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Debatte um GroßwildjagdWie Botswanas Präsident mit Trophäenjägern kalkuliert

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Mächtige Tiere: In Botswana leben etwa 130000 Elefanten.

Mächtige Tiere: In Botswana leben etwa 130000 Elefanten. Lange durften sie nicht gejagt werden, doch nun ist das Verbot gekippt.

Eine hitzige Debatte um die Trophäenjagd auf Großwild entbrennt weltweit - mit Botswanas Präsident Masisi als vehementem Verteidiger der kontroversen Praxis.

An öffentlichem Aktivismus gegen jegliches Unheil dieser Welt mangelt es in diesen Tagen nicht. Aber nur wenige Themen bewegen die meinungsstarke Prominenz so sehr wie die Trophäenjagd auf wilde Tiere. In Deutschland vereinte das Anliegen zuletzt so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Modedesigner Wolfgang Joop, Hip-Hop-Pionier Thomas D, Kriminalbiologe Mark Benecke, Schauspieler Ralf Möller und Dragqueen Olivia Jones.

In England, wo die Debatte schon voriges Jahr Fahrt aufnahm, haben sich mit Fußball-Ikone Gary Lineker, Rockstar Liam Gallagher und Comedian Ricky Gervais einige noch bekanntere Namen dem Artenschutz der „Big 5“ gewidmet. Wer würde da widersprechen? Schließlich halten auch Dutzende Shitstorms in den sozialen Medien Jäger nicht davon ab, würdelose Bilder von ihren bei Safaris erlegten Elefanten, Löwen oder Büffel zu posten. Die Front ist auch gegen verantwortungsvoller agierende Jäger breit. Umfragen belegen EU-weit fast durchweg Ablehnungswerte jenseits der 80 Prozent für Importe von Trophäen.

In Afrika gibt es aber auch einige, die sich mit Widerspruch nicht gerade zurückhalten. Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi etwa – und das mit einem fast wohltuenden Populismus. Zunächst schickte er im März einen Minister vor, der England die Entsendung von 10000 lebenden Elefanten in Londons Hyde Park androhte. Und dann legte er in der „Bild“-Zeitung persönlich nach. Man werde Deutschland gleich die doppelte Zahl an Tieren schenken, das sei „kein Scherz“, so der PR-bewusste Präsident, über dessen Pointe in zahlreichen internationalen Medien berichtet wurde.

Botswana hat ein Drittel aller Afrikanischen Elefanten, rund 130000 – und damit nach Einschätzung führender Experten zu viele. Masisi hob vor fünf Jahren ein Jagdverbot auf, unter anderem mit dem Verweis, dass allein in den zwölf Monaten zuvor 17 Menschen von Elefanten getötet und zahlreiche Felder zertrampelt worden seien.

300 bis 400 Genehmigungen werden jährlich an Großwildjäger verteilt

Seitdem darf abgeschossen werden. 300 bis 400 Genehmigungen für die Jagd der in den meisten anderen Ländern vom Aussterben bedrohten Elefanten werden jährlich an Großwildjäger verteilt. Masisi lenkt die Debatte regelmäßig auf die zerstörerischen Dickhäuter, was davon ablenkt, dass er die Abschussquoten für andere Tiere wie Leoparden aus Sicht von Artenschützern viel zu sehr angehoben hat.

Doch pro Tier werden bis zu 16000 Dollar kassiert, dazu kommen hohe Reisekosten – Befürworter der Trophäenjagd behaupten, dass auf diese Weise letztlich ein finanzieller Anreiz für den Erhalt der Elefanten geschaffen werde. In Kenia, wo seit Jahrzehnten Jagdverbot gilt, ist der Bestand tatsächlich massiv gesunken. Hinzu komme – so ein weiteres Argument der Befürworter –, dass viele Gegenden, in denen gejagt wird, landschaftlich schlicht nicht schön genug seien, um die wegfallenden Einnahmen und Arbeitsplätze mit Tourismus für Fotosafaris ersetzen zu können.

Kritiker halten dem jedoch entgegen, dass kaum Geld aus den Jagderlösen bei den oft strukturschwachen Dörfern der Gegend ankommt. In Simbabwe hätten Großwildjäger den Elefantenbestand zudem erheblich dezimiert – was angesichts des desolaten Zustands des Landes ein unfairer Vergleich mit dem ungleich besser regierten Botswana ist. Und sie pochen auf die Moral – angesichts mangelnder Alternativvorschläge für die Finanzierung des Artenschutzes ein eher zweifelhaftes Argument.

Botswanas Image wackelt

Die Branche ist jedenfalls eine lukrative Einnahmequelle für die Volkswirtschaft Botswanas, die sich zu lange auf ihren Diamantenreichtum verlassen hat. Die Nachfrage für Edelsteine ist am Boden – auch im Süden Afrikas spürt man die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Mit weniger als vier Prozent Wirtschaftswachstum wackelt Botswanas Image als afrikanische Erfolgsgeschichte. Da verteidigt man schon mal eine Branche, die vielen in Europa als Relikt aus der Kolonialzeit gilt. Und man reagiert ein wenig gereizter als ohnehin auf europäische Belehrungsversuche jeglicher Art.

Masisi spricht generell offener aus, was viele andere afrikanische Präsidenten wohl denken. Zuletzt echauffierte er sich bei der G7-Gruppe der führenden Industrienationen über deren Forderung, dass alle Diamantenproduzenten weltweit ihre Steine nach Belgien zur Zertifizierung schicken sollten. Der Westen will so vor allem verhindern, dass Diamanten aus Russland auf den Markt kommen. Produzierende Länder wie Botswana sehen das aber als unverhältnismäßige Bürde.

Europa hat aktuell ohnehin einen schweren Stand in vielen afrikanischen Staaten. Unter anderem, weil es einen Subventionsstopp für fossile Brennstoffe auf dem Kontinent fordert – sie aber selbst weiter massiv einkauft. Masisi dürfte auch aufgefallen sein, dass europäische Investitionsversprechen oft nicht viel mehr als heiße Luft sind. Im vergangenen Oktober zum Beispiel veranstaltete die EU einen Investorengipfel in Botswanas Hauptstadt Gaborone. Es kamen viele Berater und Lobbyisten – Unternehmer aber waren nur wenige angereist. Die europäische „Global Gateway“-Initiative, mit der man auf die chinesischen Großprojekte auf dem Kontinent reagieren will, kommt nur schleppend in Gang.

Verschärfung der Beschränkungen ist vorwiegend Sache der EU

Ein wenig dürfte Masisis forsche Elefanten-Aussage aber auch mit der Privatfehde zu tun haben, die er seit Jahren mit Ian Khama pflegt, seinem Vorgänger im Präsidentenamt. Der schon fast fanatische Tierschützer hatte im Jahr 2014 das Jagdverbot eingeführt. Als es von Masisi gekippt wurde, überwarf er sich mit seinem Nachfolger, die beiden beschimpfen sich seitdem regelmäßig. Im März waren beide in England. Masisi machte gegen das das Verbot von Einfuhrgenehmigungen für Jagdtrophäen Stimmung. Khama war dafür.

Dass in dieser Konstellation nun die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in Masisis Visier geraten ist, sollte diese nicht allzu persönlich nehmen. Botswanas Präsident ist sehr wohl bewusst, dass die Verschärfung der bereits bestehenden Trophäenjagd-Beschränkungen vorwiegend auf EU-Ebene vorangetrieben wird – und dass es dort durchaus differenzierte Regeln geben könnte, mit Anpassungen an die Tierbestände in den Herkunftsländern.

Lemke, die vor zwei Jahren Verbote auf nationaler Ebene angekündigt, aber nicht umgesetzt hatte, ist in der Sache längst keine Vorreiterin. In Belgien gibt es schon ein generelles Importverbot für Stoßzähne, Felle oder ausgestopfte Tierkadaver. Und in Frankreich und Italien laufen entsprechende Gesetzgebungsverfahren.

Weltweit kommen übrigens mit Abstand die meisten Großwildjäger aus den USA, Deutschland ist allerdings der wichtigste „Markt“ innerhalb der EU für die Einfuhr von Jagdtrophäen: 2023 gab es 650 solcher Importe, davon 231 Bergzebras, 109 Bärenpaviane – und 26 Afrikanische Elefanten.