Lisa Paus, Ministerin der Grünen, verteidigt im „Heute Journal“ ihre kritisierte Kindergrundsicherung, was massive Stellenschaffung im öffentlichen Dienst bedeutet und konterkariert ihre Argumentation.
Kommentar zur KindergrundsicherungWie Ministerin Paus ihr eigenes Argument zerschießt
Eigentlich sollte es ein Befreiungsschlag werden. Am Sonntag meldete sich die grüne Ministerin Lisa Paus via „Heute Journal“ persönlich zu Wort, um die Deutungshoheit über ihre geplante Kindergrundsicherung zurückzugewinnen.
Das Projekt steht seit Tagen in der Kritik, weil dafür nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 5.000 neue Stellen im öffentlichen Dienst neu geschaffen werden müssten. Zur Verdeutlichung: Das wäre mehr, als manche Bundesministerien insgesamt an Personal haben, vom Bildungs- bis zum Innenministerium. Um diese schiere Zahl in der aktuellen Haushaltslage für skandalös zu halten, muss man nicht mal in der FDP sein. Es reicht schon, in Deutschland seine Steuern zu zahlen.
Ministerin Paus nun gab sich im Interview Mühe, die Sache, ja, was eigentlich? Zu korrigieren? Besser zu erklären? Wie auch immer: Am Ende war klar, dass die ganze Aufregung nicht auf irgendeiner fiesen Zuspitzung politischer Gegner beruhte, sondern es ist genauso gemeint: Zwar sei die exakte Zahl der benötigten Mitarbeiter bisher nur eine „Prognose“. Dass die aber besonders unrealistisch wäre, sagte die Ministerin nicht.
Stattdessen verwies sie ungerührt auf andere Bundesbehörden, die ja auch bald neue Stellen bekämen. Und zerschoss sich im Vorbeigehen noch ihr stärkstes eigenes Argument: Die Grünen begründen den Stellenaufwuchs ja damit, dass viele Eltern vor lauter Bürokratie gar nicht wüssten, wo sie staatliche Leistungen beantragen könnten. Denen will man mit mehr Beratung helfen.
Nun aber betonte Paus, die den Eindruck einer ganz neuen Behörde vermeiden wollte, das Ganze werde bei der Familienkasse der BA angesiedelt sein, einer Stelle, „die alle Familien in Deutschland kennen“. Okay, und worin genau besteht dann der Informationsbedarf?
Der Wunsch, Kindern in Armut zu helfen, steht einer grün und rot geprägten Regierung gut an. Dafür die ohnehin überdehnte Verwaltung zu vergrößern, ist aber kurzfristig gedankenfaul und langfristig sogar kontraproduktiv: Wenn die Personal- und Pensionskosten der öffentlichen Hand stetig steigen, beschneidet das ja nicht zuletzt den Handlungsspielraum des Sozialstaates selbst.
Angesichts des Widerstands innerhalb der Ampel meinte Paus noch, „natürlich“ werde es an ihrem Vorhaben auch „Änderungen im parlamentarischen Verfahren geben“. Es war der einzige Satz dieses denkwürdigen Interviews, der Hoffnung macht.