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AlkoholfahrtDarum ist die Strafe auf dem E-Scooter härter als auf dem E-Bike

Lesezeit 4 Minuten
Symbolbild Alkoholfahrt E-Scooter

Eine betrunkene Fahrt mit einem E-Scooter kann eine harte Strafe zur Folge haben.

  1. In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art - und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
  2. Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
  3. Diesmal erklärt Rechtsanwalt Martin W. Huff, warum eine Alkoholfahrt mit dem E-Bike anders behandelt wird als eine mit einem E-Scooter.

Köln – Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: Der E-Scooter wird als Kraftfahrzeug angesehen. Das E-Bike hingegen wird einem Fahrrad gleichgestellt. Damit ist aber natürlich noch nicht alles geklärt – und schon gar nicht einleuchtend.

Zunächst einmal ist leider festzustellen, dass alkoholisierte Fahrer häufig sowohl mit E-Bikes als auch mit E-Scootern unterwegs sind. Immer öfter müssen Gerichte solche Fahrten strafrechtlich bewerten. Dabei geht es meistens um die Frage, ob es sich um eine Straftat nach Paragraf 316 des Strafgesetzbuchs (StGB) – Trunkenheit im Straßenverkehr – handelt oder nicht. Diese wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von einem Jahr bestraft. Zudem sieht Paragraf 69 StGB vor, dass in diesen Fällen regelmäßig die Fahrerlaubnis für mindestens sechs Monate zu entziehen ist und der Führerschein danach neu erworben werden muss. Eine Ausnahme gibt es nur bei besonderen Umständen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob es zu einem Unfall gekommen ist oder nicht. Es reicht die sogenannte absolute Fahruntüchtigkeit aus. Für Autofahrer liegt diese Grenze bei 1,1 Promille, für Radler bei 1,6 Promille.

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Martin Huff

Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. 

Foto: Uwe Weiser

Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. Er war lange Jahre Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefredakteur der Neuen Juristischen Wochenschrift, der größten Fachzeitschrift für Juristen. Er befasst sich als Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR Rechtsanwälte intensiv mit dem Medienrecht und dem Recht der Freiberufler. Er ist zudem Mitglied der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest.

Wie sind hier nun E-Scooter und E-Bikes einzustufen? Dazu gibt es durchaus unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. Mit aller Härte erwischte es einen Besucher des Oktoberfests, der im vorigen Jahr die 400 Meter von der Festwiese zu seinem Hotel mit einem E-Scooter zurücklegen wollte. Als er nach 300 Metern in eine allgemeine Polizeikontrolle geriet, wurden in seinem Blut 1,35 Promille ermittelt. Das Amtsgericht verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 55 Euro. Zudem erhielt er ein dreimonatiges Fahrverbot, bekam den Führerschein entzogen samt einer Sperre zur Wiedererteilung von sieben Monaten.

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Diese Strafe ist im Bundesvergleich durchaus saftig. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht in München erhielt das Urteil aufrecht (Beschluss vom 24.7.2020 – 205 StRR 216/20). Der E-Scooter sei nach der Definition des Straßenverkehrsgesetzes ein motorbetriebenes Fahrzeug und daher wie ein Moped oder Auto anzusehen. Für alle Fahrzeuge gilt aber die 1,1 Promille-Grenze. Die bayerischen Richter sahen hier einen erheblichen Unterschied zum E-Bike. Für diese habe der Gesetzgeber definiert, dass sie gerade keine Kraftfahrzeuge seien: Der Elektromotor leiste nur eine Unterstützung beim Treten. Dies sei etwas anderes als beim E-Scooter, der allein – ohne Zutun des Benutzers fahre. Also sei das E-Bike, so auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 14.7.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20), strafrechtlich eben nicht als Kraftfahrzeug einzustufen, so dass hier für die Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit die gesetzlich festgelegte Grenze von 1,6 Promille anzunehmen ist.

Die Ungleichbehandlung ist nicht nachzuvollziehen

Wenn Sie mich fragen: So richtig einzusehen ist diese Unterscheidung nicht. Beide Gefährte, E-Bike und E-Scooter, kommen auf ein beachtliches Tempo und stellen daher eine erhebliche Gefahr dar, wenn jemand betrunken mit ihnen unterwegs ist. Die von den Gerichten angeführten technischen Unterschiede kommen mir demgegenüber eher marginal vor. Denn beim E-Bike stoppt die Motorunterstützung, sobald man nicht mehr tritt. Der E-Scooter stoppt, sobald man man den Fahrhebel nicht mehr betätigt, wenn man also zum Beispiel hinfällt.

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Haben auch Sie eine Frage an unsere Experten? Schreiben Sie per Mail an:

recht-und-ordnung@dumont.deoder per Post an:„Kölner Stadt-Anzeiger“z.Hd. Joachim FrankStichwort „Recht und Ordnung“Neven DuMont Haus, 50590 Köln.

Bei beiden Fahrzeugen sind die Gefahren einer Fahrt unter Alkoholeinfluss meines Erachtens deutlich höher als beim „normalen“ Fahrrad. Und beim Entzug der Fahrerlaubnis ist die Ungleichbehandlung dann überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen: Der E-Biker darf seinen Führerschein behalten, der Fahrer des E-Scooters muss ihn neu erwerben. Eine gerechtere Regelung wäre hier gut.