Charles III. verliest die Regierungserklärung im britischen Oberhaus. Sein Weg dorthin wurden auch von Buh-Rufen begleitet.
Charles III. im britischen OberhausDer neue König hat zum ersten Mal das Wort
Die Eröffnung des britischen Parlamentes ist seit Jahrhunderten ein Höhepunkt des Jahres in Westminster. An diesem Tag im November werden die Pläne der Regierung für die kommenden Monate verlesen. Doch dieses Mal stand eindeutig Charles III. im Fokus. Am Dienstag trug zum ersten Mal seit über 70 Jahren ein König die Rede im Oberhaus vor. Aus Sicht vieler Briten ein historischer Moment.
Als Königin Elizabeth II. im Jahr 1952 ihre erste Ansprache hielt, würdigte sie das Pflichtbewusstsein ihres Vaters König George VI. Nun ehrte der King bei gedimmten Licht und umgeben von Prunk und Promp seine verstorbene Mutter, bevor er die Agenda des konservativen Premierministers Rishi Sunaks der Öffentlichkeit präsentierte.
Kontrast zu royalem Luxus
Dabei standen die Ankündigungen im House of Lords im scharfen Kontrast zum Luxus der Royals, den der 74-Jährige, gekleidet in eine Robe und mit der juwelenbesetzten Imperial State Crown, zur Schau trug. Es ging unter anderem um die Verschärfung der Strafen für schwere Straftäter, eine schrittweise Anhebung der Altersgrenze für den Kauf von Tabak und Lizenzen für neue Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee. Themen, mit denen sich die Tories von der Labour-Partei abzugrenzen versuchen, die für einen klimafreundlicheren Kurs steht und aktuell in den Umfragen rund 20 Prozent vor der konservativen Partei liegt.
Charles, der sich seit Jahrzehnten für den Schutz der Umwelt einsetzt, behagten diese Pläne sicher nicht. Und so lauerten viele darauf, ob er während der rund zehnminütigen King’s Speech nicht doch einmal das Gesicht verziehen würde. Doch er verlas das Programm, der Neutralität verpflichtet, betont regungslos, ähnlich wie ein Richter, der die Jury nicht beeinflussen darf.
Die Rituale um die Parlamentseröffnung sind tief in der englischen Geschichte verwurzelt. Auch in diesem Jahr durchsuchten Wachleute am Dienstagmorgen den Keller des Westminster-Palasts nach Sprengstoff. Es ist eine Anspielung auf den vereitelten Anschlag im Jahr 1605, bei dem römisch-katholische Rebellen versuchten, das Gebäude samt dem protestantischen König James I. in die Luft zu sprengen. Erst nachdem die Inspektion beendet war, reiste Charles III. mit Königin Camilla in einer goldenen Kutsche eine Meile vom Buckingham-Palast zum Herzen der britischen Demokratie.
Anders als die Queen in den Jahrzehnten zuvor wurde der King bei seiner Ankunft in Westminster allerdings auch von buhenden Demonstranten empfangen. Wie angekündigt, nutzte die Organisation „Republic“ die Parlamentseröffnung, um ihr Missfallen an der Monarchie zum Ausdruck zu bringen. Die Protestler, erkennbar durch ihre gelben Schilder, Fahnen und T-Shirts, postierten sich entlang der Prozessionsroute und riefen für das Staatsoberhaupt hörbar „Not my king“ („Nicht mein König“). Es war die erste Demonstration dieser Art seit der Krönung im Mai.
Regierungsmotto als Mantra
Auch in Westminster zeigten sich die Parlamentarier betont ungehorsam, allerdings als Teil der Inszenierung. Die Abgeordneten machten sich bewusst trödelnd und plaudernd auf den Weg zum House of Lords, um ihre Unabhängigkeit von der Krone zur Schau zu stellen. In seiner Rede wiederholte Charles fast mantrahaft das aktuelle Motto der Regierung, welches Sunak am Morgen noch einmal im Nachrichtendienst X, früher Twitter, bekräftigt hatte. Er versprach „langfristige Entscheidungen für eine bessere Zukunft“.
Ob Sunak diese Vision erfüllen kann? Viele Bürger jedenfalls zweifeln daran. Und so könnte es womöglich die erste und letzte Parlamentseröffnung für den Premier gewesen sein. Die nächsten Wahlen finden vermutlich schon im kommenden Herbst statt. Und dann droht den Tories, zumindest nach jetzigem Stand, eine krachende Niederlage.