Umweltstraftaten sollen künftig härter bestraft werden. Strafverteidiger Tony Rostalski erklärt, was Tätern droht und warum das nötig ist.
Chemikalien, illegales RecyclingSo hart werden Umweltsünder künftig bestraft
Strafrecht ist immer ein Spiegel seiner Zeit. Ob und wie gestraft wird, hängt von den vorherrschenden Überzeugungen der Gesellschaft ab. Der Wert, der einzelnen Rechtsgütern zugemessen wird, ist historisch einem Wandel unterworfen.
Umweltgüter haben in den letzten Jahrzehnten eine rasante Aufwertung erfahren. Ein gesteigertes Umweltbewusstsein gehört mittlerweile zu den prägenden Eigenheiten westlicher Demokratien. Es besteht eine weitverbreitete Einsicht in die Abhängigkeit des Menschen von den natürlichen Lebensgrundlagen und in die Verletzlichkeit von Ökosystemen. Als Grundlage für ein menschenwürdiges Dasein sind Wasser, Boden, Luft sowie die Tier- und Pflanzenwelt rechtlich geschützt.
Das Umweltstrafrecht, das gravierende Fehlverhaltensweisen im Umweltbereich sanktioniert, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Auf europäischer Ebene wurde zuletzt am 16. November ein Kompromiss über eine neuen Richtlinie für den strafrechtlichen Schutz der Umwelt erzielt. Dass die neue Richtlinie in Kraft treten wird, ist gewiss. Die noch ausstehende Bestätigung durch den Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament ist Formsache.
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Hohe Strafen für Täter und beteiligte Unternehmen
Durch die Richtlinie werden die nach EU-Strafrecht festgelegten Straftaten erweitert. Künftig zählen dazu beispielsweise der illegale Handel mit Holz, der in Teilen der Welt als Hauptursache für die Entwaldung gilt, schwerwiegende Verstöße gegen Vorschriften zum Umgang mit Chemikalien oder das illegale Recycling umweltschädlicher Schiffsteile. Die Tatbestände sind durch harte Sanktionsandrohungen gegen Verantwortliche und juristische Personen flankiert. In den schwersten Fällen drohen Tätern bis zu zehn Jahre Haft. Gegen beteiligte Unternehmen ist eine Höchstgeldbuße von mindestens fünf Prozent des weitweiten Gesamtumsatzes oder alternativ von 40 Millionen Euro vorgesehen.
Dass es die EU mit der Verfolgung von Umweltstraftaten ernst meint und nicht nur Symbolpolitik betreiben will, zeigt die in der Richtlinie vorgesehene Pflicht der Mitgliedstaaten, Schulungen für Justizangehörige auf dem Gebiet des Umweltstrafrechts anzubieten und ausreichend Ressourcen für die Erfüllung der Aufgaben aus der Richtlinie bereitzustellen.
Straftaten gegen die Umwelt sind einer der profitabelsten Bereiche der Kriminalität
Antonius Manders, EVP-Abgeordneter und Chefunterhändler des EU-Parlaments, kommentierte den Kompromiss für die Einführung der neuen Richtlinie mit den Worten: „Wer verschmutzt, wird für seine Verbrechen bezahlen.“ Der Satz ist in seiner Tonalität eindeutig, und seine Entschiedenheit ist paradigmatisch für das gesamte Umweltstrafrecht auf europäischer und nationaler Ebene.
So hat Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr unabhängig von der neuen Richtlinie eine „Zentralstelle für die Verfolgung der Umweltkriminalität“ als eine Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft Dortmund eingerichtet. Diese wird künftig die Strafverfolgung für herausgehobene Verfahren im Bereich des Umweltstrafrechts übernehmen.
Straftaten gegen die Umwelt gelten als einer der weltweit profitabelsten Kriminalitätsbereiche der organisierten Kriminalität. Das wird angesichts steigender Anforderungen an den Schutz der Umwelt auch so bleiben. Allerdings steigt mit der Verschärfung des Strafrechts und der Erhöhung des Strafverfolgungsdrucks auch das Risiko für Täter.
Dieser Text ist eine Folge unserer Rechtskolumne „Recht & Ordnung“. In dieser Serie schreiben Staatsanwältin Laura Neumann (Düsseldorf) sowie die Rechtsanwälte Pia Lorenz („Beck aktuell“), Martin W. Huff (ehem. Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln), Christian Solmecke (Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.Legal) und Thomas Bradler (Verbraucherzentrale NRW, Leiter Markt und Recht). In ihren Kolumnen geben sie Auskunft zu oft kniffligen Fragen des Rechts, können aber keine Rechtsberatung bieten oder in konkreten Fällen den Gang zu einem Anwalt ersetzen. Haben Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: recht-und-ordnung@kstamedien.de