Eine große Studie hat ausgewertet, wie sich das Klima in Köln und dem Umland bis zum Jahr 2100 verändern wird. Drei mögliche Szenarien.
Ausblick mit interaktiven GrafikenSo verändert sich das Klima in Köln und der Region bis 2100
Wie das Klima in Köln im Jahr 2100 aussehen könnte, das weiß ein Computer in Hamburg. Eine Zeitmaschine sozusagen. Es handelt sich dabei um einen Supercomputer des Deutschen Klimarechenzentrums (DKRZ). Automatisiert zieht sich der Rechner unfassbare Mengen an Daten, um zu berechnen, wie sich das Klima in den 401 deutschen Landkreisen bis Ende des Jahrhunderts verändern könnte. Auch in Köln.
Auf dieser Basis können regionale Klimaausblicke erstellt werden. Wie heiß wird es bis zum Ende des Jahrhunderts? Wie wird sich der Niederschlag verändern? Diese und andere sogenannte Klimakennwerte hat Diana Rechid gemeinsam mit ihrem Forschungsteam am Climate Service Center Germany (GERICS), einer Einrichtung des Helmholtz-Zentrums Hereon, mithilfe des Supercomputers berechnet. Je nachdem, wie viele Treibhausgase die Menschheit in den nächsten Jahren noch emittiert, je nachdem, wie stark oder schwach die Klimaschutzmaßnahmen ausfallen, verändert sich der Klimaausblick. Ein Blick auf drei mögliche Klima-Zukünfte für Köln und die Region.
Klima-Ausblicke für die Region
Wie wurden die regionalen Klimaausblicke berechnet?
1. Das globale Klima als Treiber
Die globalen Klimaveränderungen wirken sich regional sehr unterschiedlich aus. Um zu berechnen, wie, sind unterschiedliche Datensätze nötig. Die Grundlage ist zunächst das globale Klima, erklärt die Forscherin Diana Rechid, denn: „Die regionalen Klimamodelle brauchen den Antrieb von globalen Modellen.“ Unterschiedliche atmosphärische Parameter, wie Luftdruck, Temperatur, die Feuchtigkeit der verschiedenen Schichten und viele weitere werden in den Hochleistungsrechner eingespeist. Hinzu kommt die Menge an Treibhausgasen, wie CO₂, um zu simulieren, wie sich die Parameter dadurch in Bezug auf eine zuvor festgelegte Referenzperiode verändern. In diesem Fall haben Rechid und ihr Team die anzunehmenden Veränderungen von Mitte bis Ende des Jahrhunderts im Vergleich zur Periode 1971 bis 2000 ausgewählt.
2. Das Wissen über das Klima der Vergangenheit
Neben dem Blick in die Zukunft werden zudem regionale Klimadaten der Vergangenheit betrachtet. Diese liefert der HYRAS-Datensatz des Deutschen Wetterdienstes (DWD), sogenannte hydrometeorologische Rasterdatensätze. Dahinter verbergen sich regionalisierte, kleinräumige Klimadaten Deutschlands: Niederschlag, Temperatur und Luftfeuchte von 1951 bis 2015. Zum anderen basieren die Klimaausblicke von GERICS auf insgesamt 85 Simulationen mit regionalen Klimamodellen der EURO-CORDEX-Forschungsinitiative. Dabei handelt es sich um Daten bis zum Stand 2021, die Wissenschaftsinstitutionen aus ganz Europa berechnet haben. Diese wiederum basieren auf globalen Szenarien, die von der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft entwickelt und zum Beispiel in den Sachstandsberichten des IPCC, des Weltklimarates, veröffentlicht wurden.
3. Annahmen zur Entwicklung der Emissionen
Fehlen noch die Treiber des Klimawandels: die Treibhausgase. „Die Simulationen basieren auf der Überlegung, wie sich die Emissionen künftig entwickeln könnten“, erklärt Diana Rechid. „Das wiederum beruht auf Annahmen, wie sich die Bevölkerung, die Technik, die Energienutzung und viele weitere Faktoren entwickeln.“ Diese Szenarien beruhen auf dem 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates. Für ihre regionalen Klimaausblicke haben die Forschenden von GERICS drei dieser Szenarien ausgewählt. Sie tragen die kryptischen Namen RCP8.5, RCP4.5 und RCP2.6, wobei RCP für „Representative Concentration Pathways“ steht und auf Deutsch so viel bedeutet wie: „Repräsentative Konzentrationspfade“.
RCP8.5 (hohe Emissionen) beschreibt einen ungebremsten Anstieg der Treibhausgasemissionen auf ein sehr hohes Niveau bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Es ist also das Worst-Case-Szenario und geht von einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von 4 bis 5 Grad bis 2100 aus.
RCP4.5 (mittlere Emissionen) geht davon aus, dass die Emissionen bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts noch etwas ansteigen und danach wieder sinken. Dieser Pfad kann durch verschiedene sozioökonomische Entwicklungen erreicht werden, die z. B. auch klimapolitische Maßnahmen berücksichtigen. Dieses Szenario kommt Diana Rechid zufolge vermutlich den aktuellen Entwicklungen am nächsten. „Es ist allerdings immer noch optimistischer als das, was gerade tatsächlich an Maßnahmen geplant ist“, sagt die Forscherin. Laut dem Climate Action Tracker (CAT) bewegt sich die globale Durchschnittstemperatur mit den derzeitigen Maßnahmen auf eine Erwärmung um 2,7 Grad bis Ende des Jahrhunderts zu.
RCP2.6 (niedrige Emissionen) beinhaltet sehr ambitionierte Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und zum Ende des 21. Jahrhunderts sogar „negative Emissionen“. Das heißt: eine Netto-Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre, entweder durch natürliche Kohlenstoffsenken wie Wälder oder durch die technologische Entnahme von CO₂ aus der Luft. Es ist ein sehr optimistisches Szenario. Wenn dieser Verlauf noch umgesetzt werden würde, könnte das 2-Grad-Ziel des Pariser Abkommens sehr wahrscheinlich noch eingehalten werden.
Wie warm wird es in Köln je nach Emissionsszenario?
In Bezug auf die Temperaturentwicklung bis Ende des Jahrhunderts hat das GERICS-Team unterschiedliche Kennwerte betrachtet. Etwa die mittlere Jahrestemperatur. In Köln lag dieser Wert während der Referenzperiode bei durchschnittlich 10,7 Grad. Im optimistischen Szenario steigt das Jahresmittel bis 2100 auf 11,8 Grad, im mittleren Szenario auf 12,7 Grad und im schlechtesten Fall auf bis zu 14 Grad. Angegeben ist hier jeweils Mitte der Modellergebnisse. Dass es in Köln seit dem Jahr 2000 bereits deutlich wärmer geworden ist, verdeutlicht auch das Klimastreifen-Diagramm, das die jährliche Abweichung von den Werten der Durchschnittstemperatur der Referenzperiode farbig darstellt: Ein blauer Streifen bedeutet, dass es in diesem Jahr kühler war als in der Referenzperiode, bei einem roten Streifen war es wärmer. Eine rote Häufung am rechten Rand des Diagramms ist deutlich zu erkennen – es ist also wärmer geworden.
Das Diagramm macht eine Besonderheit Kölns deutlich, die in Zeiten des Klimawandels zum Nachteil wird: Es hat auch in der Vergangenheit immer wieder sehr warme Jahre gegeben. Das, erklärt Diana Rechid, liege an der geografischen Lage der Stadt. „In der Region Köln werden Hitzeextreme sehr viel häufiger auftreten als etwa in Norddeutschland“, sagt die Wissenschaftlerin. „In Köln und auch in Richtung Karlsruhe ist es ja heute schon im Vergleich zu nördlichen Regionen Deutschlands sehr viel wärmer. Im Sommer werden viel höhere Temperaturen erreicht. Wenn man dort also eine Erwärmung von 1 oder 3 Grad hat, wird es in Köln sehr viel mehr Tage geben, an denen die 30 Grad-Schwelle überschritten wird, als in kühleren Regionen.“
Wie oft, das unterscheidet sich wiederum stark je nach Emissionsszenario. Während es im Szenario ohne Klimaschutz bis 2100 etwa zwei Wochen mehr pro Jahr geben könnte, im schlechtesten Fall sogar fast acht Wochen mehr pro Jahr, in denen die 30-Grad-Schwelle überschritten wird, sind es im Szenario mit viel Klimaschutz zwei Tage pro Jahr mehr. Aktuell befinden wir uns am ehesten auf dem Weg zu fünf Tagen mehr pro Jahr, in denen es heißer als 30 Grad wird. Dabei verteilen sich die heißen Tage nicht gleichmäßig, denn in einzelnen Jahren können diese sehr viel häufiger auftreten als in anderen.
Wie entwickelt sich die Niederschlagsmenge in Köln je nach Emissionsszenario?
Wesentlicher schwieriger abzubilden ist die zukünftige Niederschlagsmenge. „Kenngrößen, die sich auf Temperaturwerte beziehen, liefern statistisch meist robuste Ergebnisse. Werte mit Bezug auf Niederschlagsmengen können dagegen häufig mit Unsicherheiten behaftet sein“, erklärt Diana Rechid. Das liege daran, dass es sich bei Niederschlag um eine zeitlich und räumlich sehr variable Größe handle und die Modellergebnisse zum Teil weit auseinander gehen. „Es ist teilweise schwierig zu sagen, ob eine signifikante Änderung vorliegt.“
So zeigen die Tabellen überwiegend Tendenzen, zum Beispiel, dass zwar zum einen die Anzahl der Trockentage pro Jahr zunimmt, gleichzeitig aber die Niederschlagsmenge steigt. Angegeben werden hier Starkregenfälle. Heißt übersetzt: Man kann davon ausgehen, dass es in Zukunft weniger oft, dafür aber häufig umso stärker regnet, die Extreme also zunehmen. Für die schon jetzt von zum Teil von starker Trockenheit betroffenen Böden und Wälder sind das schlechte Nachrichten, denn punktueller, starker Regen kann nicht so gut aufgenommen werden, wie regelmäßiger und gleichmäßiger Niederschlag.
Wie sicher sind die Klimamodelle?
Das Wetter der nächsten sieben Tage ist bereits kaum mit Sicherheit vorherzusagen, für das Klima der nächsten 80 Jahre ist eine solche Prognose demnach erst recht nicht möglich. „Bei den Modellen handelt es sich nicht um Vorhersagen. Es sind vielmehr mögliche Entwicklungen in der Zukunft, die auf unterschiedlichen Annahmen beruhen“, erklärt Rechid. Klimaprojektionen also. Ändern sich die zugrundeliegenden Annahmen, so ändern sich auch die Projektionen.
Eine große Unsicherheit in diesem Zusammenhang sind etwa die sogenannten Kipppunkte, wie das Auftauen des Permafrostbodens oder das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes. Um diese Unsicherheiten der zukünftigen Entwicklungen abzubilden, haben die Forschenden die Daten einer Vielzahl von Simulationen verschiedener Klimamodelle ausgewertet – und so die Spannbreite möglicher Entwicklungen berechnet. „Auf der Karte dargestellt ist der Medianwert der Simulationen – also das Modell, das sich in der Mitte aller Ergebnisse einordnet“, erklärt Rechid.
Wie stark sind die Unterschiede zwischen den drei Klimazukünften?
„Man sieht in den Klimaausblicken sehr deutlich, dass die Änderungen im RCP2.6-Szenario sehr viel geringer ausfallen. Die Temperaturänderungen liegen, regional betrachtet, dann um einen Grad“, betont Diana Rechid. Bei dem RCP8.5-Szenario sehe man hingegen verstärkt exponentielle Änderungen. Das beträfe dann beispielsweise auch Ökosysteme, die ab einem gewissen Punkt überhaupt nicht mehr so funktionieren können, wie sie das heute tun. „Hinzu kommen Rückkopplungseffekte, die wir noch nicht alle absehen können“, so Rechid weiter. „Das wäre im Grunde eine komplett andere Welt, in der man dann leben würde.“
Ein entscheidender Faktor ist auch die Geschwindigkeit der Klimaveränderungen. Verlaufen sie exponentiell, wie in den schlechten Szenarien, haben Lebewesen kaum eine Möglichkeit, sich schnell genug an die sich stetig verändernden Bedingungen anzupassen. Gelingt es hingegen, die Klimaerwärmung zu stoppen und unter 2 Grad globaler Erwärmung zu stabilisieren, besteht die Möglichkeit, dass sich Menschen, wie auch viele Tiere und Pflanzen, an die klimatischen Veränderungen anpassen können.
Die Klimaausblicke zeigen einen weiteren Hoffnungsschimmer: Gelingt es, die Klimaerwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, zeigen die Modelle, dass bestimmte Änderungen wieder leicht zurückgehen können. „Grund dafür sind die vorausgesetzten Negativemissionen, durch die man irgendwann wieder in Bereiche kommt, die deutlich unter der Treibhausgas-Konzentration zur Mitte des Jahrhunderts liegt“, erklärt Diana Rechid. „An diesen Parametern sieht man, dass man tatsächlich die Möglichkeit hat, bestimmte klimatische Veränderungen wieder zu verbessern, vorausgesetzt es gelingt uns, die Emissionen drastisch zu senken und so schnell wie möglich treibhausgasneutral zu werden.“
Zur Person: Diana Rechid leitet am Climate Service Center Germany (GERICS) des Helmholtz-Zentrums Hereon die Abteilung „Regionaler und lokaler Klimawandel“. Sie erforscht biophysikalische Prozesse und Rückkopplungen im Klimasystem mit Fokus auf Land-Atmosphäre-Interaktionen unter dem Einfluss des Menschen und sich ändernden Klimabedingungen. Sie betreut Forschungsarbeiten zu regionalen bis lokalen Klimaänderungen und die Entwicklung von simulationsbasierten Klimainformationen zur Unterstützung der Klimaanpassung in Städten und Regionen. Diana Rechid hat an der Entwicklung der 401 Klimaausblicke für Deutschland auf Landkreisebene mitgewirkt.