. Rund 95 Millionen internationale Gäste besuchten das Land – ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allein Mallorca empfing 11,5 Millionen ausländische Besucher – davon kamen rund 40 Prozent aus dem deutschsprachigen Raum.
Die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus stiegen um 16 Prozent auf 126 Milliarden Euro, wie Tourismusminister Jordi Hereu erklärte. Dieser Boom beflügelt Spaniens Wirtschaft, die 2024 ein Wachstum von mindestens drei Prozent verzeichnete – weit über dem allgemeinen EU-Durchschnitt von 0,9 Prozent.
„Die Urlauberzahlen sind spektakulär“, sagte Hereu. Spanien, das Land der 300 Sonnentage, entwickelt sich zu einem Ganzjahresziel. Immer mehr Besucher kommen jetzt nicht nur, um Urlaub an der insgesamt 8000 Kilometer langen Küste zu machen. Sie wollen auch zunehmend Kultur, Natur und Gastronomie kennenlernen. „Irgendwann macht es keinen Sinn mehr, von einer Nebensaison zu sprechen“, so der Minister.
Die bisher vorliegenden Buchungszahlen für 2025 deuten nun auf ein ähnliches Wachstum im laufenden Jahr hin. Spanien nähert sich der Marke von 100 Millionen Touristen und bleibt damit dem Nachbarland Frankreich, dem bislang meistbesuchten Reiseziel der Welt, dicht auf den Fersen.
Überdurchschnittlicher Zuwachs in der Nebensaison
Seit Jahren versucht Spanien, die Sommerhochsaison zu entzerren – mit einigem Erfolg. Auf Mallorca erstreckt sich die Hauptsaison mittlerweile von April bis Oktober. In dieser Zeit kommen monatlich ein bis zwei Millionen Urlauber auf die Mittelmeerinsel.
Die Zuwachsraten in der Nebensaison sind überdurchschnittlich. Immer mehr Hotels öffnen und es kommen inzwischen auch von November bis März jeden Monat Hunderttausende Besucher. Diese genießen einen Vorteil: Die Insel ist weniger überlaufen, wegen der milderen Temperaturen sehr viel grüner und der Mallorca-Urlaub ist deutlich günstiger.
Eine der größten Herausforderungen bleibt die Flut von Ferienapartments, die über Plattformen wie Airbnb angeboten werden. Da sich kurzfristige Vermietungen stärker lohnen als langfristige, wird immer mehr Wohnraum in Ferienunterkünfte umgewandelt. Dies führt zu dramatischer Wohnungsnot und steigenden Mietpreisen für die einheimische Bevölkerung, besonders in touristischen Städten wie Madrid, Barcelona, Palma de Mallorca und Málaga. Viele Apartments werden zudem illegal betrieben.
Schwarze Schafe sollen bestraft werden
Deswegen kündigte der sozialdemokratische Premierminister Pedro Sánchez für 2025 Maßnahmen an, um die Vermietung von Ferienwohnungen besser zu regulieren. Geplant sind höhere Steuern, strengere Genehmigungen durch die Eigentümergemeinschaften, mehr Kontrollen und empfindliche Strafen für schwarze Schafe.
Viele Stadtverwaltungen haben zugleich begonnen, Ferienvermietungen zu begrenzen oder durch Auflagen zu erschweren. Barcelona geht noch drastischer vor und will die Vermietung über Airbnb und ähnliche Plattformen bis Ende 2028 ganz verbieten. Diese Entscheidung hat zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Vermietern geführt. Diese bezweifeln, dass ein generelles Verbot mit Spaniens Grundgesetz vereinbar ist. Zudem haben sie die Stadt auf Schadensersatz in Milliardenhöhe verklagt.
Vielerorts in Spanien wird inzwischen über die Einführung einer Touristensteuer nachgedacht. Das gilt etwa für den weltberühmten Pilgerort Santiago de Compostela oder die andalusischen Großstädte Sevilla und Malaga. Eine solche Bettensteuer gibt es bereits seit Jahren auf Mallorca und in Barcelona – dort soll die Übernachtungssteuer dieses Jahr erhöht werden.