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Im RestaurantWie viel Trinkgeld ist eigentlich angemessen?

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Beim Trinkgeld gibt es viele, variable Richtlinien – aber welche Höhe ist denn nun angemessen?

  1. Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  2. Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  3. Diesmal erklärt Vincent Moissonnier, wie viel Trinkgeld denn nun eigentlich angemessen ist – und wer es bekommen sollte.

Köln – Die Frage nach dem Trinkgeld ist wahrscheinlich so alt wie der Beruf des Kellners. Dass der Gast fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrags für das Personal aufschlägt, gilt in Deutschland als Faustregel, steht aber nirgends geschrieben. In anderen Ländern dagegen sind bestimmte Service-Pauschalen als Gehaltsbestandteil verbindlich festgelegt.

Kein Trinkgeld für den Wirt

Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie gern auch dem Wirt/der Wirtin eines Lokals mit einem Trinkgeld ein Lob für guten Service zollen würden. Ehrlich gesagt, machen sie ihm oder ihr damit eher das Leben schwer. Aus diversen leidvollen Erfahrungen mit dem Finanzamt kann ich jedem Gastronom nur raten: Finger weg vom Trinkgeld! Bei jedem Schein, jeder Münze, die Sie in die Hand nehmen, geht das Finanzamt von einem nicht versteuerten Umsatz aus. Und an der Stelle versteht die Behörde überhaupt keinen Spaß. Das wird dann ganz schnell sehr, sehr giftig: Verdacht der Steuerhinterziehung, Sonderprüfung. Den Ärger können Sie sich gar nicht vorstellen.

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Vincent Moissonnier 

Eigentlich müssen solche Malaisen Sie als Gast ja gar nicht interessieren. Ich erkläre es nur so ausführlich, weil Sie gezielt nach dem Verhalten gegenüber dem Lokalinhaber gefragt haben.

Also: Trinkgeld ist immer fürs Personal. Dann ist es auch steuerfrei. Am liebsten haben es alle Beteiligten, wenn sie den Betrag in bar bekommen. So lässt sich das Geld besser sammeln und aufteilen. Und außerdem hat der Wirt wieder nichts damit zu tun. Anders bei der Kartenzahlung: Da achtet das Finanzamt auf die Differenz zwischen Rechnungsbetrag und tatsächlich gebuchter Summe. Beweisen Sie mal, dass die zusätzlich bezahlten – sagen wir – zehn Euro wirklich fürs Personal bestimmt waren und nicht für zwei ganz am Ende des Abends bestellte Digestifs, die halt nicht mehr auf der Rechnung aufgetaucht sind – und damit als Schwarzumsatz gelten. Und dann: siehe oben!

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de

Trinkgeld geben – aber wie viel ist angemessen?

Bei der Bemessung des Trinkgelds machen es die meisten Gäste so, dass sie die gewünschte Endsumme schon vor dem Bezahlen nennen. Bei 37,50 Euro geben sie zum Beispiel einen 50-Euro-Schein und sagen: „Machen Sie 40 Euro!“. Das kann aber zu kniffligen Situationen führen, die dem Gast das ganze Mittag- oder Abendessen versauen können – etwa, wenn er aus Versehen viel zu hoch aufgerundet oder der Service-Mitarbeiter den genannten Betrag nicht richtig verstanden hat. Wir haben es uns deshalb zur Regel gemacht, dass wir das Rückgeld konsequent auf den Euro genau herausgeben. Und der Gast entscheidet dann, wie viel er davon zurücklassen will. Nicht zuletzt bietet das dem jeweiligen Mitarbeiter die Chance, sich noch einmal freundlich zu bedanken. Das finde ich persönlich wichtig. Beim Geld sind die Menschen nun mal besonders empfindlich, und ich möchte nicht, dass am Ende eines Besuchs irgendwelche Missstimmungen aufkommen.

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Mit den Trinkgeldern verfahren wir so, dass alles in einen Topf kommt und am Ende der Arbeitswoche an alle Servicekräfte ausgeschüttet wird – nach einem prozentualen Schlüssel, der sich an der Betriebszugehörigkeit orientiert. Nun kann es ja sein, dass ein Kellner oder eine Kellnerin besonders zuvorkommend war und Sie das gezielt honorieren möchten. Dann sollten Sie sich beim Bezahlen direkt an die Betreffenden wenden und ihnen das genau so sagen. Was für eine bestimmte Servicekraft gedacht ist, das darf sie auch bei einem Umlageverfahren behalten.