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Interview

Krypto-Experte
Kommt der Bitcoin-Boom oder platzt die Blase?

Lesezeit 5 Minuten
Vom Bitcoin-Boom bis zur Krypto-Pleite: Was Anleger wissen sollten, erklärt Experte Jonas Groß

Vom Bitcoin-Boom bis zur Krypto-Pleite: Was Anleger wissen sollten, erklärt Experte Jonas Groß

Krypto-Experte Jonas Groß verrät im Interview mit der Rundschau, welche digitalen Währungen steigen werden und welche Risiken bestehen.

Der Bitcoin jagt von Rekord zu Rekord – doch wie lange kann das gutgehen? Jonas Groß ist Vorsitzender der europäischen Digital Euro Association (DEA). Der Kryptowährungsexperte erklärt im Interview mit Hannah Petersohn, warum der Bitcoin großes Potenzial hat, welche Risiken Anleger beachten sollten und welche Rolle der digitale Euro spielt.

Herr Groß, der Bitcoinwert klettert in schwindelerregende Höhen. Bei solchen Rekord-Kurssteigerungen ist normalerweise die Gefahr eines plötzlichen Abstiegs nicht weit. Wann müssen Anleger mit einer Korrektur am Kryptomarkt rechnen?

Der Kryptomarkt ist bekannt für seine hohe Volatilität. Es geht rauf und runter, das sehen wir seit Jahren. Zuletzt ist der Bitcoin-Kurs stark gestiegen, auch wegen der US-Wahl und der Aussicht auf eine strategische Bitcoin-Reserve sowie ein krypto-freundliches regulatorisches Umfeld. Aber ich denke, dass vieles davon bereits eingepreist ist. Nach der Amtseinführung von Donald Trump könnte es auch zu einer Korrektur kommen, falls gewisse Entwicklungen – wie eine Bitcoin-Reserve – länger dauern, als erwartet. Aber es gibt doch einige Gründe, die für Bitcoin und für andere Kryptowährungen sprechen.

Warum ist Bitcoin denn trotzdem ein sinnvolles Investment?

Er unterscheidet sich grundlegend von anderen Kryptowährungen. Es ist ein digitales Asset, mit einer absolut begrenzten Menge von 21 Millionen Einheiten – knapper sogar als Gold. Diese Knappheit verleiht Bitcoin unter anderem seinen Wert. Zudem hat Bitcoin einen klaren Nutzen: Es dient als dezentrales, zensurresistentes Zahlungssystem, das besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern Anwendung findet. Dort kann Bitcoin Transaktionen ermöglichen, die sonst teuer oder kompliziert wären. Für Einsteiger ist es wichtig, diesen Nutzen zu verstehen.

Warum steigt der Bitcoinwert, abgesehen davon, dass Trump eine kryptofreundliche Politik angekündigt hat?

Neben der Trump-Wahl sehe ich drei Hauptgründe. Erstens: Die Einführung von Bitcoin-ETFs, die seit ihrer Einführung in den USA Rekordsummen von über 110 Milliarden US-Dollar angezogen haben. Das ist mehr als in Gold-ETFs, die es schon seit 15 bis 20 Jahren gibt. Zweitens: die institutionelle Nachfrage. Retail-Investoren, also Privatanleger, sind im aktuellen Markt weniger aktiv, dafür sind es die großen Player wie Unternehmen. Drittens: Das Bitcoin-Halving im letzten Jahr, bei dem der Zuwachs der Bitcoin-Geldmenge halbiert wurde. Diese Verknappung hat sich in der Vergangenheit immer positiv auf den Preis ausgewirkt.

Welche Kryptowährungen werden noch stark an Wert gewinnen?

Ich bin ein Fan von größeren Kryptowährungen mit klarem Anwendungsfall. Neben Bitcoin halte ich auch Ethereum für relevant, weil es dezentrale Anwendungen ermöglicht. Stablecoins sind ebenfalls wichtig, allerdings nicht als Anlagevehikel, da sie erklärtermaßen wertstabil sind. Ich setze auf bewährte Projekte und sehe keinen Grund, ständig nach der ,nächsten großen Kryptowährung' zu suchen.

Werden Meme-Coins und andere Hype-getriebene Kryptowährungen Ihrer Meinung nach also an Wert verlieren?

Absolut. Meme-Coins sind extrem Hype-getrieben, und ich halte es für wahrscheinlich, dass deren Kurse in diesem Jahr stark nach unten gehen werden.

Aktuell sind wahnsinnig viele Kryptowährungen im Umlauf. Wird sich der Kryptomarkt bald wieder verkleinern?

Ganz klar: Ja. Ich gehe davon aus, dass 90 bis 98 Prozent aller Kryptowährungen verschwinden werden. Der Prozess wird sich jedoch über einige Jahre – vielleicht fünf bis zehn Jahre – ziehen, weil viele Krypto-Projekte noch über hohe finanzielle Mittel verfügen. Doch das wird sich ändern. Ein Markt mit über 25000 oder mehr Kryptowährungen ist ja nicht nachhaltig.

Was unterscheidet Kryptowährungen von der geplanten digitalen EU-Währung?

Kryptowährungen und der digitale Euro unterscheiden sich grundlegend. Gemeinsam haben sie lediglich, dass sie digital sind und für Zahlungen genutzt werden können. Aber während Bitcoin als Wertspeicher mit knapper Geldmenge und Dezentralität dient, ist der digitale Euro eine staatliche Währung mit komplett anderem Ziel und Aufbau.

Worum geht es beim digitalen Euro?

Es geht um ein von der Zentralbank gesteuertes Zahlungssystem, das unter anderem die Unabhängigkeit von nicht-europäischen Unternehmen – wie amerikanischen Kreditkarten-Unternehmen und Big-Techs – erhöhen soll. Außerdem sind Fiat-Währungen wie der Euro alles andere als knapp.

Wie bewerten Sie den Vorschlag, Bitcoin als staatliche Währungsreserve einzusetzen?

Das Thema ist äußerst kontrovers. Wenn wir über Staaten sprechen – nicht über Zentralbanken –, dann sehe ich durchaus Argumente dafür, Bitcoin als Diversifikation in die Bilanz aufzunehmen. Bitcoin hat sich bewährt, und angesichts seiner Knappheit könnte ein kleiner Anteil als Reserve sinnvoll sein. Ein Effekt wäre sicherlich ein massiver Preisanstieg, sollte ein Land wie die USA beispielsweise fünf Prozent aller Bitcoins als Reserve halten.

Seit Januar gelten neue EU-Regeln für Kryptowährungen. Was bedeuten sie für Bitcoin und Co.?

Die EU-Verordnung ,Markets in Crypto Assets Regulation' (MiCA) sorgt für Rechtssicherheit, Verbraucherschutz und klare Regeln für Unternehmen. Es ist ein wichtiger Schritt, um die Kryptoindustrie zu regulieren und Innovation zu ermöglichen.

Wie können deutsche Anleger vom Krypto-Boom profitieren?

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Anleger in Bitcoin oder andere Kryptowerte investieren können. Hier liegt ein Kauf über klassische, regulierte Krypto-Börsen nahe. Bitcoin ETFs sind regulatorisch in der EU nicht möglich. Allerdings gibt es mit sogenannten ETPs eine verwandte Produktkategorie, in die ähnlich einfach wie in Aktien investiert werden kann. Grundsätzlich empfehle ich vor einem Investment immer, sich mit der Technologie und Bitcoin an sich zu beschäftigen. Ein gutes Grundverständnis halte ich für essenziell.