Als jüngste Schulform in NRW geraten die Sekundarschulen immer stärker unter Existenzdruck. Die Anmeldezahlen sinken, immer mehr Schulen werden geschlossen oder in Gesamtschulen umgewandelt.
Bildungspolitik in NRWWie die Sekundarschule zum Auslaufmodell wird
Im Jahr 2011 gegründet, sollen Sekundarschulen eigentlich ein „attraktives, umfassendes und wohnortnahes Schulangebot gewährleisten“, so das Schulministerium.
Doch das Angebot scheint immer weniger Eltern zu überzeugen. So sprach sich kürzlich der Schulausschuss der Stadt Bochum dafür aus, zwei Sekundarschulen zu schließen. Dafür sollen ein neues Gymnasium und eine neue, inzwischen die sechste Gesamtschule eingerichtet werden. Die Stadt reagiert damit auf sinkende Anmeldezahlen.
Nachdem in Bochum die Anzahl der Schüler seit Gründung der Schulform zunächst bis auf gut 1600 angestiegen war, sank sie bis zum Schuljahr 2021/2022 auf nur noch 755 ab. Die Stadt geht davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt. Viele Eltern verstünden nicht, dass es sich bei der Sekundarschule um eine Gesamtschule ohne Oberstufe handele, und entschieden sich deshalb gegen die Schulform, so die Leiterin der betroffenen Schule.
Landesweiter Bedeutungsverlust
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich landesweit ablesen. Nach einem anfänglichen Boom ist die Zahl der Schüler in einem stetigen Sinkflug: Ihre Zahl an den damals insgesamt 115 Sekundarschulen in NRW sank vom Schuljahr 2020/21 bis 2021/22 von 58600 auf 54200 – ein Rückgang von 7,5 Prozent in einem Jahr. Zwar sind die Quoten je nach Stadt recht unterschiedlich. Es ist aber absehbar, dass sinkende Schülerzahlen über kurz oder lang zu weiteren Schließungen führen.
Laut Schulministerium gibt es aktuell in NRW 112 Sekundarschulen, von denen elf privat betrieben werden. Das Ministerium nennt acht Städte, an denen Sekundarschulen zuletzt geschlossen wurden oder vor der Schließung stehen: Dinslaken, Geldern, Monheim, Neuss, Castrop-Rauxel, Wermelskirchen, Münster und Velen. Allerdings seien in Bielefeld erst kürzlich zwei neue Sekundarschulen dazu gekommen.
Das Ministerium sieht die Schulform trotz der sinkenden Anmeldezahlen derzeit nicht als Auslaufmodell. „Es gibt in NRW viele gut laufende und von den Eltern gewünschte und getragene Sekundarschulen. Es gibt aber auch Sekundarschulen, die vor Ort in direkter Konkurrenz zu Realschulen oder Gesamtschulen stehen und es schwerer haben, weil zum Beispiel die nächstgelegene Gesamtschule mit einer eigenen Oberstufe ein attraktives Angebot macht“, heißt es dort.
Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht durchaus Bedarf, vor allem im ländlichen Raum. „Die Sekundarschule ist eine Schule für alle, es findet keine Selektion statt“, betont Landeschefin Ayla Celik. „Nachteile sind dort zu sehen, wo sie in Konkurrenz zum gegliederten Schulsystem steht.“ Auch die fehlende Oberstufe sei ein Manko. „Viele Eltern wünschen sich für ihr Kind eine Schule, die perspektivisch auch die Oberstufe bei sich verortet“, so Celik.
In Ballungsräumen mit großem Schulangebot hätten die Sekundarschulen einen schweren Stand. Daher versuchten die Städte, sie in Gesamtschulen umzuwandeln, wenn genug Schüler für eine Oberstufe vorhanden sind. „Die Akzeptanz der Elternschaft ist aufgrund der kurzen Geschichte der Sekundarschule noch nicht überall gegeben“, räumt Celik ein. Mit anderen Worten: Die Eltern stimmen mit den Füßen ab.