Die Union schaltet von Ignoranz auf direkten Angriff. Ob die neue Strategie aufgeht, werden die nächsten Umfragen zeigen.
Kommentar zur GeneraldebatteSelten wie nie zeigt Friedrich Merz klare Kante gegen die AfD
Kein Redner von Union bis Linke ließ bei der Generaldebatte die Gelegenheit aus, auf die Verstrickung der AfD in rechtsradikale Milieus hinzuweisen. So klar wie jetzt zeigte vor allem CDU-Chef Friedrich Merz selten klare Kante gegen die Rechtsaußen-Partei. Sie bedeute nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den moralischen Abstieg für Deutschland, so Merz. Die Union schaltet von Ignoranz auf direkten Angriff.
Ob die neue Strategie aufgeht, werden die nächsten Umfragen zeigen. Für den Moment ist festzuhalten: Die Massendemonstrationen für Demokratie sind auch am Parlament nicht spurlos vorübergegangen.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel ließ unterdessen die Gelegenheit verstreichen, sich von Rechtsextremisten zu distanzieren und flüchtete sich in die Erzählung einer großen Verschwörung von Politik und Medien gegen ihre Partei. Ihre Verächtlichmachung der anderen Parteien und der Demonstrationen war kurz nach der Holocaust-Gedenkstunde im Bundestag besonders geschmacklos.
Fehlt der Regierung am Ende die Kraft?
Neben der Eintracht gegen die AfD sollte die Bundesregierung allerdings nicht aus dem Blick verlieren, dass sie selbst auch ihren Anteil am Frust der Bevölkerung hat. Die neuesten Wirtschaftsprognosen sind schlecht, Deutschland in der Rezession. Da hilft es nicht, ständig zu wiederholen, dass man seine Politik den Bürgern nur besser erklären muss. Das wirkt paternalistisch und überheblich.
Olaf Scholz versucht nun erkennbar, wieder in die Offensive zu kommen. Er hat ja bei den Themen Migration, Energiewende, Mindestlohn und Bürokratieabbau durchaus etwas vorzuweisen. Im Bundestag sah man plötzlich einen leidenschaftlichen, einen kämpfenden Kanzler. Allein: Der Beweis steht noch aus, dass seine Regierung die richtigen Maßnahmen ergriffen hat und sie auch wirken.
Eigentlich müsste die Ampel sich im letzten Jahr vor der Bundestagswahl nochmal zusammenraufen und größer denken. Aber wie die Debatten um den Bundeshaushalt in den letzten Wochen gezeigt haben, fehlt allen Beteiligten selbst für kleinere Entscheidungen der Mut, sie durchzusetzen. Die Kraft für eine Wirtschaftsagenda oder gar eine Reform der Schuldenbremse, wie sie jetzt die „Wirtschaftsweisen“ fordern, hat sie nicht mehr.