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RüstungskonzernRheinmetall verzehnfacht Produktion von Munition

Lesezeit 3 Minuten
Ein schweres Geschoss ist auf dem Dach des Luftlandefahrzeugs Caracal bei der Fachmesse für Sicherheitstechnologie Enforce Tac am Stand der Firma Rheinmetall ausgestellt.

Ein schweres Geschoss ist auf dem Dach des Luftlandefahrzeugs Caracal bei der Fachmesse für Sicherheitstechnologie Enforce Tac am Stand der Firma Rheinmetall ausgestellt.

„Größenordnung von 700.000 Schuss“: Rüstungskonzern legt Zahlen vor, denen zufolge das Geschäft weiter steil nach oben geht.

Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall steht vor einer Verzehnfachung seiner Produktion von Artilleriemunition. Vor dem Ukraine-Krieg habe man etwa 70.000 Geschosse pro Jahr verkauft, inzwischen sei die Nachfrage massiv gestiegen, sagte Vorstandschef Armin Papperger am Donnerstag in Düsseldorf und fügte mit Blick auf die beabsichtigten Produktionskapazitäten Ende 2024 hinzu: „Wir gehen in eine Größenordnung von 700.000 Schuss.“

Wert soll weiter steigen

Dabei soll es nicht bleiben, durch eine neue Produktionsstätte im niedersächsischen Unterlüß und zwei geplante Werke in der Ukraine und Litauen soll dieser Wert bis 2027 auf 1,1 Millionen steigen. Mit Blick auf die schwache Nachfrage nach den 155-Millimeter-Geschossen vor dem Krieg sagte er: „Keiner hat irgendwelche Lager gefüllt, weil man zum damaligen Zeitpunkt geglaubt hat, dass man mit Artilleriemunition nicht sonderlich effektiv arbeiten kann, weil es ja Nuklearwaffen gibt.“ Diese Annahme habe sich durch den Ukraine-Krieg überholt.

Rheinmetall ist nach eigener Darstellung der größte Hersteller von Artilleriemunition in der westlichen Welt, zu den Konkurrenten gehört das norwegische Unternehmen Nammo. Die Ukraine benötigt derzeit dringend Artilleriemunition, um sich gegen den russischen Aggressor wehren zu können. Dabei setzt Kiew auch auf Rheinmetall. Auf die Frage nach der Liefermenge für die Ukraine sagte Papperger: „Es gehen mehrere Hunderttausend Schuss von Rheinmetall in die Ukraine.“ Konkreter wurde er nicht.

Rheinmetall wird bald vermutlich einen neuen Großauftrag des Bundes vermelden. „Die Bundesrepublik Deutschland will Rheinmetall einen Rahmenvertrag geben über 2,2 Millionen Schuss Artillerie“, sagte der Manager. Für die Auslieferung sei ein Zeitraum von zehn Jahren vorgesehen. Rheinmetall verkauft Panzer, Artillerie, Flugabwehr, Militär-Lastwagen und Munition. Der Verwaltungssitz ist in Düsseldorf und das größte Werk im niedersächsischen Unterlüß.

Rheinmetall beschäftigt rund 23.000 Mitarbeiter

Der Konzern beschäftigt rund 23.000 Menschen. Papperger stellte Jahreszahlen für 2023 vor, die positiv ausfielen. Der Umsatz legte um 12 Prozent auf rund 7,2 Milliarden Euro zu, beim Nettogewinn wurde ein Plus von neun Prozent auf 0,6 Milliarden Euro verbucht. Dieses Jahr peilt Rheinmetall einen Umsatz „in der Größenordnung von 10 Milliarden Euro“ an – das wäre Plus von circa 40 Prozent. Papperger ist überzeugt, dass das Wachstum auch danach weitergeht. „Ob es nun fünf oder sieben oder acht Jahre sind – ich sehe das Potenzial, dass wir bei 20 Milliarden Euro Umsatz sind.“

Wie gut die Aussichten der Waffenschmiede sind, lässt sich auch am Auftragsbestand sehen, der binnen eines Jahres von 26,6 Milliarden Euro auf 38,3 Milliarden Euro in die Höhe schnellte und damit so hoch war wie noch nie in der Unternehmensgeschichte. Der Vorstandschef begründete die positiven Aussichten mit einer veränderten Haltung der Politik, die inzwischen der Auffassung sei, „dass wir eine Menge tun müssen, weil zu viel Unsicherheit auf der Welt ist“. Als Beispiele hierfür nannte er nicht nur den Ukraine-Krieg, sondern auch den Gaza-Konflikt und die Huthi-Angriffe am Roten Meer.

Branchenkritik an der Politik

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg brachte die Bundesregierung 2022 ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro auf den Weg, um die Bundeswehr zu modernisieren und Läger zu füllen. Rheinmetall war Profiteur dieses Geldtopfes. Doch die Stimmungslage in der Branche ist verschieden: Während Papperger voll des Lobes über die Bundesregierung ist, sind andere Firmenvertreter unzufrieden. So sagte die Chefin des Panzergetriebe-Herstellers Renk, Susanne Wiegand, unlängst dem „Handelsblatt“, dass Deutschland vergleichsweise wenig bestelle. „Mit einer Rückkehr zur Vollausstattung der Bundeswehr hat das nichts zu tun“, sagte Wiegand. Andere Branchenvertreter äußern sich ähnlich.