Angela Merkel feierte ihre 70-jährige Geburtstagsfeier mit der CDU, wobei das angespannte Verhältnis zu Friedrich Merz sichtbar wurde.
Friedrich Merz zu GastSo feierte Angela Merkel ihren 70. Geburtstag nach
Mit dem Nachfeiern ist es grundsätzlich so eine Sache. Das Besondere des eigentlichen Tages ist längst vorüber. Nachfeiern sind meist eher pflichtschuldige Veranstaltungen, mit denen das Geburtstagskind einer nicht abzuwendenden Verpflichtung nachkommt. Ihren 70. Geburtstag am 17. Juli wollte Merkel jedenfalls nicht im Kreise ihrer CDU verbringen. Aber gar nichts machen, das ging für die CDU auch nicht. Merz wirkte im Sommer sichtlich erleichtert, als er doch noch den Nachfeier-Termin im September verkünden konnte.
Zerrüttetes Verhältnis der beiden gilt als Achillesferse der Union
Die Anspannung ist sowohl Angela Merkel als auch Friedrich Merz zu Beginn anzusehen. Das zerrüttete Verhältnis der beiden gilt als Achillesferse der Union, die im heraufziehenden Bundestagswahlkampf die unbedingte Geschlossenheit sucht. Beide machen an diesem Abend einen Bogen um die Tagespolitik. Man trifft sich in gebührender Entfernung zum Regierungsviertel in der Akademie der Wissenschaften am Berliner Gendarmenmarkt.
Auftritt Merz. Mit Spannung ist erwartet worden, wie der neue CDU-Chef, dessen Ambitionen Merkel 2002 mit ihrem Griff nach dem Fraktionsvorsitz für lange Zeit ausgebremst hatte, die Geburtstagsrede für sie hinbekommen würde. „Liebe Angela“, beginnt also Merz, um dann einzuführen in das Thema des Abends. Merkel hatte sich wie bei ihrem 50. und 60. Geburtstag einen wissenschaftlichen Vortrag gewünscht, den diesmal der Kunsthistoriker Horst Bredekamp zu Bildern der Aufklärung halten sollte.
Merz nutzt das Thema des Abends, um über das Verhältnis von Politik und Geschichte zu sinnieren. Das Dilemma sei: „Am Ende behalten die Geschichtsschreiber das letzte Wort.“ Politiker könnten, während sie handeln und entscheiden, nicht vorhersehen, welche Geschichte sie schreiben. „Erst später wird sich herausstellen, ob es richtig war und dann trifft uns das Urteil der Geschichtsschreiber.“
Merz drückte sich damit selbst um die Antwort, wie das Vermächtnis der früheren Kanzlerin im Nachhinein zu sehen ist. Aber er maßt sich auch nicht an, sie zu kennen. Eine einzige direkte Spitze erlaubt er sich. Er erinnert sie humorvoll daran, dass sie der CDU angehört und ihr „nicht nur nahesteht“, wie sie es einst selbst in einer Pressekonferenz formuliert hatte.
Der von Merkel ausgesuchte Vortrag von Bredekamp ist wie bei all den Vorträgen zu ihren runden Geburtstagen zuvor keine leichte Kost. CSU-Chef Markus Söder wirkt neben Merz wie ein gelangweilter Teenager, der mit zu Omas Geburtstagsfeier musste, als Bredekamp eine „akademische Vorlesung von 45 Minuten mit sechs Überschriften“ ankündigt. Anhand von Bildern, Statuen und Fresken erinnert er daran, wie die Aufklärung als Durchbruch der Menschheit zu Vernunft und Zivilisation nur dann dem Wohle aller dient, wenn sie sich der menschlichen Fehlbarkeit und Unzulänglichkeit bewusst bleibt.
Aus der Darstellung historischer Gesellschaften und ihrer Architektur leitet er bis zu Francis Fukuyamas Buch über „Das Ende der Geschichte“ die Erkenntnis ab, dass der Irrtum, die Vernunft allein könne gesellschaftlichen Fortschritt bewirken, sich zu allen Zeiten wiederholte. Er selbst, betont Bredekamp, habe bereits vor 30 Jahren „verzweifelt auf den Doppelcharakter des Internets hingewiesen“. Doch damals habe die technisch bedingte Hoffnung, das Internet könne Freiheit und Demokratie in der Welt verbreiten, alle Bedenken verdrängt. „Die Folgen waren und sind verheerend“, meint der Historiker.
Über Merkel sagt Bredekamp schließlich, sie trage „die Freske von Siena in sich“. Das Bild aus dem 14. Jahrhundert zeigt die gute und die schlechte Regierung in einem Bild mit all ihren Folgen. Merkel also wisse immer um die Gefahr, dass sich die Verhältnisse ändern können – zum Guten, aber eben auch zum Schlechten.
„Alles Gute und viel Erfolg“ für den neuen Kanzlerkandidaten
Sie selbst sagt in ihrer Dankesrede, dass sie in ihrem Leben ganz persönlich erfahren konnte, dass Veränderung zum Guten passieren kann. 35 Jahre habe sie in der DDR gelebt, 35 im wiedervereinten Deutschland. Friedrich Merz wünscht sie als Kanzlerkandidat dann noch „alles Gute und viel Erfolg“. Das ist nicht gerade überschwänglich, aber auch kein Affront. Merz jedenfalls will auch den 80. Geburtstag von Angela Merkel wieder mit ihr feiern.