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GeldanlageNeuer Fonds ermöglicht Investment in europäische Rüstung

Lesezeit 3 Minuten
Der WisdomTree Europe Defence ETF – der Exchange Traded Funds (ETF) investiert gezielt in europäische Rüstungsunternehmen.

Der WisdomTree Europe Defence ETF – der Exchange Traded Funds (ETF) investiert gezielt in europäische Rüstungsunternehmen.

Europa rüstet auf – nicht nur militärisch, sondern auch an der Börse. Wir werfen einen Blick auf die Anlagemöglichkeiten und deren Risiken und Chancen.

Bislang war der Zugang für Privatanleger zur Rüstungsindustrie nur durch ein Investment in Einzelaktien oder in US-Fonds möglich. Doch nach der Kehrtwende der Trump-Regierung in der Außenpolitik ist die Nachfrage nach Alternativen gestiegen.

Seit wenigen Tagen gibt es eine: den WisdomTree Europe Defence ETF – der Exchange Traded Funds (ETF) investiert gezielt in europäische Rüstungsunternehmen. Unter dem Slogan „In die Umgestaltung der europäischen Verteidigung investieren“ wirbt der britische Vermögensverwalter Wisdom Tree mit Sitz in London für die Geldanlage. Doch ist er wirklich sinnvoll? Und worauf sollten Anleger beim Thema Rüstung achten?

Neben Sicherheit geht es auch um technologische Souveränität

Dass Rüstung nicht nur mit Verteidigung zu tun hat, sondern auch mit wirtschaftlichem Wachstum, betonte kürzlich Ökonom Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Demnach könnten Verteidigungsinvestitionen „mit einem Hebel von bis zu 150 Prozent auf die deutsche Wirtschaftsleistung durchschlagen“, erklärt Investmentexperte Christian Röhl. Es geht also nicht nur um Sicherheit, sondern auch um technologische Souveränität.

Rüstung ist aus Investment-Sicht auch abseits ethischer Erwägungen ein schwieriges Thema.
Christian Röhl, Investmentexperte

Ein Beispiel: „Nehmen wir die Aufrüstung der Luftwaffe: Unsere Wirtschaft würde kaum wachsen, wenn lediglich die Produkte und Technologien von US-Rüstungsunternehmen gekauft werden. Dazu wären wir dann technologisch nicht unabhängig“, warnt Röhl. Wenn Deutschland aber auf eigene Avionik- oder Drohnen-Technologien setzt, steigt die Souveränität.

Bisher standen Anlegern sechs ETFs auf internationale Rüstungsaktien zur Verfügung – mit teils großen Unterschieden. Einige Fonds kombinieren Rüstung mit Nachhaltigkeitskriterien und schließen manche Waffenhersteller wie Rheinmetall oder Lockheed Martin aus. Nun gibt es mit dem WisdomTree Europe Defence ETF erstmals einen Fonds, der sich rein auf europäische Unternehmen konzentriert.

Immense Investitionen stehen an

Die Marktkapitalisierung, also der Börsenwert der europäischen Rüstungsbranche, liege laut Röhl bei rund 400 Milliarden Dollar. Allerdings ist die Entwicklung der Rüstungsindustrie schwer berechenbar und damit ist auch die Rendite eines entsprechenden Fonds wenig vorhersehbar.

„Es geht um immense Investitionen, die aber zunächst bestätigt werden müssen. Es braucht eine Strategie, und dann müssen Systeme konzipiert, Fabriken errichtet und Personalstrukturen aufgebaut werden“, erklärt Röhl. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rechnet damit, dass der Aufbau einer souveränen europäischen Rüstungsindustrie etwa zehn Jahre dauern wird.

Der neue ETF ist stark konzentriert: Nur 20 Aktien sind enthalten, die fünf größten (Rheinmetall, Leonardo, Saab, BAe Systems und Thales) machen knapp zwei Drittel des Fondsvolumens aus. „Insofern ist der ETF quasi eine Paketlösung als Alternative zum Direktkauf der einzelnen Aktien“, so Röhl.

Die Kurse europäischer Rüstungsunternehmen steigen bereits seit Monaten. Der Markt antizipiert das wirtschaftliche Potenzial der neuen Sicherheitsarchitektur – doch derlei Momentum-Investments bergen immer auch Risiken. „Das damit verbundene wirtschaftliche Potenzial wird bereits von der Börse eingepreist, deswegen steigen die Kurse“, warnt der Investmentexperte.

Abgeworbene Fachkräfte könnten in anderen Branchen fehlen

Ein anderer Aspekt: Die europäische Rüstungsindustrie könnte langfristig auch Arbeitsplätze aus anderen Branchen abziehen. „Der Rüstungsbereich wird immens Geld und Fachkräfte anziehen, vor allem Ingenieure. Das ist die positive Sicht. Die negative Sicht: Die Rüstungsindustrie zieht eventuell so viele Fachkräfte aus anderen Branchen ab, dass die Entwicklungen dort nicht mehr weitergehen.“

Rüstungsaktien sind kein klassisches Buy-and-Hold-Investment wie ein breitgestreuter weltweiter ETF. „Rüstung ist aus Investment-Sicht auch abseits ethischer Erwägungen ein schwieriges Thema.“ Deie Nachfrage hängt stark von politischen Entscheidungen ab und weniger vom Verbraucherwillen. „Anleger brauchen einen langen Atem“, betont Röhl.

Als Beimischung in einer Core-Satellite-Strategie, also zu risikoarmen Kernanlagen und renditestarke Einzelinvestments, kann er sinnvoll sein. So würde der neue ETF europäische Sicherheits- und Verteidigungsunternehmen im Depot bündeln. Doch ein politischer Kurswechsel könnte den Sektor ebenso schnell einbremsen, wie er ihn zuletzt befeuert hat.