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Am Zoch, ze HussKamelle werfen, Party-Lärm, Alkohol – das ist an Karneval erlaubt

Lesezeit 8 Minuten

Spaß beim Umzug: Geht ein Kamelle-Wurf daneben, hat der Getroffene keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Denn Schaulustige kennen die Risiken und stehen deshalb auf eigene Gefahr am Rand eines Karnevalsumzugs.

Köln – Die jecken Tage stehen vor der Tür – spätestens an Weiberfastnacht herrscht in den Karnevalshochburgen der Ausnahmezustand. Wenn Kamelle und Konfetti fliegen, die Jecken schunkeln und der Alkohol in rauen Mengen fließt, könnte die Stimmung kaum besser sein. Jedoch ist hier und da Vorsicht geboten. Rechtsexperten erklären, welche Regeln Karnevalisten einhalten müssen.

Verletzt durch Kamelle: Gibt es Schmerzensgeld?

Straßenkarneval ist nicht immer ganz ungefährlich. Besonders während des Rosenmontagszugs fliegen die Kamelle und Geschenke. Manche Pralinenschachtel oder Schokoladentafel landet dabei unsanft auf den Jecken am Straßenrand. Aber: Kleinere Verletzungen müssen die Narren hinnehmen – einen Anspruch auf Schmerzensgeld gibt es meist nicht.

„Bis jetzt haben die Richter immer damit argumentiert, dass bei Karnevalsumzügen traditionell mit Süßigkeiten geworfen werde. Also müsse sich jeder Teilnehmer darauf einstellen“, sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. Wer zuschaut muss also damit rechnen, dass er auch mal von einem Gegenstand getroffen wird.

Veranstalter eines Karnevalsumzugs können nicht für alle denkbaren Risiken verantwortlich gemacht werden.

Veranstalter von Karnevalsumzügen müssen auch nicht gegen jeden nur denkbaren Unfall Vorsorge treffen. So zog eine Frau vor Gericht, die im Jahr 2011 in Mainz von einem Festwagen verletzt wurde. Sie klagte auf Schmerzensgeld – allerdings vergeblich. Das Oberlandesgericht Koblenz stellte fest, dass eine „lückenlose Überwachung zum Ausschluss jeglichen Risikos für Umzugsteilnehmer und Zuschauer nicht geschuldet“ sei. Veranstalter müssten aber dafür sorgen, dass Zuschauer nicht zu dicht an die Umzugswagen heran kommen könnten (Az.: 3 U 985/13).

Gehör kaputt durch Lärm – werde ich entschädigt?

Außerdem muss jeder Zuschauer des Rosenmontagszugs einen gewissen Lärmpegel hinnehmen. Wer beispielsweise durch einen Schuss aus der Konfettikanone ein Knalltrauma erleidet, kann nicht den Veranstalter dafür verantwortlich machen. Denn gegen laute Geräusche beim Rosenmontagszug müssen sich, die Zuschauer selbst schützen, urteilte das Landgericht Trier (Az.: 1 S 18/01).

Wer anderen einen Schaden zufügt, indem er mit seiner Zigarette ein Loch in ein teures Kostüm brennt oder seinen Rotwein versehentlich auf dem Teppich des Gastgebers verschüttet, dem hilft die Privathaftpflichtversicherung.

Doch nicht nur Sachschäden können die Folge närrischer Fröhlichkeit sein. Auch Personenschäden gibt es bei den Rosenmontagsumzügen und Karnevalsfeiern häufig. „Kommt jemand durch mein Verschulden zu Fall und verletzt sich schwer, müsste ich ohne entsprechenden Versicherungsschutz aus eigener Tasche lebenslang eine Rente zahlen“, erläutert Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Die Haftpflichtversicherung ist deshalb unverzichtbar.

Im schlimmsten Fall kann eine alkoholträchtige Feier auch mit einer Schlägerei enden. Richter erkennen häufig einen „Vorsatz“ in einer Prügelei. Für Schäden, die anderen Personen durch Gewalt zugefügt werden, muss dann weder die Privathaftpflichtversicherung noch eine andere Versicherung aufkommen. Der Prügelnde haftet mit seinem Privatvermögen für den Schaden.

Karnevalsfeiern verleiten zu überhöhtem Alkoholkonsum. Doch Vorsicht, wenn es um die Heimfahrt geht. Boss warnt: „Alkohol am Steuer kostet nicht nur den Führerschein, sondern auch den Versicherungsschutz!“ Passiert dem alkoholisierten Karnevalisten am Steuer ein Unfall, reguliert der Kfz-Versicherer zwar den Schaden des anderen Geschädigten, beruft sich aber auf die Trunkenheitsklausel. Nach der kann er den Fahrer mit bis zu 5000 Euro zur Kasse bitten.

Zudem muss der Versicherungsnehmer damit rechnen, dass er seinen eigenen Kasko-Versicherungsschutz verliert oder die Versicherung nur einen Teil des eigenen Schadens übernimmt. Bei absoluter Fahruntüchtigkeit muss die Vollkaskoversicherung nach aktueller Rechtsprechung sogar gar nichts zahlen.

Kommt man beim Rangeln um die besten Plätze bei den Rosenmontagsumzügen in der Menschenmenge zu schaden, ist eine Unfallversicherung sinnvoll, besser noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Unfallversicherung leistet im Falle einer bleibenden Invalidität, entweder mit einer Einmalzahlung oder einer Rente. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt ebenfalls eine Rente, wenn der Verunglückte seinen Beruf dauerhaft nicht mehr ausüben kann.

Halbnackt unterwegs: Wie sexy darf mein Kostüm sein?

Von der sexy Krankenschwester bis zum Riesen-Teddy ist alles erlaubt. Ein paar Grenzen sind den Närrinnen und Narren bei der Kostümwahl aber dennoch gesetzt: „Die Verkleidung darf kein öffentliches Ärgernis erregen“, erklärt Rechtsanwältin Pamela Klein, Partneranwältin von Roland Rechtsschutz . „Nimmt das Kostüm exhibitionistische Züge an oder provoziert zu stark, drohen mitunter rechtliche Konsequenzen – wie ein Bußgeld oder eine Anzeige.“

So sexy wie hier dürfen sich Kostümierte nicht überall zeigen.

Auch Jecken, die den Heimweg mit dem Auto antreten, sollten ihr Kostüm sorgfältig auswählen. Denn nicht nur der Fahrer, auch die Verkleidung muss „fahrtauglich“ sein. „Von Masken und ausladenden Kopfbedeckungen, die die Sicht beim Fahren stören, ist dringend abzuraten.“ Bis zu 40 Euro Bußgeld werden fällig, wenn sich der Jeck mit Ritterhelm oder Gruselmaske hinters Steuer setzt.

Schlips abgeschnitten: Muss ich Schadenersatz zahlen?

Und auch bei einer anderen Karnevalstradition ist Vorsicht geboten: Wer an Weiberfastnacht fremde Krawattenspitzen abschneidet, kann von den schlipsgeschädigten Herren auf Schadenersatz verklagt werden. „Also besser nachfragen, bevor die Schere zum Einsatz kommt“, rät Anwältin Klein. Mit einem anschließenden „Bützje“, also einem Küsschen, verschmerzen die meisten Herren die kurze Krawatte etwas leichter.

Keine Toilette weit und breit: Ist Wildpinkeln erlaubt?

Wer viel trinkt, muss sich auch öfter erleichtern. Doch bitte nicht in der Öffentlichkeit, denn das kann teuer werden, erinnert Rechtsanwalt Christian Solmecke: Laut Gesetz stellt das öffentliche Urinieren eine Erregung des öffentlichen Ärgernisses dar. Dafür kann ein Ordnungsgeld von bis zu 100 Euro erhoben werden.

Wie laut Mieter am Karneval zu Hause feiern dürfen und was für Kneipen-Anwohner gilt

Laut zu Hause feiern geht nicht ewig: Ab 22 Uhr müssen Mieter die Musik leiser stellen.

Dürfen Mieter an Karneval lautstark feiern?

Auch in der Karnevalszeit gilt nach Angaben des Deutschen Mieterbundes der Mietvertrag. Das heißt: Spätestens ab 22 Uhr muss die Musik leiser gestellt werden. Allerdings gibt es in den Karnevalshochburgen oft Ausnahmen. Fünf wichtige Urteile im Überblick:

Nachtruhe

Lärmbeeinträchtigungen beim Kölner Karneval, insbesondere in der Nacht von Rosenmontag auf Karnevalsdienstag, sind seit Jahrzehnten üblich und müssen akzeptiert werden. Es ist zweifelhaft, ob es in dieser Zeit überhaupt Nachtruhe gibt, befand das Amtsgericht Köln (Az.: 532 OWI 183/96).

Musik

Geräuscheinflüsse von Karnevalsmusik wirken bei Vergleichsmessungen nicht so störend wie Disco und Technomusik in Wohnungen in der Nachbarschaft und sind deshalb eher erlaubt. Das entschied das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 5 U 279/01).

Wer in der Nähe einer Kneipe wohnt, muss zum Karneval besonders tolerant sein. Zwar haben Karnevalsmuffel auch in der tollen Zeit das Recht auf Nachtruhe. In der Praxis ist das Ordnungsamt an den tollen Tagen auf anderen Baustellen unterwegs. Schlaflose Nachbarn von Gastwirten werden hinten angestellt – somit wird ihnen mehr Toleranz abverlangt.

„Die Erfahrung zeigt, dass an den tollen Tagen nicht immer ausreichend Einsatzkräfte zur Verfügung stehen“, sagt Cornel Hüsch. Der Rechtsanwalt ist Mitglied in der Landesgruppe NRW der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Er rät deshalb, die Ruhestörer direkt anzusprechen. „Eine freundliche Erinnerung aus dem Fenster an die Jecken bringt wahrscheinlich mehr als ein Anruf bei der Polizei.“

Gefahren

Wer im Karneval Massenveranstaltungen mit entsprechendem Alkoholkonsum besucht, muss darauf gefasst sein, dass sich auf Fluren und Treppen Getränkereste befinden. Bei einem Sturz hat er dann keine Schadensersatzansprüche, entschied das Oberlandesgericht Köln (Az.: 19 U 7/02).

Parken

Stellt der Mieter trotz Verbot an den Karnevalstagen sein Fahrzeug auf einer Hoffläche vor den Garagen ab, kann der Vermieter kein Unterlassen durchsetzen, da Beeinträchtigungen außerhalb des Karnevals nicht drohen. Karneval ist eine Ausnahmesituation, befand das Amtsgericht Brühl (Az.: 23 C 193/96).

Karnevalsparty

Auch in der Karnevalszeit gilt: Es gibt kein Gewohnheitsrecht, wonach Mieter einmal im Monat oder dreimal im Jahr lautstark Feste feiern dürfen, befand das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 5 Ss (OWi) 475/89).

Vorsicht bei zu viel Alkohol – welche Grenzen in der Straßenbahn und am Steuer gelten

Ein Jeck unter 18 Jahren darf keinen Schnaps trinken.

Darf ich in Bus und Bahn Alkohol trinken?

„Hoch die Tassen!“ Alkoholische Getränke gehören zu Karneval wie rote Clownsnasen und bunte Luftschlangen. Trotzdem sollten Karnevalisten ihre Grenzen kennen, auch die gesetzlichen. Ob sich Jecken bereits auf dem Weg zur Party in Bus oder Bahn ein Bier gönnen dürfen, entscheiden die jeweiligen Verkehrsbetriebe. In Köln ist der Konsum alkoholischer Getränke auf den Bahnsteigen der U-Bahn verboten, es kann ein Bußgeld von 40 Euro geben. In den Bussen und Stadtbahnen auf Linien der KVB ist der Konsum von Alkohol bereits durch das allgemeine Ess- und Trinkverbot untersagt.

Noch heikler wird es, wenn jugendliche Karnevalisten über die Stränge schlagen. „Gastwirte dürfen Bier und Wein grundsätzlich nur an Personen über 16 Jahre ausschenken“, betont die Anwältin. Geht ein Schnaps über die Theke, muss der Jeck auf der anderen Seite sogar über 18 Jahre alt sein.

Mit wie viel Promille darf ich noch ans Steuer?

Wer alkoholbedingt Fahrfehler begeht oder sogar einen Unfall baut, der muss nicht nur mit einem Strafverfahren rechnen. Die Polizei kann ihr oder ihm außerdem den Führerschein abnehmen. „Ein Führerscheinentzug gilt für mindestens neun Monate“, sagt Rechtsanwalt Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Außerdem müsse der Unfallverursacher mindestens drei Monatsgehälter als Geldstrafe zahlen.

Am Steuer haben betrunkene Feiernde nichts verloren.

Ab 0,5 Promille ist der Lappen auch ohne einen Unfall für einen Monat weg. Außerdem kann diese Promillezahl für den Fahrer teuer werden: Es drohen eine Geldstrafe von mindestens 500 Euro und vier Punkte in Flensburg. Absolut fahruntüchtig gilt jemand mit einem Alkoholpegel von 1,1 Promille.

Wer so betrunken Auto fährt, muss mit dem Entzug des Führerscheins rechnen. Ebenso mit bis zu sieben Punkten und einer Geldstrafe von bis zu 3000 Euro, manchmal sogar einer Freiheitsstrafe. Eine Null-Promille-Grenze gilt für Fahranfänger. Als Fahranfänger gelten Menschen noch zwei Jahre, nachdem sie den Führerschein bekommen haben.

Besondere Vorsicht ist auch am nächsten Tag geboten, wenn man noch verkatert ist und ins Auto steigt. „Wenn jemand mit Restalkohol im Blut Auto fährt, dann kann das auch dazu führen, dass er nicht mehr sicher fahren kann“, sagt Rechtsanwalt Jörg Elsner aus Hagen. „Wird er dann in einem Unfall verwickelt und als Mitursache wird die Alkoholisierung festgestellt, wird er bestraft.“ (gs/mit Material von dpa)

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