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Proteste der Bauern in BrüsselEU will umstrittene Umweltauflagen lockern

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Brüssel: Polizisten patrouillieren hinter einer Absperrung, während Landwirte vor dem Gebäude des Europäischen Rates protestieren.

Brüssel: Polizisten patrouillieren hinter einer Absperrung, während Landwirte vor dem Gebäude des Europäischen Rates protestieren.

Als Folge der Bauernproteste will die EU umstrittene Umweltauflagen für Landwirte lockern. Die Änderungen könnten bereits in wenigen Wochen in Kraft treten.

Als die EU-Agrarminister am Dienstagmorgen in Brüssel zusammenkamen, stiegen über dem Europaviertel dichte, schwarze Rauchwolken auf. Hunderte Bauern waren mit ihren Traktoren angereist und verliehen ihrem Ärger über die ihrer Meinung nach unverhältnismäßige EU-Politik mit lodernden Heuballen und brennenden Reifen deutlichen Ausdruck.

Um den protestierenden Landwirten entgegenzukommen, sprachen sich die Minister kurz darauf für Zugeständnisse aus. In einem Sonderausschuss der EU für Landwirtschaft stimmte zudem eine Mehrheit der Mitgliedstaaten dafür, den Verwaltungsaufwand für Bauern zu verringern und ihnen mehr Flexibilität bei der Einhaltung bestimmter Umweltauflagen zu ermöglichen.

Umsetzung in wenigen Wochen?

Damit nahm das von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich geschnürte Entlastungspaket rechtzeitig zum Beginn des Agrarrats eine wichtige Hürde. Erst vor zehn Tagen hatte die Behörde angeregt, im Eilverfahren die Ökoregeln der europäischen Agrarpolitik zu entschärfen. Das Gremium der EU-Vertreter billigte nun den Maßnahmenkatalog. Sollte sich im April im Europaparlament eine Mehrheit hinter die Vorschläge stellen, was als wahrscheinlich gilt, könnten die Änderungen bereits in wenigen Wochen in Kraft treten.

Landwirte kippen aus Protest eine Ladung Kartoffeln auf einer Hauptstraße ab

Landwirte kippen aus Protest eine Ladung Kartoffeln auf einer Hauptstraße ab, während die EU-Agrarminister sich im Gebäude des Europäischen Rates treffen.

Es geht um sogenannte GLÖZ-Standards, die im Zentrum der bislang letzten EU-Agrarreform standen. Sie sollten im Förderzeitraum bis 2027 für den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (GLÖZ) von Böden sorgen. Die Europäische Union wollte einen Teil der milliardenschweren Subventionen an die Einhaltung von Umweltvorgaben koppeln. Wer sich an sie hält, profitiert, so lautete das Ziel. Sie verpflichten die Bauern etwa dazu, vier Prozent der Flächen nicht zu bewirtschaften, um das Artensterben zu stoppen und den Klimawandel zu bekämpfen.

Nachdem die Verordnung bereits mehrfach ausgesetzt wurde, etwa wegen des Kriegs in der Ukraine, soll das Gesetz jetzt komplett fallen. Legen Farmer freiwillig Ackerflächen brach oder nutzen sie unproduktiv, sollen die EU-Länder sie jedoch dafür belohnen. Zudem schlug die Kommission vor, Höfe mit weniger als zehn Hektar von Kontrollen und Strafen auszunehmen.

Beim Thema Fruchtfolge, also dem Wechsel verschiedener Pflanzen auf dem Acker, sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, ihren Bauern eine Wahl zu lassen. Demnach könnten diese entweder die Fruchtfolge ändern oder ihre Kulturen diversifizieren. Bei der von vielen Partnern unterstützten Lockerung sah Bundesagrarminister Cem Özdemir am Dienstagmorgen noch „massive Fragezeichen“. Die Regelung sei „nicht aus Jux und Tollerei“ aufgenommen worden, sagte der Grünen-Politiker, sondern aus der Erkenntnis, dass die Fruchtfolge wichtig sei, „um Bodenkrankheiten zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass Ernten dauerhaft sicher sind“.

Landwirte blockieren mit ihren Traktoren eine Straße bei einem vom Bauernverband European Coordination Via Campesina (ECVC) organisierten Protest.

Landwirte blockieren mit ihren Traktoren eine Straße bei einem vom Bauernverband European Coordination Via Campesina (ECVC) organisierten Protest.

Auf einer gemeinsamen Linie mit den anderen EU-Ländern lag Berlin derweil bei dem übergeordneten Ziel: Weniger Zwang, weniger Bürokratie, weniger Kontrollen. Dafür will die EU verstärkt auf Freiwilligkeit setzen. Özdemir zufolge solle es künftig „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ geben. Damit sei gemeint, dass Bauern „mit guten, freiwilligen Angeboten“ für Arten- und Klimaschutz sowie für Tierwohl Geld verdienen sollen. Zudem müsse Bürokratie dort, wo sie zu unnötiger Belastung führe, abgeschafft werden, sagte Özdemir – ohne dass der Umweltschutz leide.

Zeit vor Europawahl drängt

Als „wichtigen Meilenstein für die Zukunft der europäischen Landwirtschaft“ lobte der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins die Entscheidung. Die EU beweise, dass sie „fähig ist, schnell und entschlossen zu handeln, wenn es darauf ankommt“. Er zeigte sich „zuversichtlich“, dass die Vorschläge im April „schnell und ohne Änderungsanträge“ angenommen werden.

Die Zeit für die Brüsseler Politik drängt. Schon Anfang Juni finden die Europawahlen statt – und die Sorge vor einem Rechtsruck im Schatten der Bauernproteste nimmt zu. Dementsprechend versucht die EU schon seit Monaten, die Landwirte mit weitreichenden Zugeständnissen zu besänftigen.