Lild kündigte an, die Preise für Ersatzprodukte an die von Fleisch anzupassen. Häufig kosten sie noch mehr – das hat mehrere Gründe.
Vegane Schnitzel oder FrikadellenExperte erklärt, warum Ersatzprodukte häufig teurer als Fleisch sind
Warum sind vegane und vegetarische Ersatzprodukte häufig teurer als ihre Vorbilder aus Fleisch? Man könnte doch meinen, die Herstellung pflanzlicher Nahrung sei weniger aufwändig, schließlich muss eine Sojaschote nicht gefüttert werden. Frank Waskow, Experte für Lebensmittelhandel der Verbraucherzentrale NRW, erklärt, wie die mitunter teuren Preise zustande kommen. Und was die jüngste Ankündigung von Lidl, die eigenen Alternativprodukte günstiger anzubieten, für den Markt bedeutet.
Hinter Fleischersatz stehen hohe Entwicklungskosten und viel Marketing
Frank Waskow führt für die hohe Bepreisung von Fleischersatzprodukten mehrere Gründe an. Erstens und vielleicht am entscheidendsten: Diese Produkte sind insgesamt noch relativ neu. „Um überhaupt am Markt erfolgreich zu sein, haben sie überproportional viele Marketing- und Werbeausgaben“, sagt Waskow unserer Zeitung. Soll heißen, das Schweineschnitzel ist ganz anders in der deutschen Küche verankert, als seine vegetarische oder vegane Alternative. Also investieren Hersteller mehr in Werbung, um das Produkt überhaupt bekannt zu machen.
Zweitens: Hinter den Fleischalternativen steht meistens eine sehr aufwändige Produktentwicklung. „Es ist nicht einfach damit getan ist, das Produkt herzustellen“, erklärt Waskow, „denn das muss ja – gerade wenn es ein Ersatzprodukt ist – mit den Verzehrgewohnheiten der Verbraucherinnen und Verbraucher übereinstimmen.“ Das müsse in der Konzeption des imitierenden Nahrungsmittels berücksichtigt werden und könne komplizierter sein, als ein komplett neues Produkt zu entwickeln. „Wenn ich ein Ersatzprodukt kaufe, stelle ich weitgehend ähnliche Anforderungen an Konsistenz, Geschmack, Geruch, Aussehen“, so der Lebensmittelhandel-Experte.
Hohe Fixkosten bei kleiner Produktion verteuern Preise für Fleischersatz
Dem gegenüber steht Grund Nummer drei: Die Ersatzprodukte werden noch nicht in so großen Mengen produziert. „Von den echten Produkten wird in der Regel deutlich mehr produziert“, sagt Waskow. „Wenn man das betriebswirtschaftlich ausdrückt, heißt das, es gibt einen deutlichen Unterschied in den Fixkosten zum herkömmlichen Produkt.“ Wenn sich die Fixkosten in kleineren Produktionszahlen weniger „verteilen“ können, so beschriebt es Waskow, dann werde das Produkt am Ende teurer.
Hinzukommt aber auch ein weniger überraschender Grund: Ersatzprodukte sind einfach angesagt. „Ein Teil der Händler und Hersteller nutzt die Chance, dass Produkte im Trend sind. Und das sind vegetarische und vegane Erzeugnisse eindeutig“, sagt Waskow. „Da ist dann mehr aufzuschlagen als bei einem konventionellen Produkt.“
Einen Schritt in die andere Richtung machte Lidl jüngst. Der Discounter kündigte an, die Preise der veganen Eigenmarke an vergleichbare tierische Produkte anzupassen. Damit sollen gezielt Flexitarier angesprochen werden, die ihren Fleischkonsum reduzieren, aber nicht aufgeben wollen. Damit nehme man den Kunden das Hemmnis, so Waskow, „weil die Ersatzprodukte ja teurer sind, zucken vielleicht viele Verbraucherinnen und Verbraucher zurück.“ Und es sei davon auszugehen, je mehr Menschen die Ersatzprodukte kaufen, desto günstiger werden sie auf lange Sicht.
Fleischersatz boomt: Kampf um zukünftige Marktanteile
Damit übt der Discounter Druck auf die gesamte Branche aus. „Es scheint gerade ein Kampf um zukünftige Marktanteile zu geben“, sagt der Experte der Verbraucherzentrale. Weitere Ankündigungen, das Fleischangebot zu reduzieren, auf Alternativen zu setzen, vegane und vegetarische Produkte auf den Markt zu bringen, häuften sich in der letzten Zeit. Werde das Angebot von Lidl richtig gut angenommen, könnten sich die anderen laut Waskow nicht entziehen, auch ihre Produkte günstiger anzubieten. Der Experte gibt außerdem zu bedenken, dass nicht allein der kaufmännische Blick den Erfolg eines Produkts bestimme, direkt hinter dem Preis folge der Geschmack.
Bei Milchersatz in Form von Pflanzendrinks näherten sich die Preise – von einigen Markenprodukten abgesehen – bereits dem von Kuhmilch an, beobachtet Frank Waskow. Allerdings gilt für Pflanzendrinks die Mehrwertsteuer von 19 Prozent, während Kuhmilch mit nur 7 Prozent besteuert wird. Das treibe den Preis für Haferdrinks und Co. hoch. Eine Reduktion der Steuern wird immer wieder diskutiert, allerdings sei bei einer Umstellung nicht garantiert, ob Hersteller und Händler den Preisnachlass auch an die Verbrauchenden weitergeben.