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Ausblick mit interaktiven GrafikenSo verändert sich das Klima im Oberbergischen Kreis bis 2100

Lesezeit 6 Minuten
Verdorrte Fichten stehen in einem Wald an der Aggertalsperre Talsperrenweg / Derschlager Str.

Wie verändert sich das Klima im Oberbergischen Kreis bis zum Ende des Jahrhunderts? Eine Studie gibt Antworten.

Eine große Studie hat ausgewertet, wie sich das Klima im Oberbergischen Kreis bis zum 2100 verändern wird. Ein Überblick über drei mögliche Szenarien.

Wie verändert sich das Klima im Oberbergischen Kreis bis zum Ende des Jahrhunderts? Mit dieser Frage hat sich das Climate Service Center Germany (GERICS) des Helmholtz-Zentrums Hereon in einer großen Studie beschäftigt. Basierend auf den Ergebnissen von 85 regionalen Klimamodellsituationen haben die Forschenden berechnet, wie sich das Klima in den 401 deutschen Landkreisen bis Ende des Jahrhunderts verändern könnte. Auch im Oberbergischen Kreis.

Studie bewertet Klimaveränderung anhand verschiedener Szenarien

Wie heiß wird es bis zum Ende des Jahrhunderts? Wie wird sich der Niederschlag verändern? Anhand von diesen und weiteren sogenannten Klimakennwerten betrachtet die Studie drei Szenarien, in denen sich unterschiedlich hohe Konzentrationen von Treibhausgasen auf das Klimasystem der Erde auswirken. „Die Simulationen basieren auf der Überlegung, wie sich die Emissionen künftig entwickeln könnten“, erklärt Diana Rechid, die am Climate Service Center Germany die Abteilung „Regionaler und lokaler Klimawandel“ leitet. „Das wiederum beruht auf Annahmen, wie sich die Bevölkerung, die Technik, die Energienutzung und viele weitere Faktoren entwickeln.“ Es sind Ausblicke in drei mögliche Klimazukünfte.

Die Szenarien, auf die sich die regionalen Klimaausblicke stützen, basieren auf dem fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC). Sie tragen die kryptischen Namen RCP8.5, RCP4.5 und RCP2.6, wobei RCP für „Representative Concentration Pathways“ steht und auf Deutsch so viel bedeutet wie: „Repräsentative Konzentrationspfade“.

  1. RCP8.5 (hohe Emissionen) beschreibt einen ungebremsten Anstieg der Treibhausgasemissionen auf ein sehr hohes Niveau bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Es ist also das Worst-Case-Szenario und geht von einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von 4 bis 5 Grad bis 2100 aus.
  2. RCP4.5 (mittlere Emissionen) geht davon aus, dass die Emissionen bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts noch etwas ansteigen und danach wieder sinken. Dieser Pfad kann durch verschiedene sozioökonomische Entwicklungen erreicht werden, die z. B. auch klimapolitische Maßnahmen berücksichtigen. Dieses Szenario kommt Diana Rechid zufolge vermutlich den aktuellen Entwicklungen am nächsten. „Es ist allerdings immer noch optimistischer als das, was gerade tatsächlich an Maßnahmen geplant ist“, sagt die Forscherin. Laut dem Climate Action Tracker (CAT) bewegt sich die globale Durchschnittstemperatur mit den derzeitigen Maßnahmen auf eine Erwärmung um 2,7 Grad bis Ende des Jahrhunderts zu.
  3. RCP2.6 (niedrige Emissionen) beinhaltet sehr ambitionierte Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und zum Ende des 21. Jahrhunderts sogar „negative Emissionen“. Das heißt: eine Netto-Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre, entweder durch natürliche Kohlenstoffsenken wie Wälder oder durch die technologische Entnahme von CO₂ aus der Luft. Es ist ein sehr optimistisches Szenario. Wenn dieser Verlauf noch umgesetzt werden würde, könnte das 2-Grad-Ziel des Pariser Abkommens sehr wahrscheinlich noch eingehalten werden.

Eine detaillierte Beschreibung, wie die regionalen Klima-Ausblicke erstellt wurden, finden Sie hier.

Im Oberbergischen Kreis wird es immer wärmer

Die durchschnittliche Jahrestemperatur im Oberbergischen Kreis lag im Zeitraum von 1971 bis 2000, der in der Studie als Referenzperiode herangezogen wird, bei 8,7°C. Der kälteste Monat war mit durchschnittlich 1,0°C der Januar, der wärmste mit 16,9°C der Juli.

Dass die Durchschnittstemperatur bereits im Zeitraum von 1958 bis 2015 kontinuierlich angestiegen ist, verdeutlicht unser Klimastreifen-Diagramm, das die jährliche Abweichung von den Werten der Durchschnittstemperatur der Referenzperiode farbig darstellt: Ein blauer Streifen bedeutet, dass es in diesem Jahr kühler war als in der Referenzperiode, bei einem roten Streifen war es wärmer. Eine rote Häufung am rechten Rand des Diagramms ist deutlich zu erkennen – es ist also wärmer geworden.

Und bis zum Ende des Jahrhunderts wird es laut Studie noch wärmer im Oberbergischen Kreis: Je nach Modell und Szenario zeigen die Auswertungen einen Anstieg der durchschnittlichen Lufttemperatur um 0,4°C bis 5,0°C verglichen mit dem Referenzzeitraum 1971 bis 2000.

So verändert sich das Klima im Oberbergischen Kreis

Die Zahl der heißen Tage, also an denen die Temperaturen auf mehr als 30°C steigen, könnte sich auf bis zu 9,4 Tage pro Jahr erhöhen. In der Referenzperiode gab es durchschnittlich 3,1 Tage pro Jahr, an denen solche Temperaturen erreicht wurden. Dabei verteilen sich die heißen Tage nicht gleichmäßig, denn in einzelnen Jahren können diese sehr viel häufiger auftreten als in anderen.

Angegeben ist hier jeweils die Mitte der Modellergebnisse. Das bedeutet, die eine Hälfte der Modelle prognostiziert einen höheren, die andere einen niedrigeren Wert. Im schlimmsten Fall könnte sich die Zahl der heißen Tage sogar auf 41,0 erhöhen – das wären pro Jahr knapp sechs Wochen mit Temperaturen über der 30-Grad-Marke.

Während die maximale Dauer von Hitzeperioden (aufeinanderfolgende Tage mit einer Temperatur von über 30°C) je nach Modell und Szenario im Mittel auf bis zu 4,9 Tage pro Jahr ansteigen könnte, dürfte die Zahl der Frosttage (Tage, an denen die Temperatur unter 0°C sinkt) deutlich abnehmen. Lag die Zahl der Frosttage in der Referenzperiode noch bei 75,1 Tagen pro Jahr – also insgesamt mehr als zwei Monate -, sinkt sie bis Ende des Jahrhunderts laut Prognosen auf 49,1 bis 19,1 Tage pro Jahr.

Niederschlag im Oberbergischen Kreis: Längere Trockenperioden bis Ende des Jahrhunderts

Auch beim Niederschlag im Oberbergischen Kreis sind bis zum Ende des Jahrhunderts Veränderungen zu erwarten. Diese sind jedoch wesentlich schwieriger abzubilden als Prognosen zu Temperaturveränderungen. „Kenngrößen, die sich auf Temperaturwerte beziehen, liefern statistisch meist robuste Ergebnisse. Werte mit Bezug auf Niederschlagsmengen können dagegen häufig mit Unsicherheiten behaftet sein“, erklärt Diana Rechid.

Im Vergleich des Anfangs- und Endzeitraums der Referenzperiode ist eine mittlere Zunahme des Niederschlags von 51,0 mm/Jahr zu beobachten. Diese ist statistisch allerdings nicht signifikant. „Die Niederschlagsmengen ändern sich im Rahmen der natürlichen Schwankungen von Jahr zu Jahr“, heißt es in der Auswertung.

So zeigen die Tabellen überwiegend Tendenzen, zum Beispiel, dass zwar zum einen die Anzahl der Trockentage pro Jahr zunimmt, gleichzeitig aber die Niederschlagsmenge steigt. Angegeben werden hier Starkregenfälle. Heißt übersetzt: Man kann davon ausgehen, dass es in Zukunft weniger oft, dafür aber häufig umso stärker regnet, die Extreme also zunehmen. Für die schon jetzt von zum Teil von starker Trockenheit betroffenen Böden und Wälder sind das schlechte Nachrichten, denn punktueller, starker Regen kann nicht so gut aufgenommen werden, wie regelmäßiger und gleichmäßiger Niederschlag.

Wie sicher sind die Klimamodelle?

Das Wetter der nächsten sieben Tage ist bereits kaum mit Sicherheit vorherzusagen, für das Klima der nächsten 80 Jahre ist eine solche Prognose demnach erst recht nicht möglich. „Bei den Modellen handelt es sich nicht um Vorhersagen. Es sind vielmehr mögliche Entwicklungen in der Zukunft, die auf unterschiedlichen Annahmen beruhen“, erklärt Rechid. Klimaprojektionen also. Ändern sich die zugrundeliegenden Annahmen, so ändern sich auch die Projektionen.

Eine große Unsicherheit in diesem Zusammenhang sind etwa die sogenannten Kipppunkte, wie das Auftauen des Permafrostbodens oder das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes. Um diese Unsicherheiten der zukünftigen Entwicklungen abzubilden, haben die Forschenden die Daten einer Vielzahl von Simulationen verschiedener Klimamodelle ausgewertet – und so die Spannbreite möglicher Entwicklungen berechnet. „Auf der Karte dargestellt ist der Medianwert der Simulationen – also das Modell, das sich in der Mitte aller Ergebnisse einordnet“, erklärt Rechid.

Wie stark sind die Unterschiede zwischen den drei Klimazukünften?

„Man sieht in den Klimaausblicken sehr deutlich, dass die Änderungen im RCP2.6-Szenario sehr viel geringer ausfallen. Die Temperaturänderungen liegen, regional betrachtet, dann um einen Grad“, betont Diana Rechid. Bei dem Worst-Case-Szenario sehe man hingegen verstärkt exponentielle Änderungen. Das beträfe dann beispielsweise auch Ökosysteme, die ab einem gewissen Punkt überhaupt nicht mehr so funktionieren können, wie sie das heute tun. „Hinzu kommen Rückkopplungseffekte, die wir noch nicht alle absehen können“, so Rechid weiter. „Das wäre im Grunde eine komplett andere Welt, in der wir dann leben würden.“

Ein entscheidender Faktor ist auch die Geschwindigkeit der Klimaveränderungen. Verlaufen sie exponentiell, wie in den schlechten Szenarien, haben Lebewesen kaum eine Möglichkeit, sich schnell genug an die sich stetig verändernden Bedingungen anzupassen. Gelingt es hingegen, die Klimaerwärmung zu stoppen und unter zwei Grad globaler Erwärmung zu stabilisieren, besteht die Möglichkeit, dass sich Menschen, wie auch viele Tiere und Pflanzen, an die klimatischen Veränderungen anpassen können.

Die Klimaausblicke zeigen einen weiteren Hoffnungsschimmer: Gelingt es, die Klimaerwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, zeigen die Modelle, dass bestimmte Änderungen wieder leicht zurückgehen können. „Grund dafür sind die vorausgesetzten Negativemissionen, durch die wir irgendwann wieder in Bereiche kommen, die deutlich unter der Treibhausgas-Konzentration zur Mitte des Jahrhunderts liegt“, erklärt Diana Rechid. „An diesen Parametern sieht man, dass wir tatsächlich die Möglichkeit haben, bestimmte klimatische Veränderungen wieder zu verbessern – vorausgesetzt es gelingt uns, die Emissionen drastisch zu senken und so schnell wie möglich treibhausgasneutral zu werden.“