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Kritik an Lage der SchulenLehrer arbeiten in NRW „an der Schmerzgrenze“

Lesezeit 2 Minuten
Eine Lehrerin steht an der Tafel und schreibt.

Eine Lehrerin steht an der Tafel und schreibt.

Die Lehrkräfte in NRW sind aufgrund des hohen Drucks und Unterrichtsausfalls frustriert, kritisiert die Schulleiterin Sandra Gehrke während einer Anhörung im Landtag.

Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen und Eltern werfen dem NRW-Schulministerium vor, zu wenig gegen den aktuellen Unterrichtsausfall zu unternehmen und die Pädagogen stattdessen massiv unter Druck zu setzen. „Ich finde die Situation unhaltbar“, schreibt zum Beispiel Sandra Gehrke, Leiterin einer Grundschule in Düsseldorf, in einer Stellungnahme für den Schulausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags.

Das Parlament wird sich an diesem Dienstag auf Antrag der FDP in einer Expertenanhörung mit der Lage in den Schulen beschäftigen. Die Liberalen werfen der zuständigen Ministerin Dorothee Feller (CDU) vor, mit ihrem im Jahr 2022 aufgelegten Handlungskonzept zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung zu „scheitern“.

Die Lehrkräfte im Land arbeiteten bereits jetzt „weit über die Schmerzgrenze hinaus“, kritisiert Schulleiterin Gehrke. „Unsere Unterrichtsverpflichtungen können nur noch durch nicht ausgebildete Vertretungskräfte abgebildet werden. Das sind im besten Fall Musiker, die trommeln oder Geige spielen können, Sportler, die gern einmal mit Kindern was zu tun haben möchten oder Studentinnen und Studenten, die ja diesen Beruf eigentlich erst erlernen sollten, bevor man sie ins kalte Wasser wirft.“

„Regierung verschärft schlechte Arbeitsbedingungen weiter“

In Stellungnahmen für den Landtag rechnen Vertreter des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), des Philologenverbandes und des Verbandes Lehrer NRW mit der schwarz-grünen Schulpolitik ab. Anstatt den Lehrberuf attraktiver zu machen, verschärfe NRW die schlechten Arbeitsbedingungen weiter, etwa durch Abordnungen und weniger Teilzeit-Möglichkeiten, so die Gewerkschaft GEW. Die vermuteten Folgen: immer mehr Kündigungen und ein zunehmendes Desinteresse am Lehramtsstudium.

Die Kritik ist verbändeübergreifend: Lehrerinnen und Lehrer würden gegen ihren Willen in Schulen mit Personalmangel geschickt, der Wunsch nach reduzierter Stundenzahl laufe immer öfter ins Leere, der Bürokratieaufwand sei riesig. Die Landeselternschaft der Grundschulen reibt sich daran, dass die kleinen Kinder zu oft von Menschen unterrichtet würden, die dafür nicht geeignet seien.

Als Beweis dafür, dass der Lehrberuf in NRW immer unattraktiver werde, erinnern die Experten an die 930 Kündigungen von Lehrkräften im vergangenen Jahr und an die rund 6000 Lehrkräfte, die in NRW fehlten. Die erstmals seit fünf Jahren vorgestellte Unterrichtsausfallstatistik der Landesregierung habe das Problem verdeutlicht. Demnach fielen im ersten Halbjahr 2023/24 insgesamt 4,7 Prozent der Stunden „ersatzlos“ aus. Nur 78 Prozent des Unterrichts sei regulär nach Stundenplan erteilt worden.

Im Gegensatz zu diesem Befunden hatte Schulministerin Feller vor den Sommerferien erklärt, ihr Konzept gegen den Personalmangel wirke: In den Schulen arbeiteten jetzt 7000 Menschen mehr als noch vor eineinhalb Jahren, zum Beispiel Lehrkräfte, Fachleute für Sozialarbeit und Psychologie sowie Assistenzkräfte. Die Lage werde langsam, aber spürbar besser.