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Rücktritt der SpitzeEs braucht nicht nur neue Gesichter bei den Grünen

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Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang (r) und Omid Nouripour sprechen bei einer Pressekonferenz in der Bundesgeschäftsstelle Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen-Spitze zieht nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen.

Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang (r) und Omid Nouripour sprechen bei einer Pressekonferenz in der Bundesgeschäftsstelle Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen-Spitze zieht nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen.

Will die Partei bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr noch eine Rolle spielen, ist ein Neustart notwendig. Ein Personalwechsel ist da nicht genug.

Nach den verlorenen Landtagswahlen waren alle Augen auf die FDP gerichtet. Nun preschen stattdessen die Grünen vor. Die Entscheidung von Omid Nouripour und Ricarda Lang ist richtig. Sie waren zuletzt die prägenden Gesichter einer Partei, die in großen Teilen der Bevölkerung als realitätsfern, abgehoben und ideologisch wahrgenommen wurde. Den Ausschlag dürften die letzten Umfragen gegeben haben, nach denen eine Mehrheit der Meinung ist, die Grünen sollten auf keinen Fall an einer nächsten Bundesregierung beteiligt sein. Von Verhältnissen wie vor der letzten Bundestagswahl, als die Grünen unter der Führung von Annalena Baerbock und Robert Habeck noch bis weit in die Mitte der Gesellschaft als wählbar galten, sind sie heute Lichtjahre entfernt. Dass Nouripour und Lang dafür nun die Verantwortung übernehmen, verdient Respekt. Es war überfällig.

Will die Partei bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr noch eine Rolle spielen, ist ein Neustart notwendig. Dieser wird jedoch nicht mit einem Personalwechsel allein gelingen. Im Hintergrund läuft sich der ebenfalls ungeliebte Wirtschaftsminister Habeck für eine etwaige Kanzlerkandidatur warm, stellt dafür aber Bedingungen an seine Partei, ihm für einen pragmatischen Kurs etwa in der Migrationspolitik die nötige Beinfreiheit zu lassen.

Der Neustart erfordert: ein Ende der Flügel-Arithmetik der Grünen, die von der Bevölkerung nicht verstanden und schon gar nicht goutiert wird. Die Befindlichkeiten ihrer Vorfeldorganisationen dürfen bei den Grünen nicht länger im Vordergrund bestehen. Der Blick ins Land und nicht der Blick in die eigenen Reihen muss leitend sein. Welche Personen für einen solchen Kurs an der Parteispitze stehen könnten, ist noch unklar.

Für die Ampel-Regierung bedeutet der Umsturz bei den Grünen zum jetzigen Zeitpunkt eine weitere Schwächung. Das Land braucht gerade eine funktionierende Regierung, die Wirtschaft muss wieder auf die Beine kommen, in der Migrationspolitik sind grundlegende Änderungen notwendig. Eigentlich braucht es dafür gerade Verlässlichkeit, klare Verantwortlichkeiten, entschlossenes Handeln. Und keine Regierungspartei ohne Führung. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die Koalition noch durchhält bis zur nächsten Wahl.