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Von Sachbeschädigung bis VolksverhetzungDie Debatte über Tourismus auf Mallorca ist neu entfacht – Proteste gegen Massentourismus

Lesezeit 3 Minuten
El Arenal: ‚Hallo Deutsche, zu sagen, dass Mallorca euer 17. Bundesland ist, ist offensiv-aggressiv‘ steht auf einem Schild, das an einem Strand auf Mallorca aus Protest gegen den Massentourismus auf der Balearen-Insel gezeigt wird.

El Arenal: 'Hallo Deutsche, zu sagen, dass Mallorca euer 17. Bundesland ist, ist offensiv-aggressiv' steht auf einem Schild, das an einem Strand auf Mallorca aus Protest gegen den Massentourismus auf der Balearen-Insel gezeigt wird.

Der Massentourismus auf Mallorca wird zunehmend kritisch gesehen. Anwohner protestieren gegen einen ungebremsten Tourismus, teilweise tauchen auch aggressive Töne auf.

Die Reinigungskommandos in der Inselhauptstadt Palma und in anderen mallorquinischen Orten kommen kaum noch hinterher: Sie haben immer mehr Arbeit mit tourismus-feindlichen Schmierereien an Hausfassaden, Bauzäunen oder Müllcontainern. Sprüche wie „Tourist, go home“ (Urlauber, geh nach Hause) oder „More tourists? No thanks!“ (Mehr Touristen? Nein Danke!) machen schon seit Monaten die Runde.

Doch diese Slogans sind harmlos verglichen mit jenen, die in den letzten Tagen für Entsetzen sorgten: „Kill a tourist“ („Töte einen Touristen“) prangt auf einer Mauer in Manacor, der drittgrößten Inselstadt. Nicht weniger schlimm ist der Spruch „Tourismus macht frei“, der in Palma auf Deutsch auf mehrere Wände gesprüht wurde – eine Parole, die von der verhöhnenden Aufschrift „Arbeit macht frei“ in Nazi-Konzentrationslagern abgeleitet wurde.

Sachbeschädigung und Volksverhetzung: Rote Linie ist überschritten

Mit diesen Vorkommnissen wird auf Mallorca eine rote Linie überschritten. Die Autoren dieser Sprüche machen sich nicht nur der Sachbeschädigung, sondern auch der Volksverhetzung und Aufstachelung zum Hass schuldig.

Diese Radikalisierung alarmiert inzwischen auch die Tourismusbranche: „Das sind keine friedlichen Forderungen mehr, sondern extremistische Äußerungen“, erklärt die mallorquinische Hotelvereinigung FEHM. Die Hoteliers hatten die bisherigen Demonstrationen mit einem gewissen Verständnis begleitet. Sie teilen sogar die Forderung nach einer Deckelung der Touristenmenge. „Wir brauchen mehr Qualität, aber nicht mehr Quantität.“

Die auf der Insel regierenden Konservativen verurteilten ebenso die „besorgniserregende Ausbreitung von Graffiti mit tourismus-feindlichen Botschaften“. Eine Sprecherin der konservativen Volkspartei in Manacor, wo die „Kill-a-tourist“-Parole auftauchte, sagte: „Diese Schmiererei spiegelt auf keinen Fall die Mehrheitsgefühle der Einwohner wider. Touristen sind und bleiben willkommen.“

„Urlaubserlebnis“: Demonstration nicht gegen Touristen, sondern gegen ungebremsten Tourismus

Derweil nahmen am Sonntagmittag etwa einhundert Demonstranten an einer friedlichen Aktion an der Playa de Palma, dem „Ballermann“-Strand, teil. Sie erklärten, „dass wir nicht gegen die Touristen protestieren“, sondern gegen das Modell des unbegrenzten touristischen Wachstums. Mit Sonnenschirmen, Plakaten und mallorquinischen Fahnen machten es sich die Aktivisten im Sand bequem – genau gegenüber dem Strandlokal „Balneario Beach Club Six“, das als „Ballermann 6“ bekannt ist. Auf einem großen Transparent prangte der Spruch „Lasst uns unsere Strände besetzen“. Eine andere Protestbotschaft lautete: „Stoppt die Zerstörung Mallorcas.“

Ein Sprecher erklärte, dass das Gebiet der Playa de Palma, die wichtigste deutschsprachige Urlauberhochburg, die Probleme des Tourismus symbolisiert. Dazu gehöre, dass sich die Einheimischen zunehmend fremd auf ihrer Insel fühlen. Die Protestaktion überraschte die Urlauber, die sich zu dieser Zeit am Strand befanden. Einige packten ihre Sachen, um sich dann in sicherer Entfernung wieder niederzulassen. Andere machten Fotos von diesem „Urlaubserlebnis“. Zu Zwischenfällen kam es nicht.

Die Anti-Tourismus-Proteste riefen inzwischen eine Gegenbewegung auf den Plan: die Bürgerinitiative „We love tourism in Mallorca“ (Wir lieben den Tourismus auf Mallorca“). Es sei richtig, dass Mallorca ein Problem mit den Folgen des Massentourismus habe, erklärte sie. Aber dafür könne man nicht den Urlaubern die Schuld geben. Man dürfe den Tourismus, von dem die Insel lebe, nicht verteufeln. „Deswegen wollen wir den Feriengästen ein Signal der Unterstützung und des Wohlwollens übermitteln.“