Dass es niemanden gibt, der seinem Land besser dienen könnte, als er selbst, ist für Putin ausgemacht. Entsprechend klang seine 19. Rede zur Lage der Nation.
Kommentar zu RusslandPräsident Putin imaginiert sich weiter in seine eigene Welt
Um seine Bestätigung im Amt des russischen Präsidenten Mitte März muss sich Putin keine Gedanken machen; was die Herrscher-Clique im Kreml Wahl nennt – ohne jede organisierte Opposition –, ist eine Farce. Dass es niemanden gibt, der seinem Land besser dienen könnte, als er selbst, ist für Putin ausgemacht. Entsprechend klang seine 19. Rede zur Lage der Nation. Wie jedes Jahr glich sie einem Ritt durch nahezu alle Felder der Innen- und Außenpolitik.
So ging die Ankündigung sozialer Wohltaten für kinderreiche Familien – dem „Stolz Russlands“ – und Kriegsveteranen sowie dem Versprechen auf höhere Einkommen und Renten einher mit Drohungen an all jene, denen die Souveränität Russlands ein Dorn im Auge sei.
Dass vor allem die USA und der Westen – verbunden mit der Warnung, keine Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden – ihr Fett abbekommen würden, war zu erwarten. Putin sieht sein Land im Verteidigungskampf gegen den moralisch verkommenen Westen, der doch nur weltweit „nationale Konflikte“ entfache, Moskau zur Aufrüstung zwänge und die russische Kultur zerstören wolle.
Alles zum Thema Russisch-Ukrainischer Krieg
- Taktik des ukrainischen Präsidenten Will Selenskyj den Krieg ernsthaft einfrieren?
- 1000 Tage Ukraine-Krieg Demonstranten in Köln fordern entschlossenes Handeln
- Talkrunde Festkomitee-Präsident Kuckelkorn sprach in Brühl über Karneval in Krisenzeiten
- Wohnungsnot in Köln Wie geht es weiter beim Wohnungsbau?
- Ukraine-Präsident Selenskyj spricht über Kriegsende mit Russland und Rolle von Trump
- Nach Schiedsgerichturteil Moskau stoppt Gaslieferungen nach Österreich
- Kampf gegen russische Übermacht Ukraine kämpft gegen zurückgehende Rekrutierungszahlen trotz neuem Mobilisierungsgesetz
Die Absicht dieser Opfer-Rhetorik ist so schlicht wie durchschaubar: Sie soll die Nation einen und von den Unannehmlichkeiten im eigenen Land und den Opfern als Folge des Kriegszugs in der Ukraine ablenken. Tatsächlich wächst die Zahl getöteter russischer Soldaten im Ukraine-Krieg täglich, und die Bürger kämpfen mit hohen Preissteigerungen. Auf dem Land ist die Armut nach wie vor groß. Doch hat sich Russlands Wirtschaft trotz aller westlichen Sanktionen und dank der Handelspartner China und Indien bislang als erstaunlich resilient erwiesen.
Was Putin nicht sagt: Es ist vor allem die Rüstung, die dem Land Wachstum beschert; rund ein Drittel des Haushalts fließt in die Kriegsmaschinerie. Nachhaltig ist das nicht. Ob Russland also das Land im Aufbruch sein kann, als welches Putin es skizziert, auf dem Weg zu technologischer Führerschaft und neuer globaler ökonomischer Stärke?
Die diesjährige Rede zur Lage der Nation liefert einen weiteren Beleg dafür, wie tief sich der Präsident in seine eigene Welt imaginiert. Das bestehende politische System sei der Garant dafür, dass Russland ein freies und unabhängiges Land bleibe. Was Putin als Versprechen für die nächste Amtszeit versteht, ist doch bloß die Rechtfertigung für das totalitäre, vollkommen auf seine Person zugeschnittene Regime.