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„Sandige Töne geben Halt, Grün beruhigt“Wie Farben in Corona-Zeiten glücklich machen

Lesezeit 9 Minuten
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Gelb gilt weltweit als die fröhlichste Farbe. 

Farben beeinflussen nicht nur unser Glücksgefühl und Wohlbefinden, sie sind überlebenswichtig, sagt Axel Buether. Der Professor für Kommunikation und Autor des Buches "Die Macht der Farben" erklärt, was dabei in unserem Körper passiert und welche Farben uns in Corona-Zeiten positiv und optimistisch stimmen.

Können Farben glücklich machen?

Dass Farben einen großen Einfluss auf unsere Seele und unseren Körper haben, bewegt seit Jahrhunderten Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler und ist inzwischen vielfach erforscht und bewiesen. Sie ziehen uns an oder stoßen uns ab, beruhigen, warnen uns – machen uns glücklich und helfen uns sogar zu gesunden.

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Farb-Profi Professor Dr. Axel Buether

„Wir sind umgeben von Farben und ihre Wirkung auf uns ist unmittelbar“, sagt der Professor für Didaktik der visuellen Kommunikation, Axel Buether. Viel mehr noch: „Wir brauchen sie zum Überleben.“ Hätten Farben diese biologische Funktionen nicht, würden wir sie gar nicht erst sehen.

Farben sind überlebenswichtig

Der Farb-Forscher Axel Buether hat sieben überlebenswichtige Funktionen der Farben ermittelt – demnach dienen Farben der Orientierung, Gesundheit, Warnung, Tarnung, Werbung, als Statussymbol und Mittel der Verständigung. Axel Buether: „Wir orientieren uns an Farben, identifizieren uns mit ihnen, ernähren uns nach Farben, werben durch oder verstecken uns hinter Farben.“ Kurz: Farben sind ein Kommunikationsmittel wie die Sprache, unsere Verbindung zur Welt, oder wie Buether sagt: „Sie sind ein Medium, das unsere innere Welt, also Erinnerungen, Gedanken und Emotionen mit der äußeren Welt verknüpft.“

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Rosa ist sinnlich, aber auch positiv stimmend.

Das passiert im Gehirn beim Farbensehen

Farben sind zunächst einmal Sinneseindrücke, die entstehen, wenn Licht auf die Netzhaut der Augen fällt. „Der Aufwand, den unser Gehirn fürs Farbensehen leistet, ist extrem hoch. Es verbraucht etwa 60 Prozent seiner Ressourcen für die Verarbeitung der Information, die es über das Licht erhält und aussendet. Bis zu 80 Prozent all unserer Wahrnehmungen ist Farbe, sie ist unser schnellstes und einflussreichstes Sinnesmedium“, sagt Buether. In Bruchteilen einer Sekunde würden gewaltige Datenmengen von bis zu 240 Megabit zwischen Auge und Gehirn ausgetauscht – „ein Breitband-Anschluss wäre damit komplett ausgelastet.“

Buchtipp

Buether Buch

Die Macht der Farben

„Die geheimnisvolle Macht der Farben“ von Professor Dr. Axel Buether ist im Mai 2020 im Droemer Verlag erschienen. Deutschlands führender Farbexperte geht darin auf 320 Seiten dem Geheimnis der Farben auf den Grund und beschreibt, wie Farben unser Verhalten und unser Empfinden beeinflussen.

Doch Farbe ist mehr als ein äußerer Reiz: „Wir nehmen Farben zwar zunächst nur mit den Augen wahr, dann aber mit allen Sinnen. Verantwortlich dafür sind Assoziationen, die uns mitteilen, wie etwas riecht, schmeckt, sich anfühlt oder verhält.“ Wir können die verschiedenen Farben also niemals von ihren Bedeutungen und Wirkungen trennen, denn sobald wir sie bewusst wahrnehmen, hat unser Gehirn sie längst interpretiert.

Wie Farben auf Seele und Körper wirken

Unsere Farbwahrnehmung wird von biologischer Konditionierung, psychologischen Effekten, aber auch von kultureller Prägung beeinflusst, was bedeutet, dass jeder Mensch Farben auf seine ganz persönliche Weise wahrnimmt. Axel Buether sagt: „Wir entwickeln unsere eigenen Farbpräferenzen und reagieren sehr individuell auf die Farbigkeit unserer Lebenswelt.“ Darüber hinaus habe jede Farbe eine eigene Wellenlänge und Energie, die auf uns übertragen werden kann. Diese Wirkung umfasst sowohl den Gemütszustand als auch andere wichtige Prozesse im Körper. Blaues Licht etwa wirkt kühlend und beruhigend, rotes dagegen wärmend und anregend.

Die Bedeutung der Farben

Gelb

Gelb nehmen wir optisch als hell, leuchtend und entspannt wahr. Es steht für Heiterkeit, Wärme und Optimismus aber auch für Neid, Egoismus und Geiz.

Orange

Orange wirkt optisch warm, hell und nah. Psychologisch verbinden wir mit dem Farbton Vertrauen, Lebenslust und Vitalität aber auch Oberflächlichkeit und Mut.

Rot

Rot ist optisch sehr nah, aktiv, warnend und prägnant. Es steht für Macht, Liebe, Leidenschaft und Feuer aber auch für Gefahr, Wut, Zerstörung und Zorn. In China allerdings steht Rot für Glück.

Pink

Magenta (Pink) wirkt optisch vereinigend. Psychologisch verbinden wir mit dem Farbton Weiblichkeit, Magie, Würde und Pracht aber auch Arroganz, Egozentrik, Herrschaft und Intriganz.

Violett

Violett erscheint optisch eher düster und kühl. Es steht für Leidenschaft, Mystik aber auch für Eitelkeit, Frust und Unruhe.

Grün

Grün ist ruhig und natürlich. Psychologisch verbinden wir mit dem Farbton Glück, Hoffnung, Leben, Natur, Zufriedenheit und Regeneration aber auch Unreife und Gift.

Blau

Dunkelblau wirkt je nach Farbton kühl oder leuchtend. Psychologisch verbinden wir mit dem Farbton Ruhe und Vernunft aber auch Sehnsucht, Melancholie und Kühle. Übrigens ist Blau die Lieblingsfarbe der Deutschen, dicht gefolgt von Rot.Cyan (Hellblau) ist hell, leuchtend und reizend. Es steht für Klarheit, Frische, Offenheit und Bewusstsein aber auch für Distanz und Leere.

Schwarz

Schwarz ist düster, dicht und massiv. Es steht für Unabhängigkeit aber auch für Trauer, Depression und Sorgen.

Grau

Grau wirkt je nach Farbton hell oder dunkel, unbestimmt und charakterlos. Es steht für Sachlichkeit und Nüchternheit aber auch für Eintönigkeit, Vergänglichkeit und Langeweile.

Weiß

Weiß ist hell, strahlend und blendend. Psychologisch verbinden wir mit dem Farbton Unschuld, Reinheit, Ordnung und Wissen aber auch Leere und Flucht. In Japan steht Weiß übrigens für Trauer.

Gibt es die eine, alle glücklich machende Farbe?

Wenn jeder Mensch individuell auf Farben reagiert, gibt es dann keine alle glücklich machenden Farben? „Sehr wohl“, sagt Buether. Denn neben den individuellen Unterschieden in der Farbwirkung gebe es eine Reihe von Effekten, die universell gelten. „Was uns verbindet, sind die Farben der Natur.“ Diese Farben können uns warnen, aber eben auch signalisieren, was gut für uns ist und uns damit indirekt steuern und zu den Dingen bringen, die uns gut tun – unter den blauen Himmel etwa, in den Wald oder in die Sonne.

Diese Farben beeinflussen unser Glücksempfinden

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Rot ruft Glück und Energie hervor

Apropos Sonne: Gelb gilt weltweit als fröhliche Farbe und Glückssymbol, „was auf die emotionalen Wirkungen des Sonnenlichts zurückzuführen ist“, sagt Buether. Sobald Sonnenlicht nämlich auf Haut und Augen trifft, schüttet unser Körper Endorphine aus, die nicht umsonst auch Glückshormone genannt werden, weil sie unsere Stimmung aufhellen. Eine wichtige Funktion übernimmt dabei das Serotonin, das das Wohlbefinden steigert und negative Gefühle, Angst, Mutlosigkeit und Depressionen etwa, verringert.

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Dass wir Gelb mit Glücklichsein verbinden, bestätigte auch eine Studie über den Zusammenhang von Farbe und Emotion. Die Forscher nutzten dafür einen Farbkreis, aus dem Probanden eine passende Farbe zu ihrer Stimmung wählen mussten. Menschen, denen es gut ging, wählten warme Gelbtöne, Depressiv-Verstimmte suchten sich sehr häufig ein tristes Grau aus, das den emotionalen Gegenpart zum fröhlichen Gelb bildet. „Es hängt aber auch stark von der Helligkeit, Schattierung, Tönung und auch Temperatur einer Farbe ab, wie sie uns emotional beeinflusst“, sagt Buether.

  1. Gefühle von Glück, Optimismus und Energie
  2. Fröhliche Farben
  3. Belebend anfühlen und einen wacher sein lassen

Wie Farben uns in Corona-Zeiten positiv positiv stimmen können

Wohnen: In Zeiten von Kontaktsperre, Quarantäne und Homeoffice halten wir uns in den eigenen vier Wänden wesentlich häufiger und länger auf, weshalb wir sie bewusst gestalten sollten, sprich: Abschalt- und Wohlfühlräume wie Wohn- und Schlafzimmer auch optisch vom Arbeitszimmer trennen sollten, wie Buether rät. Das Büro sollte mit kühleren, blau oder türkis abgetönten Wandfarben und tageslichtweißen Leuchtmitteln mit einer Farbtemperatur von 5300 Kelvin ausgestattet sein. „Helles, klares, bläuliches Licht fördert die Serotonin-Produktion, macht wach und fit“. Die Wohnräume sollten mit warm-weißen, rötlichen Licht versorgt sein und mindestens ein Drittel Sand- Braun- oder Grüntöne enthalten. „Ob als Holzboden, Teppich, Möbelstück oder an der Wand – Sandige Farben geben Halt; Grüntöne, aber nicht in Reinform, sondern mit einem rot-gelben Stich, beruhigen“, sagt Buether.

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Blau macht munter und aktiv.

Kochen: Schließlich sollten wir uns beim Einkaufen und Kochen von Farben leiten lassen, beziehungsweise darauf achten, worauf wir Lust haben, denn das zeige uns, was unserem Körper fehlt. „Im Winter sind Rottöne eine gute Wahl, rote Beete, Kürbis und Orangen, sie versorgen uns mit Vitaminen, die uns zu dieser Jahreszeit meist fehlen und das Immunsystem stärken.“

Gesunde Ernährung nach Farben

Grün

Essen wir grünes Obst, Gemüse, Salat, Kräuter und Algen nehmen wir Chlorophyll und Lutein auf. Der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll unterstützt die Entgiftung des Körpers von schädlichen Substanzen wie Schwermetallen und Dioxin und bindet Magnesium, was wichtig ist für den Muskelaufbau und die Nervenzellen des Gehirns. Studien bescheinigen dem grünen Pflanzenfarbstoff deshalb eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz.

Gesunde Ernährung nach Farben

GRÜN Essen wir grünes Obst, Gemüse, Salat, Kräuter und Algen nehmen wir Chlorophyll und Lutein auf. Der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll unterstützt die Entgiftung des Körpers von schädlichen Substanzen wie Schwermetallen und Dioxin und bindet Magnesium was wichtig ist für den Muskelaufbau und die Nervenzellen des Gehirns. Studien bescheinigen dem grünen Pflanzenfarbstoff deshalb eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz.

GELB/ORANGE Karotten, Kürbisse und Kartoffeln, aber auch Orangen, Zitronen und Bananen enthalten gelbe und orangefarbene Carotinoide. Diese Farbstoffe sind Antioxidantien, die zur Abwehr von Bakterien, Viren und Parasiten beitragen und das Immunsystem stärken. Sie verlangsamen die Hautalterung, fördern den Knochenaufbau und die Knochenheilung. Nehmen wir Carotinoide mit der Nahrung auf, findet im Körper eine Umwandlung zum Vitamin A statt, das er nicht selbst produzieren kann, und das sich positiv auf unsere Sehfähigkeit auswirkt. Gelbe und orange Zitrusfrüchte schützen durch den hohen Anteil an Vitamin C wirksam vor Erkältungen.

ROT Essen wir rotes Obst, Gemüse und Salat sowie Beeren, Kräuter und Gewürze, aktiviert das enthaltene Lycopin unseren Stoffwechsel. Das leistet auch der rote Farbstoff Capsanthin, der Paprika und Chilischoten ihre Farbe gibt. Der Genuss roter scharfer Würzstoffe entspannt die Blutgefäße und senkt den Blutdruck, was sowohl den Kreislauf und die Verdauung anregt als auch die Bekömmlichkeit erhöht.

BLAU/VIOLETT Anthocyane sind die häufigsten Blütenfarbstoffe und färben viele Früchte wie Kirschen, Äpfel, Erdbeeren rot und Pflaumen, Trauben und Feigen blauviolett bis schwarz. Auch Auberginen, Rote Bete und Blaukraut oder Salate wie Radicchio und Lollo Rosso verdanken ihre Farbe den Pflanzenfarbstoffe, die eine antioxidative, also entgiftende Wirkung auf den Körper haben und freie Radikale binden, was die Gefäße schützt und Entzündungen hemmt.

Rot

ROT Essen wir rotes Obst, Gemüse und Salat sowie Beeren, Kräuter und Gewürze, aktiviert das enthaltene Lycopin unseren Stoffwechsel. Das leistet auch der rote Farbstoff Capsanthin, der Paprika und Chilischoten ihre Farbe gibt. Der Genuss roter scharfer Würzstoffe entspannt die Blutgefäße und senkt den Blutdruck, was sowohl den Kreislauf und die Verdauung anregt als auch die Bekömmlichkeit erhöht.

Blau/Violett

Anthocyane sind die häufigsten Blütenfarbstoffe und färben viele Früchte wie Kirschen, Äpfel, Erdbeeren rot und Pflaumen, Trauben und Feigen blauviolett bis schwarz. Auch Auberginen, Rote Bete und Blaukraut oder Salate wie Radicchio und Lollo Rosso verdanken ihre Farbe den Pflanzenfarbstoffe, die eine antioxidative, also entgiftende Wirkung auf den Körper haben und freie Radikale binden, was die Gefäße schützt und Entzündungen hemmt.

Kleidung: „Farben sind wie Gesten, tragen Sie dieser Tage also mehr Rosa, Gelb oder Orange. Das strahlt Optimismus und gute Laune aus. Präsentieren Sie Lieblingsstücke Ihrer Frühlingsgarderobe, das gibt auch Ihren Mitmenschen etwas Positives mit und wirkt wie ein Lächeln, das man dieser Tage unter den Masken kaum noch sehen kann“, sagt Buether. Apropos Maske, auch hier sollte die Farbwahl wohl durchdacht sein. „Mit grünen oder blauen Masken verbreiten Sie Angst und Schrecken, sie erinnern an Operationssäle auch schwarz ist tabu, das erinnert an Trauer und Tod und zieht noch weiter runter“, mahnt Buether. Das A und O in dieser Zeit sei schlussendlich, dass wir uns entsprechend der Wirkung der Farben eine Umwelt suchen und gestalten, die uns gut tut. Und die ist meistens bunt.