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Fall Heinz HoenigSo ist im Notfall die Krankenversicherung geregelt

Lesezeit 3 Minuten
Schauspieler Heinz Hoenig ist nicht krankenversichert.

Schauspieler Heinz Hoenig ist nicht krankenversichert.

Der Fall Heinz Hoenig bewegt. Aber: wie kann es sein, dass jemand in einem Land wie Deutschland nicht krankenversichert ist? Wir hören nach.

Der Fall des schwer erkrankten Schauspielers Heinz Hoenig (72), der nicht krankenversichert ist und dessen Operation jetzt mithilfe von Spenden alter Weggefährten bezahlt werden soll, beschäftigt unsere Leserinnen und Leser. Wie kann es sein, dass jemand in einem Land wie Deutschland nicht krankenversichert ist, obwohl es eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherungspflicht gibt?

Heinz Hoenig war privat krankenversichert, musste 2021 Privatinsolvenz anmelden. Schicksalsschläge und Schulden sind häufig Gründe, warum Versicherte ihre Beiträge an die privaten Krankenversicherungen nicht mehr zahlen können. Hoenigs Frau Annika Kärsten-Hoenig erklärte dem Nachrichtensender n-tv, dass sie seit 2021 ohne Erfolg versucht habe, ihren Mann wieder in einer Krankenkasse unterzubekommen.

Warum ist jemand nicht versichert?

Vor 2009 bestand in Deutschland keine Versicherungspflicht. Selbstständige konnten beispielsweise selbst entscheiden, ob sie sich versichern wollten oder nicht – mit teilweise erheblichen finanziellen Folgen, wenn größere medizinische Eingriffe oder ähnliches anstand, aber keine entsprechenden Rücklagen vorhanden waren. Auch Personen, die zeitweise ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt hatten, konnten aus der Krankenversicherung rausfallen. Heute sind häufig Menschen betroffen, die Beitragsschulden haben, keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, obdachlos sind oder sich illegal in Deutschland aufhalten.

Welche rechtlichen Grundlagen gelten aktuell?

Um die Grundversorgung im Krankheitsfall zu sichern, hat der Gesetzgeber 2009 die Krankenversicherungspflicht eingeführt. Jede Person, die in Deutschland ihren Wohnsitz angemeldet hat, muss demnach krankenversichert sein – gesetzlich, freiwillig gesetzlich oder privat. Dies gilt auch für die gesetzlich vertretenen Personen wie zum Beispiel die eigenen Kinder.

Was passiert, wenn Versicherte nicht zahlen können?

Die Krankenversicherungspflicht gilt auch im Falle des Bezugs von Bürgergeld. Wer als Arbeitnehmer in einer gesetzlichen Krankversicherung gemeldet war, dessen Beiträge werden vom Jobcenter übernommen. Bei den privaten Krankenversicherungen gilt seit 2013 der so genannte Notlagentarif. Er beschränkt die Leistungen auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie auf Schwangerschaft, Entbindung und Mutterschaft. Chronische Erkrankungen fallen in diesen Tarif nur, wenn sie unbehandelt absehbar zu einer akuten Gefährdung führen. Die Versicherungsgesellschaften stufen Versicherte automatisch in den Notlagentarif um, wenn sie mit mindestens zwei Monatsbeiträgen im Rückstand sind und auch nach der zweiten Mahnung nicht alle Schulden begleichen. Der monatliche Beitrag für den Notlagentarif liegt bei 100 bis 120 Euro. Das hängt auch davon ab, inwieweit frühere Altersrückstellungen angerechnet werden können. Ende 2021 befanden sich laut PKV-Verband 83 500 Personen im Notlagentarif.

Was sollten Betroffene in einer Notlage tun?

Versicherte, die ihre Beiträge nicht zahlen können, sollten schnellstmöglich Kontakt mit ihrer Krankenkasse aufnehmen, um mögliche Lösungen oder Beitragsreduzierungen, Kulanzen oder Stundungen zu besprechen. Wer länger nicht eingezahlt hat, sollte sich an die Krankenkasse wenden, bei der er zuletzt versichert war.

Kommt Hilfebedürftigkeit in Betracht, sollten Betroffene einen Antrag beim zuständigen Sozialhilfeträger stellen und bei ihrer Versicherung schnellstmöglich die festgestellte Hilfebedürftigkeit nachweisen. Die Sozialhilfeträger kommen dann für die Beiträge der Krankenversicherung auf.

Wie viele Menschen haben in Deutschland keinen Schutz?

Das Statistische Bundesamt hat zuletzt 2020 Zahlen veröffentlicht (erhoben: 2019). Demnach gab es 61 000 Menschen in Deutschland, die keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher, im sechsstelligen Bereich liegen, mutmaßt die Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“, die sich um Nichtversicherte, Asylsuchende oder Menschen in prekären Jobs kümmert, die nicht ausreichend versichert oder gar nicht in einer Versicherung gemeldet sind.