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Telefonaktion zu Inkontinenz„Dass man Patienten nicht helfen kann, ist extrem selten“

Lesezeit 3 Minuten
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Inkontinenz gilt es bis heute als Tabuthema.

Köln – Rund neun Millionen Menschen sind in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed) von Inkontinenz betroffen. Dennoch gilt es bis heute als Tabuthema. Betroffene schämen sich – oft sogar zu sehr, um zum Arzt zu gehen. Dabei gibt es vielfältige Behandlungsmöglichkeiten und die Prognose, wieder ein unbeschwertes Leben führen zu können, ist sehr gut. Auch deshalb finde sie es so wichtig, die Menschen über das Thema Inkontinenz zu informieren, sagt Angela Jörissen, Gynäkologin und Koordinatorin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums am Evangelischen Krankenhaus Kalk (EVKK) in Köln. „Dass man Patienten nicht helfen kann, ist extrem selten.“

Für unsere Leser: Experten am Telefon, am Mittwoch, 23. Juni, von 14 bis 16 Uhr

Angela Jörissen

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Leitende Oberärztin Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Evangelisches Krankenhaus Kalk, Koordinatorin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums Köln am EVKK

0221/777 003 2851

Dr. Martin Dambowy

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Oberarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Kalk

0221/777 003 2853

Dr. Dirk M. Forner

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Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Kalk

0221/777 003 2852

Dr. Henning Stöckmann

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Oberarzt Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Evangelisches Krankenhaus Kalk; Stellv. Koordinator des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums Köln am EVKK

0221/777 003 2854

Inkontinenz trifft nicht nur ältere Menschen. Insbesondere Frauen entwickeln nach einer natürlichen Geburt unter Umständen Probleme mit der Blase. Auch Männer können zum Beispiel nach Prostata-Operationen betroffen sein. Doch Frauen leiden weitaus häufiger an einer Harninkontinenz als Männer. Das liege in der weiblichen Anatomie begründet, erklärt Angela Jörissen. „Die Blase wird von einem eher schwachen Schließmuskel und dem gesamten Beckenboden dicht gehalten. Und der wird beispielsweise bei einer Geburt eben extrem strapaziert.“ So könne es passieren, dass auch 25- oder 30-jährige Frauen unter Inkontinenz leiden. Da die Muskeln des Beckenbodens im Laufe des Lebens schwächer werden , gelte: „Je älter man wird, desto größer wird das Risiko einer Inkontinenz“.

Stark eingeschränkte Lebensqualität

Experten unterscheiden zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz. Die Harninkontinenz unterteilt sich wiederum in zwei unterschiedliche Bereiche. Beide Gruppen benötigen jeweils spezielle Therapien, daher sei es wichtig, zunächst die Ursache für die Inkontinenz festzustellen, erläutert die Gynäkologin. „Bei der ersten großen Gruppe funktioniert der Verschlussmechanismus der Blase nicht mehr. Bei der anderen Gruppe ist die Blase übernervös, das heißt, sie tut einfach viel zu viel.“ Betroffene erzählten in diesem Fall, dass sie bis zu 15, 20 oder sogar 30 Mal am Tag zur Toilette müssten. Auch wenn die Frauen tatsächlich gar keinen Urin verlieren, sondern „nur“ ständig das Gefühl haben, auf Toilette zu müssen, sprechen Mediziner von einer Harninkontinenz.

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Ist unkontrolliertes Wasserlassen schon unangenehm für die Betroffenen, so ist es die Stuhlinkontinenz erst recht. Doch auch hier ermutigt Dr. Henning Stöckmann, Allgemein- und Viszeralchirurg am EVKK, Betroffene: „Der erste Schritt zu einer Verbesserung ist, auf einen Arzt zuzugehen und sich anzuvertrauen“. Denn auch bei der Stuhlinkontinenz gebe es erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten. Wie etwa das sogenannte Bio-Feedback. Generell gelte: „Vieles lässt sich konservativ behandeln, eine OP ist weniger häufig erforderlich.“

Ebenso wie bei der Behandlung der Stuhlinkontinenz orientiert Angela Jörissen sich auch bei der Therapie von Harninkontinenzen an einem Stufenkonzept. So könne man erst einmal ein konservatives Beckenbodentraining oder eine sogenannte Elektrostimulationstherapie und Bio-Feedback versuchen. Stelle sich noch kein Erfolg ein, gehe sie weitere Schritte, dazu können etwa eine medikamentöse Behandlung oder aber operative Eingriffe zählen. „Wenn der Verschlussmechanismus nicht ausreicht, kann man beispielsweise ein Bändchen unter die Harnröhre ziehen, um den Mechanismus zu unterstützen. Wenn die Blase übernervös ist, kann man zum Beispiel Botox in die Blase injizieren, um sie quasi ruhigzustellen.“ Bisher, sagt Jörissen, habe sie für alle die richtige Therapie gefunden.