Bettwanzen in der Wohnung müssen vom Kammerjäger entfernt werden. Wer das zahlt, ist klar geregelt, weiß Rechtsanwalt Christian Solmecke.
Befall in der MietwohnungWer muss für die Beseitigung von Bettwanzen zahlen?
Früher tummelten sie sich hauptsächlich in Hotels oder auf dem Jakobsweg, inzwischen verursachen sie sogar Panik in Paris: Bettwanzen! Sind sie erst einmal im Haus, treiben sie die Bewohner in den Wahnsinn. Sie sind kaum totzukriegen, meist schaffen das nur Kammerjäger. Doch wer trägt die finanzielle Last für die Beseitigung – der Mieter oder der Vermieter?
Grundsätzlich obliegt es im Mietrecht dem Vermieter, eine mängelfreie Wohnung zu übergeben. Das bedeutet: Wird ein Mangel wie Schädlingsbefall direkt nach dem Einzug festgestellt, liegt die Verantwortung für die Beseitigung fast immer beim Vermieter. Dem Mieter wiederum obliegt die Pflicht, die Mietsache pfleglich zu behandeln und Schäden zu vermeiden, die über die normale Abnutzung hinausgehen. Damit könnte man meinen, der Mieter würde für eingeschleppte Bettwanzen haften.
Es kam lange auf den Zeitpunkt des Befalls an
Bis zum Jahr 2021 wurde tatsächlich so entschieden. War der Mieter der Verursacher, musste er für die Schädlingsbekämpfung aufkommen. Bei unmöblierten und frisch renovierten Wohnungen könne in aller Regel davon ausgegangen werden, dass der Mieter für den Befall verantwortlich ist, befand das Landgericht Hamburg (Urteil vom 04.07.2000, Az. 307 S 17/00). So entschied auch 2017 das Amtsgericht Berlin-Neukölln (Urteil vom 08.03.2017, Az. 16 C 395/16): Der Befall mit Bettwanzen liege im Gefahrenbereich des Mieters – gerade, wenn er schon längere Zeit in der Wohnung wohnt. Daher müsse er die Kosten tragen, wenn er die Parasiten durch Reisegepäck oder Möbel in die Wohnung gebracht hat.
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Doch das Blatt hat sich gewendet. Das Amtsgericht Stuttgart entschied im Jahr 2021, dass der Vermieter auch dann für die Beseitigung des Problems verantwortlich ist, wenn der Mieter die Wanzen durch alltägliche Handlungen wie das Mitbringen von Taschen und Einkäufen versehentlich in die Wohnung eingeschleppt hat (Urteil vom 30.03.2021, Az. 35 C 5509/19). Denn so etwas gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gemäß Paragraf 538 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und sei unvermeidbar. Dem Mieter wurde sogar eine 60-prozentige Mietminderung zugesprochen.
Ähnlich entschied das Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 21.06.2021, Az. 33 C 1888/21): Der Vermieter sei für die Beseitigung der Insekten verantwortlich – es sei denn, der Mieter hätte den Befall selbst verursacht. Das sei im konkreten Fall aber nicht gegeben gewesen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach sei der Befall durch Besuche bei der pflegebedürftigen Nachbarin passiert. Diese könnten der Mieterin aber nicht vorgeworfen werden. Der Vermieter musste hier sogar die Kosten für eine Ersatzunterkunft und die Reinigung der Haushaltsgegenstände tragen.
Verantwortung liegt beim Vermieter
Nach den neueren Urteilen liegt die Verantwortung also in erster Linie beim Vermieter, zumindest bei vertragsgemäßem Gebrauch der Wohnung durch den Mieter. Doch Vorsicht ist geboten: Da es sich nicht um höchstrichterliche Rechtsprechung handelt, könnte das nächste Amtsgericht auch wieder anders entscheiden.
Damit Mieter nicht am Ende dennoch auf den Kosten sitzenbleiben, sollten sie bei Bettwanzenbefall den Vermieter umgehend informieren, eine Frist setzen und die Miete nur unter Vorbehalt zahlen. Vernachlässigen sie dies, drohen Schadensersatzzahlungen. Die Höhe einer möglichen Mietminderung ist vom Einzelfall abhängig und sollte realistisch eingeschätzt werden – 60 Prozent, wie im Urteil des Amtsgerichts Stuttgart, kommen selten vor.
Im komplexen Wechselspiel von Realität und Rechtsprechung bleibt die Frage nach der Verantwortung bei Bettwanzenbefall weiterhin eine, die nur durch genaue Prüfung der Umstände beantwortet werden kann.
Dieser Text ist eine Folge unserer Rechtskolumne „Recht & Ordnung“. In dieser Serie schreiben Staatsanwältin Laura Neumann (Düsseldorf) sowie die Rechtsanwälte Pia Lorenz („Beck aktuell“), Martin W. Huff (ehem. Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln), Christian Solmecke (Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.Legal) und Thomas Bradler (Verbraucherzentrale NRW, Leiter Markt und Recht). In ihren Kolumnen geben sie Auskunft zu oft kniffligen Fragen des Rechts, können aber keine Rechtsberatung bieten oder in konkreten Fällen den Gang zu einem Anwalt ersetzen. Haben Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: recht-und-ordnung@kstamedien.de