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Geringe ImpfquoteMasernausbruch versetzt britische Behörden in Alarmbereitschaft

Lesezeit 3 Minuten
Ein Kinderarzt impft ein einjähriges Kind in den Oberschenkel gegen Masern.

Die geringe Impfquote bereitet den Behörden Sorge.

Die geringe Impfquote birgt die Gefahr einer weiteren Ausbreitung. Eine Mutter trauert um ihren sechsjährigen Sohn und ein Experte befürchtet dutzende Todesfälle.

Auf dem Selfie, das derzeit durch die britischen Medien geht, drückt der Sechsjährige Samuel sein Gesicht fest an das seiner Mutter. Fröhlich lachen beide in die Kamera. Mit dem Foto aus glücklichen Tagen will die Britin Gemma Larkman-Jones auf das Schicksal ihres Sohnes aufmerksam machen und darauf, wie die Katastrophe hätte verhindert werden können. „Ich möchte nicht, dass andere Eltern so etwas durchmachen müssen“, sagte sie.

Ihr Sohn entwickelte nach einer Masernerkrankung eine Gehirnentzündung und starb 2019 im Alter von nur sechs Jahren. Er war nicht geimpft. „Wenn die Menschen wüssten, dass so etwas passieren kann, würden mehr Kinder geimpft werden“, ist die 45-Jährige überzeugt.

Großbritannien: Maser-Fälle häufen sich

Dass Larkman-Jones ihren Appell gerade jetzt an die Öffentlichkeit richtet, ist kein Zufall. Seit Monaten häufen sich die Masernfälle. Vor allem rund um Birmingham seien seit Herbst rund 200 Fälle und etwa 100 Verdachtsfälle gemeldet worden, teilte die britische Gesundheitsbehörde UK Health Security Agency (UKHSA) mit. Aber auch in London kam es in einigen Stadtteilen zu Ausbrüchen. Laut David Elliman vom Londoner Great Ormond Street Hospital könne es zu Dutzenden Todesfällen kommen, wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden.

Masern breiteten sich vor allem in Gegenden aus, in denen die Durchimpfungsrate nicht hoch genug sei, sagt Jenny Harries, Geschäftsführerin der UKHSA. Die Zahl der Grundschulkinder, die den MMR-Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln erhalten haben, liegt in England unter dem Ziel der Weltgesundheitsorganisation von 95 Prozent. Im Durchschnitt hätten nur etwa 85 Prozent der Kinder bis zum Alter von fünf Jahren zwei Dosen des Vakzins erhalten. In London liege die Quote den Behörden zufolge sogar nur bei 74 Prozent.

Niedrige Impfquote auch wegen Verschwörungstheorien

Britische Experten nennen dafür verschiedene Gründe. Manche Eltern hätten nicht gewusst, dass der staatliche Gesundheitsdienst NHS die Dreifachimpfung auch während der Pandemie anbot, hieß es; andere hätten Probleme gehabt, einen Termin zu bekommen oder die Folgen der Krankheit unterschätzt. Aber auch Verschwörungstheorien spielten auf der Insel eine Rolle. Vor allem der inzwischen mit Berufsverbot belegte Arzt Andrew Wakefield beeinflusste die Briten. Er hatte Ende der 1990er-Jahre behauptet, die MMR-Impfung könne Autismus auslösen – eine Theorie, die durch spätere Studien widerlegt wurde.

Anders als in Deutschland sind die Vakzine im Königreich nicht verpflichtend. „Wir schreiben in Großbritannien keine Impfungen vor. Wir empfehlen den Menschen bestimmte Impfungen und raten den Eltern, ihre Kinder so gegen bestimmte Krankheiten zu schützen“, erklärte die Kindergesundheitsexpertin Helen Bedford vom University College London dem „Guardian“. Die einzige Impfung, die im Königreich jemals vorgeschrieben war, war die gegen Pocken. „Aber das Gesetz dazu wurde in den 1940er-Jahren aufgehoben„, so Bedford.

Um den Masernausbruch in den Griff zu bekommen, wurde in England nun eine Kampagne gestartet. Eltern und Betreuer von Kindern zwischen sechs und elf Jahren sollen ermutigt werden, einen Termin bei ihrem Hausarzt zu vereinbaren, damit der Nachwuchs die versäumte MMR-Kombination doch noch erhalten kann. Zusätzlich wurden Erinnerungen per SMS, E-Mail sowie Briefe verschickt, hieß es.

Die Mutter des verstorbenen Samuel, Gemma Larkman-Jones, fordert Eltern zum Handeln auf: „Mein Sohn hätte nicht sterben müssen. Das ist eine Schuld, die ich jeden Tag mit mir herumtrage.“