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Schulde ihm GehorsamWie Georg Gänswein heute über Papst Franziskus denkt

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Erzbischof Georg Gänswein

Erzbischof Georg Gänswein

Überraschende Rehabilitierung: Der Vatikan ernannte Georg Gänswein, den früheren Privatsekretär Benedikts XVI., zum Botschafter für das Baltikum, trotz jüngster Kontroversen und seiner Verbannung.

Mit seiner Rehabilitierung war es so, wie es zuvor schon mit seiner Verbannung gewesen war: Sie kam über Nacht. Georg Gänswein geht also als Vatikanbotschafter für das Baltikum nach Vilnius, so teilte es der Heilige Stuhl völlig überraschend Ende Juni mit und widmete dieser kirchenpolitischen Sensation nur einen einzigen italienischen Satz.

Keine weiteren Erläuterungen, wie diese neue wichtige Aufgabe auf einmal zustande gekommen sei nach den langen Querelen um den deutschen Erzbischof und früheren Privatsekretär Benedikts XVI. Schon gar kein Statement von Papst Franziskus zu der Sache. Und auch Georg Gänswein selbst hielt sich bedeckt.

Einige Tage später, es ist mittlerweile Juli, meldet sich Gänswein in Freiburg am Telefon, dem Ort seines Noch-Exils. Er hat wenig Zeit, sagt er. Er ist auf dem Sprung nach Rom, um weitere Instruktionen zu bekommen. Es ist plötzlich so viel zu tun. Endlich mal wieder.

Überrascht von der neuen Aufgabe

Auch Gänswein selbst scheint noch bis vor Kurzem nicht gewusst zu haben, wann seine Zeit als Erzbischof ohne Zuständigkeiten enden würde, oder ob sie es überhaupt jemals wieder tun würde. „Meine neue Aufgabe wurde mir in einem persönlichen Schreiben und einem anschließenden Telefonat einige Tage vor der Veröffentlichung der Ernennung mitgeteilt“, sagt er.

Am anderen Ende der Leitung sei ein Vertreter des Staatssekretariats gewesen, der höchsten Behörde des Vatikans. Also nicht der Papst selbst. Das wäre vielleicht auch des Guten zu viel gewesen nach dieser Vorgeschichte.

Es war vor gut einem Jahr, dass Franziskus Gänswein plötzlich aus Rom fortschickte. Am 19. Mai, fünf Monate nach dem Tod Benedikts XVI., wies der Papst ihn im Rahmen einer Privataudienz an, seine Wohnung im alten Santa-Marta-Gebäude des Vatikans neben der päpstlichen Audienzhalle zu räumen. Er solle in sein altes Heimatbistum ziehen, die Erzdiözese Freiburg, und zwar ohne neuen Posten.

„Eine Begründung blieb er mir schuldig“, erzählte Gänswein später. Eine ungewöhnliche Pädagogik des Papstes. Manche fanden: eine unwürdige.

Papst war über Gänswein-Memoiren

Die Begründung für die Degradierung hat Franziskus erst vor Kurzem nachgeliefert, in einem Interviewbuch. Demnach war der Papst verärgert darüber, dass Gänswein Memoiren über seine Zeit im Vatikan geschrieben und bereits wenige Tage nach der Beerdigung Benedikts veröffentlicht hatte.

Der Erscheinungszeitpunkt von Gänsweins Buch „Nichts als die Wahrheit“ sei ein „Mangel an Anstand und an Menschlichkeit“ gewesen, schimpfte Franziskus in dem Interview. Anfang April 2024 war das. Keine drei Monate später erhielt Gänswein seine Berufung zum Nuntius, also Vatikanbotschafter. Es sage niemand, in der Kirche könnten sich die Dinge nicht auch mal sehr schnell ändern.

Wenn man Gänswein heute fragt, ob damit nun alle Unstimmigkeiten mit dem Papst beigelegt sind und ob er sich für irgendetwas entschuldigt hat, sagt er: „Es ist von ,sogenannten‘ Unstimmigkeiten zu sprechen, denn diese wurden hauptsächlich von interessierter Seite in die Welt gesetzt und künstlich am Leben gehalten.“ Er halte es nun mit dem heiligen Paulus, er schaue nicht mehr zurück, sondern richte sich nach dem, was vor ihm liege. „Was sachlich zu klären war, wurde fein säuberlich geklärt.“

Wie er sein jetziges Verhältnis zum Papst beschreiben würde? „Papst Franziskus ist der Nachfolger Petri, dem ich Ehrfurcht und Gehorsam schulde“, sagt Erzbischof Gänswein. Und klingt dabei schon wie ein echter Diplomat.