Zwischen Kosteneinsparungen und Investition in Sicherheit manövriert Innenminister Herbert Reul die NRW-Polizei durch eine finanzielle Herausforderung.
Sparen bei der PolizeiReul schaut aufs Geld – und hinterfragt Polizei-Anoraks und Autos
Der Anorak gehört nicht mehr zur Standardausstattung der NRW-Polizei. Der Wachdienst trage erfahrungsgemäß ohnehin lieber Kurzjacke mit warmem Unterfutter. Und die Schutzhelme, die allen 3000 Kommissarsanwärtern jedes Jahr zum Ausbildungsbeginn übergeben werden, müssen wieder abgegeben werden. Sie gehen gereinigt an den nächsten Polizeischüler-Jahrgang.
So kurios die neueste Tischvorlage von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) für die Fachausschusssitzung an diesem Donnerstag im Landtag klingt, hat sie doch einen ernsten Hintergrund. Die schwarz-grüne Koalition muss gegenüber ihren ursprünglichen Haushaltsplanungen von 2022 Mehrbelastungen von über elf Milliarden Euro verkraften. Das hat mit „externen Faktoren“ wie Bundesbeschlüssen, Ukraine-Krieg oder Tariferhöhungen zu tun.
Es fehlen 150 Millionen Euro
In den vergangenen sieben Jahren konnte Reul finanziell aus dem Vollen schöpfen. Es wurde kräftig in Personal und Ausstattung investiert. Der Gesamtetat des Innenministeriums wächst zwar voraussichtlich auch im Haushaltsjahr 2025 noch einmal um 47 Millionen Euro auf rund 7,4 Milliarden, bleibt aber etwa 150 Millionen Euro hinter den ursprünglichen Ausgabenwünschen aus der mittelfristigen Finanzplanung des Hauses zurück. Deshalb nutzt Reul, von Haus aus eigentlich Lehrer, jede freie Minute, um sich persönlich als Sparkommissar durch die Etatpläne seines Hauses zu pflügen. Denn: Jeder Euro tut ihm weh. Der Polizei-Etat macht 2025 mit rund 4,11 Milliarden Euro den Löwenanteil im Gesamthaushalt des Innenressorts aus und kann deshalb bei den Sparbemühungen nicht komplett ausgenommen werden.
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„Angesichts der allgemeinen Haushaltslage sind auch bei der nordrhein-westfälischen Polizei nicht mehr alle Wünsche sofort zu erfüllen. Klar ist aber: Es wird mit mir keine Abstriche bei Sicherheit, Personal und modernster Ermittlungsarbeit geben“, sagt Reul unserer Redaktion. Man werde den Konsolidierungsbeitrag erbringen, „indem wir alle Ausgabenroutinen hinterfragen und uns die Mühe machen, genau hinzuschauen“. Jeder Euro müsse zukünftig noch intelligenter ausgegeben werden. Also auch bei Anoraks und Helmen.
Nun ist Sparen angesagt
Etwa ein Drittel (rund 50 Millionen Euro) der Minderausgaben gegenüber der ursprünglichen Planung muss vom Polizeibereich erbracht werden. Außerdem sollen Spielräume für Zukunftsinvestitionen erhalten bleiben. Das Einsparziel von 50 Millionen Euro klingt wenig, ist aber angesichts der hohen, unverrückbaren Personalkosten bei der Polizei offenbar eine Herausforderung. Anders als seine Kabinettskollegen hat Reul keine Möglichkeit, Förderprogramme zu streichen.
Allein zwei Millionen Euro bringt die Wiederverwendung der Schutzhelme. Bislang wurde bei Polizisten, die in den Ruhestand gehen oder die Laufbahn wechseln, nicht so genau hingeschaut. Die Sache mit den Anoraks spart 100000 Euro, weil die hochwertige Langjacken von „Schöffel“ nicht mehr automatisch an jeden Streifenbeamten vergeben werden.
Satte 15 Millionen Euro können gespart werden, weil geleaste Dienstfahrzeuge der Polizei (insgesamt 11000) später ausgetauscht werden. Das gebe außerdem Gelegenheit, ein neues Fahrzeugkonzept mit mehr Varianten bei Antriebsart und Pkw-Größe zu entwickeln – „gute Pflege in den polizeilichen Kraftfahrzeugwerkstätten vorausgesetzt“.
Reul wirkt entschlossen, seine seit 2017 immer weiter gemehrte Popularität innerhalb und außerhalb der Polizei einzusetzen, um in schwierigen Zeiten „intelligentes Sparen“ vorzuleben. So verordnet er auch einen sorgsameren Umgang mit Dienstreisen. Nicht jede Konferenz, die während der Corona-Krise digital stattfinden konnte, rechtfertigt nach Einschätzung des Ministers weiterhin die Kosten der Anfahrt.