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Von Ingo FroböseWeniger Schmerzen, mehr Beweglichkeit – 4 kleine Übungen für zuhause

Lesezeit 6 Minuten
Froböse-2-Fotot Sebastian-Bahr

Professor Ingo Froböse: „Den Abbau des Knorpels merkt man erst, wenn der Knorpel weg ist.“

Köln – Ein Leben weitgehend ohne Rückenprobleme, Gelenkschmerzen, Arthrose, Knie- und Hüftersatz wäre machbar, wenn wir noch auf allen Vieren gingen. Doch wir haben uns für den aufrechten Gang entschieden. Der ist nicht ohne – vor allem nicht ohne Probleme. „Unsere Wirbelsäule ist filigran und wie eine Kette angeordnet. Legten wir oben auf die Wirbelsäule eine zwei Kilo schwere Last, würde sie unter diesem Gewicht zusammenbrechen, so wenig stabil ist diese filigrane Konstruktion. Aber gerade weil sie so filigran ist, ermöglicht sie uns eine enorme Beweglichkeit“, sagt Professor Ingo Froböse, Gesundheitsexperte und Leiter des „Zentrum für Gesundheit“ an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Alltägliche Nachlässigkeit mit dem Körper

Bedauerlicherweise gehen viele Menschen davon aus, dass Knochen, Gelenke, Knorpel und sonstige Strukturen unseres Bewegungssystems funktionieren, ohne dass wir ihnen Pflege, Sorgfalt und Aufmerksamkeit widmen. Erst wenn es schmerzt und zwickt, Bewegungen zur Qual werden und eine Operation unumgänglich scheint, wird klar, dass dies wohl der Preis sein könnte für die alltägliche Nachlässigkeit, die man dem Körper zugemutet hat. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer seinen Muskeln, Gelenken, Knorpeln, Knochen, Sehnen das zukommen lässt, was sie brauchen, hat länger was von ihnen.

Nun könnte man der irrigen Auffassung sein, dass das eher ein Problem des Alterns und der Alten ist, die ihren in die Jahre gekommenen Bewegungsapparat nicht mehr richtig auf Trab bringen können. Dem ist leider nicht so. Ingo Froböse: „Gelenke verändern sich ab dem 20. Lebensjahr, ab dann fransen die Gelenkstrukturen um den Knorpel aus. Das ist normal und nicht besonders besorgniserregend, denn es kommt immer auf die Funktionstüchtigkeit an.“

Gelenke pflegen und bewegen

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden diese natürlichen Veränderungen Degeneration genannt. „Richtiger wäre Adaptation, also Anpassung, sprich positive oder negative Veränderung. Nutzung ist Adaption, also positive Veränderung – Nichtnutzung ist negative Adaptation. Man weiß, dass der Knorpel sich spätestens ab 50 verändert, aber wir wissen nicht, wie man den Knorpel optimal belasten könnte, damit er sich positiv weiter entwickelt. Wir wissen aber, dass die Knorpel bei einem Läufer doppelt so dick sind wie bei einem Nichtläufer.“

Damit sind nicht die Permanent-Jogger gemeint, sondern die, die ihre Gelenke pflegen und bewegen. „Wer den Knorpel nutzt, bei dem passt sich der Knorpel positiv an.“ Ein schöner und gut getränkter Knorpel, der während der Bewegung gequetscht, gewalkt und gezerrt wird, schimmert zart bläulich.

Knochenglatze tut höllisch weh

Das elastische Gewebe verabschiedet sich nicht komplett, sondern gern stellenweise, sodass der Knochen an einigen Stellen blank liegt, was man passenderweise „Knochenglatze“ nennt und höllisch weh tut. Wo Knochen auf Knochen reibt, entstehen Entzündungen. Doch selbst das schönste Gelenk und der prallste Knorpel müssen mit Gelenkflüssigkeit „geschmiert“ und ernährt werden. Auch der gut trainierte Körper eines Ingo Froböse spürt, dass „morgens alles ausgetrocknet ist und wir ein paar Minuten rumstaksen. Erst dann ist die Gelenkschmiere dünnflüssiger und es geht besser“.

Online-Veranstaltung

„Rücken und Gelenke – was sie wirklich brauchen“Donnerstag, 19. November, 19 UhrExperte im Gespräch: Prof. Dr. Ingo Froböse, Gesundheitsexperte und Leiter des „Zentrum für Gesundheit“ an der Deutschen Sporthochschule KölnModeration: Marie-Anne Schlolaut

Karten für die Online-Präsentation: 5 Euro pro Veranstaltung zzgl. VVK-Gebühren.

Die Tickets sind online buchbar unter www.forumblau-akademie.de oder telefonisch bei derTicket-Hotline von Kölnticket 0221/ 28 01

Abonnenten mit Bonuskarte melden sich bitte unter: Telefon 0221/ 28 03 44

Die Schmiere besteht zu über 90 Prozent aus Wasser und Nährstoffen und „ist quasi das Motorenöl für den Motor, denn die Schmiere, die im Gelenk und in der Gelenkkapsel produziert wird, reduziert die Reibung zwischen den Gelenkkörpern“. Nährstoffe aus Nahrungsmitteln wie fettem Fisch, Obst, Gemüse und natürlich Wasser sind das beste Futter für die Schmiere.

Professor Froböse: Jeden Morgen 10 Minuten Gymnastik

Morgens gönnt sich der Gesundheitsexperte Froböse „jeden Tag 15 bis 20 Minuten Gymnastik, um alle Gelenke zu bewegen, denn ich merke, dass ich morgens steifer bin als früher“. Auch die Sprunggelenke machen sich beim passionierten Läufer Froböse „gelegentlich bemerkbar und schmerzen schon mal“. Dabei treibt Froböse weder zu viel Sport noch den falschen Sport oder bewegt sich zu wenig. „Alle drei Dinge sind blöd.“ Es gebe „keine falschen Bewegungen im eigentlichen Sinn, sondern die Voraussetzungen stimmen nicht.“ Wer mit 100 Kilo Körpergewicht jogge, brauche eine Top-Muskulatur, um die Gelenke zu schützen. Falls die nicht vorhanden ist, sind Risiken für Knie-, Hüft- und Sprunggelenke sowie für den Rücken die Folge.

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Wenn Rückenschmerzen unerträglich werden, scheint manchmal sogar eine Versteifung unumgänglich. Froböse: „Wir können auf kein Gelenk verzichten. Deutlich wird das an der Versteifung der Wirbelsäule. Diese steife, verblockte Stelle hat zur Folge, dass die Bereiche darunter und darüber zwangsläufig bei jeder Bewegung überlastet werden. Irgendwoher muss die Beweglichkeit ja kommen. Der Eingriff ist nur sinnvoll bei extremen Schmerzen und wenn sich durch die Operation die Lebensqualität wesentlich steigern lässt.“

Gestreckter Nacken, erhobener Kopf

80 Prozent aller Rückenleiden sind jedoch dem alltäglichen Schlendrian geschuldet, was rund sieben Millionen Menschen regelmäßig zu Schmerzmitteln greifen lässt anstatt die verspannte Muskulatur zu lockern oder erschlaffte Muskeln zu stärken. Mit einer aufrechten Haltung, durchgedrücktem Brustkorb, gestrecktem Nacken und erhobenem Kopf kann jeder anfangen und erstaunt feststellen, dass das ganz schön anstrengend, aber enorm befreiend ist. Wer Herausforderungen nicht scheut, sollte sich folgende Übung vornehmen:

Halt für den Rücken

Starke Muskeln stabilisieren den Rücken. Bauch-, Oberschenkel- und Po-Muskulatur sind wichtige Partner. Kleine Übung für die Koordinationsmuskulatur: Auf einen Stuhl setzen und aus dem Sitzen mit nur einem Bein aufstehen – mal rechts, mal links. Die größte Hürde bei dieser Übung: Frust, weil es anfänglich nicht klappt.

Der kleine Hüft-Test

Rückwärts auf den Tisch legen, den Hintern an der Tischkante und die Beine hängen lassen. Wenn die Beine nicht komplett runterhängen, dann ist die Beweglichkeit der Hüftmuskeln und Faszien bereits stark eingeschränkt.

Bewegliche Schultern

Beim Schultergelenk hat die Natur etwas geschludert. Ingo Froböse erklärt das so: „Das Gelenk ist nicht ganz akkurat geformt, denn der Gelenkkopf passt nicht optimal in die Gelenkpfanne. Daher hat die Natur dort zusätzlich eine Gelenklippe installiert. Das beste Training für die Schulter sind Armkreise – täglich – , damit dem Gelenk klar gemacht wird, dass der Oberarmkopf in die Pfanne gehört. Wer die Schultermuskulatur nicht trainiert, hat meist hochstehende Schultern oder Hängeschultern. 360-Grad-Kreise der Arme sind die beste Prävention.“

Finger- und Zeh-Training:

Weil der Mensch, im Gegensatz zum Tier, sich gar nicht oder falsch reckt und streckt, und an solch kleine Körper-Extremitäten wie Finger und Zehen nicht denkt, haben wir Hammerzehen und Hallux valgus, auch Ballenzeh genannt. Froböse erklärt: „Die Gelenke sind deformiert, weil sie der Last ausweichen. Wir müssen Finger und Zehen immer in die andere Richtung dehnen, damit die Handinnenflächen, wo die Sehnen laufen, beweglich bleiben, und die Sehnenplatte der Fußsohle gestreckt und gedehnt wird“.