Viele NRW-Städte erhöhen die Hebesätze um bis zu 100 Prozent. Sätze in Großstädten wie Köln bleiben dabei auf hohem Niveau stabil.
Hebesätze in NRWGrundsteuer-Explosion als Notlösung für klamme Kommunen
Die kommunale Finanznot in Nordrhein-Westfalen treibt offenbar immer mehr Städte in eine weitere Erhöhung der Grundsteuer. Diese muss von Eigentümern und Mietern (über die Nebenkosten) abgeführt werden. Nach einer aktuellen Erhebung des Steuerzahlerbundes NRW planen 159 der insgesamt 396 Kommunen in NRW, die Hebesätze nach oben zu schrauben. Nur landesweit eine einzige Stadt will die Steuer zumindest symbolisch senken: Das ostwestfälische Büren veranschlagt künftig einen Hebesatz von 514 statt 515.
„Es kommt in diesem Jahr nicht nur in besonders vielen Kommunen zu Steuererhöhungen bei der Grundsteuer B, sondern die Erhöhungen fallen vielerorts auch noch sehr hoch aus“, kritisierte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler NRW, Rik Steinheuer. Nordrhein-Westfalen habe im bundesweiten Vergleich bisher schon die höchsten Grundsteuer-B-Hebesätze unter allen Flächenländern ausgewiesen. „Angesichts der Entwicklung, die sich für dieses Jahr abzeichnet, dürfte unser Bundesland diesen negativen Spitzenplatz weiterhin behalten“, so Steinheuer.
Kommunen überschreiten erstmals die 1000-Punkte-Marke
Erstmals wird sogar die Hebesatz-Schallmauer von 1000 Punkten von zwei Kommunen im Land überschritten: Hamminkeln (Kreis Wesel) katapultiert sich der Auswertung zufolge um 62 Prozent auf 1050, noch teurer ist es nur in Niederkassel (Rhein-Sieg-Kreis) mit 1100 Punkten. In der Spitzengruppe mit über 900 Punkten finden sich Xanten (995, plus 53 Prozent), Gladbeck (950, keine Erhöhung), Kamen (940, plus 36 Prozent), Rheinberg (920, plus 80 Prozent), Altena (910, keine Erhöhung), Witten (910, keine Erhöhung) und Moers (906, plus 22 Prozent).
Spitzenreiter bei den Steigerungsraten ist Gronau im Kreis Borken, das seinen Hebesatz von 479 auf 958 verdoppelt. Die Städte mit den niedrigsten Grundsteuer B-Hebesätzen sind Verl (170), Schloß Holte-Stukenbrock (280) und Monheim (282). Die größten NRW-Kommunen zeigen sich bislang auf recht hohem Niveau zumindest stabil: Köln (515), Düsseldorf (440), Dortmund (610), Essen (670), Duisburg (845), Bochum (645), Bonn (680), Gelsenkirchen (675), Münster (510) und Mülheim (890) wollen zumindest nicht erhöhen.
Steuerzahler-Chef Steinheuer macht für die hohen Steuersätze nicht allein die Rathäuser verantwortlich: „Auf allen übergeordneten Ebenen ist Zurückhaltung gefordert, den Kommunen neue Aufgaben aufzubürden, erst recht ohne ausreichende Gegenfinanzierung.“ Klar benennt er auch das gebrochene Versprechen der schwarz-grünen Landesregierung, überschuldeten Städten mit Landesgeld zu helfen: „In Zeiten wieder höherer Zinsen rächt es sich auch, dass für die hohen Altschulden vieler NRW-Städte immer noch keine tragfähige Lösung gefunden worden ist. Während der langjährigen Niedrigzinsphase wäre das leichter möglich gewesen.“
CDU und Grüne hatten sich im Sommer 2022 in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, gemeinsam mit dem Bund nach einer Lösung für die hohen Altschuldenbestände in vielen NRW-Städten zu suchen, notfalls aber verbindlich bis Ende 2023 ein landeseigenes Programm zugesagt. Präsentiert wurde lediglich eine auf breiter Front kritisierte „Mogelpackung“, die die Städte selbst hätten bezahlen müssen. Passiert ist nichts. In der Konjunkturflaute mit wegbrechenden Steuereinnahmen in Bund und Ländern ist mit neuerlichen Bemühungen kaum mehr zu rechnen. Das Drehen an der Grundsteuer-Schraube bleibt für die Städte da eine naheliegende Notlösung, denn die Substanzsteuer fließt ausschließlich in die kommunalen Kassen. Über die 6,5 Millionen Grundstücke in NRW kommen jährlich etwa vier Milliarden Euro zusammen.