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Telefonaktion mit ExpertinnenInkontinenz-Betroffene gehen oft viel zu spät zum Arzt

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Rund neun Millionen Menschen sind in Deutschland von Inkontinenz betroffen.

Köln – Das Thema Inkontinenz ist für viele Menschen mit Scham behaftet. Das führt offenbar auch dazu, dass viele Betroffene die Problematik zunächst verdrängen und kaum etwas über das Thema wissen. Wie eine neue Studie im Auftrag von Ontex Healthcare Deutschland zeigte, für die rund 150 Ärzte und Ärztinnen befragt wurden, kennen sich 85 Prozent der Deutschen mit den Ursachen für Inkontinenz sowie möglichen Therapieformen wenig bis gar nicht aus. Und das obwohl rund neun Millionen Menschen in Deutschland von Inkontinenz betroffen sind. Um eine seltene Problematik handelt es sich also nicht.

Für Leserinnen und Leser: Experten am Telefon, Mittwoch, 22. Juni, 14 bis 15 Uhr

Angela Jörissen

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Leitende Oberärztin Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Evangelisches Krankenhaus Kalk, Koordinatorin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums Köln am EVKK

0221/777 003 2851

Dr. Dirk M. Forner

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Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Kalk

0221/777 003 2852

Dr. Martin Dambowy

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Oberarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Kalk

0221/777 003 2853

Dr. Henning Stöckmann

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Oberarzt Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Evangelisches Krankenhaus Kalk; Stellv. Koordinator des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums Köln am EVKK

0221/777 003 2854 

Das führt auch dazu, dass viele Betroffene mitunter viel zu spät zum Arzt gehen, wie die Ontex-Studie zeigt. Demnach holen sich 73 Prozent der Patienten erst dann ärztlichen Rat ein, wenn die Krankheit schon relativ weit fortgeschritten ist. Eine bessere Aufklärung wäre auch deshalb wichtig, weil Betroffene gerade im Anfangsstadium noch relativ einfach Gegenmaßnahmen ergreifen können. Die Prognose, wieder ein unbeschwertes Leben führen zu können, ist dann sehr gut.

Deshalb finde sie es so wichtig, die Menschen über das Thema Inkontinenz zu informieren, sagt Angela Jörissen, Gynäkologin und Koordinatorin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums am Evangelischen Krankenhaus Kalk (EVKK) in Köln. „Es ist tatsächlich so, dass viele Patientinnen wenig Vorwissen haben“, bestätigt sie. Verstehen kann die Expertin den geringen Kenntnisstand dennoch: „Inkontinenz ist ein sehr spezielles Thema. Man kann den Menschen nicht übelnehmen, dass sie sich im Vorfeld nicht damit beschäftigt haben.“

Auch junge Menschen können betroffen sein

Experten unterscheiden zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz. Die Harninkontinenz unterteilt sich wiederum in zwei unterschiedliche Bereiche. Beide Gruppen benötigen jeweils spezielle Therapien, daher sei es wichtig, zunächst die Ursache für die Inkontinenz festzustellen, erläutert die Gynäkologin. Auch wenn die Frauen tatsächlich gar keinen Urin verlieren, sondern „nur“ ständig das Gefühl haben, auf Toilette zu müssen, sprechen Mediziner von einer Harninkontinenz. Betroffen sind zudem nicht nur ältere Menschen, denn Inkontinenz kann bereits in jungen Jahren zum Problem werden. Insbesondere Frauen entwickeln nach einer natürlichen Geburt unter Umständen Probleme mit der Blase. Aber auch Männer können zum Beispiel nach Prostata-Operationen betroffen sein.

Eine weitere Folge des geringen Kenntnisstandes beim Thema Inkontinenz sind der Expertenbefragung zufolge beharrliche Halbwahrheiten und Mythen rund um die Problematik. Wie die befragten Ärzte und Ärztinnen berichteten, würden viele Betroffene zum Beispiel aus Sorge vor Harndrang nicht ausreichend trinken. Dies führe jedoch zu besonders hochkonzentriertem Harn, der wiederum die Blase reizt.

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Angela Jörissen kann diesen Befund aus ihrer eigenen Praxis nicht bestätigen. Sie beobachte im Gegenteil, dass es kaum Mythen rund um das Thema gebe, einfach weil sich die Menschen im Vorfeld nicht so ausführlich informierten. „Hinzu kommt, dass Inkontinenz ein Thema ist, über das man sich nicht so häufig mit Familie und Freunden austauscht wie über andere Dinge, da es doch sehr schambehaftet ist“, erklärt die Expertin.

Die Probleme rund um den Umgang mit Inkontinenz dürften sich durch die Corona-Pandemie zudem verschärft haben, beobachtet Angela Jörissen: „Viele Patienten haben sich ja selbst mit lebensbedrohlichen Erkrankungen nicht mehr vorgestellt, aus Angst, sich mit Corona zu infizieren. Inkontinenz ist gottseidank nicht lebensbedrohlich, von daher wurde die Vorstellung in der Sprechstunde noch eher aufgeschoben.“ Mittlerweile merken Jörissen und ihr Team im EVKK aber, dass das Interesse an der Sprechstunde wieder deutlich zunehme.