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Papas wichtiger EinflussWas Kinder von Vätern besser lernen können als von Müttern

Lesezeit 7 Minuten
Father and his 7 years old son are talking in the bed. Foto: Getty Images/Georgijevic

Väter prägen die Entwicklung ihrer Kinder maßgeblich, das zeigt auch die Forschung.

Lange wurde die Rolle der Väter unterschätzt. Jetzt beweist die Forschung: Papas sind wichtig! Eine Psychologin und ein Väterberater erzählen.

„Ein Vater gehört zum Kind!“ Wie wahr und selbstverständlich dieser Satz ist, das sieht und spürt jeder, der schon einmal einen engagierten Vater mit seinem Kind beobachtet hat. Der starke Einfluss, den Väter auf ihr Kind haben, wird seit einigen Jahren auch durch die Wissenschaft bestätigt. Die Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert hat jetzt die aktuellen Erkenntnisse der Väterforschung in einem Buch zusammengefasst. Sie zeigt dort an vielen Beispielen, wie Väter mit ihrem Denken und Handeln die Entwicklung ihrer Kinder prägen.

Väter beeinflussen die Sprachentwicklung der Kinder

Ohne Frage sind Mütter und Väter gleich wichtig für ein Kind. Und auch jeder Mensch und jede Familie sind individuell. Und doch gehen Männer und Frauen tendenziell mit Kindern anders um und geben ihnen in der Erziehung so unterschiedliche Impulse. „Die Forschung hat gezeigt, dass Väter etwa die Sprachfähigkeiten der Kinder besonders positiv beeinflussen“, sagt Ahnert. „Sie lassen sich in der Regel zwar nicht so stark auf das kindliche Sprachniveau ein und verstehen nicht immer, was das Kind sagt, stellen aber viele Fragen.“ Es setze dann alle Mittel ein, um dem Vater zu erklären, was es meine. „So triggern Väter die Sprachproduktion an.“

Entwicklungspsychologin Liselotte Ahnert

Prof. Dr. Lieselotte Ahnert ist emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Wien und Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin. Sie ist Expertin auf dem Gebiet frühkindliche Bildung und Mutter/Vater-Kind-Bindung.

Bei der Betrachtung eines Bilderbuchs gingen die Väter zum Beispiel aktiv in den Dialog mit dem Kind, kitzelten es auch mal durch oder imitierten wilde Tiere. „Sie sind besonders interessiert an der Mitteilungsfreude der Kinder.“ Mütter wüssten dagegen oft schon, was das Kind meine, kaum dass es den Mund aufmache. „Sie füllen das Gesagte bereits mit Erklärungen und korrigieren schneller, wenn ein Kind etwas falsch ausdrückt.“

Auch auf Inhalte gingen Väter anders ein als Mütter. „Die sprechen über die emotionalen Aspekte einer Szene, während die Väter überlegen, wie man handeln könnte.“ Beide Herangehensweisen ergänzten sich gut. Der praktischere Ansatz der Väter helfe Kindern jedoch besonders, um Stress zu bewältigen. „Wir haben die Frustrationstoleranz von Kindern getestet“, erzählt Ahnert, „während die Mütter das wütende Kind getröstet haben, blieben die Väter entspannt und machten Lösungsvorschläge, wenn die Wut am Abklingen war. Die Kinder konnten nun ihre eigenen Möglichkeiten ausprobieren und sind dadurch auch schneller zur Besinnung gekommen.“

Beim Spiel mit dem Vater kann ein Kind Grenzen und Gefühle testen

Unterschiede zwischen Vätern und Müttern zeigten sich auch beim Spielen. „Väter spielen wilder und körperlicher. Sie werfen das Kind in die Luft oder jagen es.“ Dadurch könne ein Kind sein Körpergefühl ausreizen und eigene Grenzen erkennen. Es gehe aber auch um Emotionsregulation: „Das Kind erfährt in kurzer Zeit ein Spektrum an Gefühlen: Es ist erst ausgelassen, und hat auch Angst, wenn es zu weit geht. Aber es macht sogleich die Erfahrung, dass Papa es sichert. Es lernt, dass es ihm vertrauen kann und auch unheimliche Gefühle eigenständig in den Griff bekommt.“ Durch das aktive Spiel ermutigten Väter außerdem das Risikoverhalten des Kindes. „Es klettert höher, auch weil Väter das nicht so schnell unterbinden wie Mütter.“

Um den Alltag der Väter mit den Kindern beschreiben zu können, wurden in Ahnerts Väterforschung neue Methoden eingesetzt. Mithilfe von Handy-Apps wurden Väter etwa mehrmals am Tag gefragt, was sie gerade konkret mit ihren Kindern machen. „Heraus kam, dass zwei Drittel der Väter ein hervorragendes bis gutes Engagement in der Betreuung ihrer Kinder an den Tag legen“, erklärt Lieselotte Ahnert. „Sie nutzten aber nicht nur die spaßigen Situationen, sondern übernahmen auch alltägliche Pflegearbeiten, brachten das Kind ins Bett oder gingen mit ihm zum Arzt.“ Auch wissenschaftlich zeigt sich also, dass sich viele Väter gleichberechtigt an der Elternarbeit beteiligen.

Immer mehr Männer wollen ihre Vaterrolle aktiv gestalten

„Es gibt ein neues Selbstverständnis der Väter“, sagt Ahnert, „ihnen ist bereits vor der Geburt wichtig, gemeinsam den Elternalltag zu stemmen.“ Das kann auch Tobias Latz vom Kölner „Sozialdienst Katholischer Männer e.V.“ (SKM) bestätigen. Zu ihm kommen regelmäßig Väter in die Beratung. „Es gibt eine Bewegung der neuen Väter, die ihre Vaterrolle bewusst neu gestalten wollen.“ Latz selbst ist einer davon. „Ich bin vor kurzem Papa geworden und für mich war früh klar, dass ich ein engagierter Vater sein möchte. Von Beginn an haben meine Frau und ich uns die Elternaufgaben geteilt.“

Väter leiden auch darunter, wenn sie zu viel arbeiten müssen und ihr Kind zu wenig sehen
Tobias Latz, Väterberater beim SKM Köln

Und doch habe er im Alltag mit Vollzeitjob auch gemerkt, wie wenig Zeit für das Kind übrig geblieben sei. „Väter leiden auch darunter, wenn sie zu viel arbeiten müssen und ihr Kind zu wenig sehen“, sagt Latz. Für ihn wird sich das jetzt erst einmal ändern, er geht sieben Monate in Elternzeit, um sich um Tochter Malea zu kümmern. „Ich freue mich darauf, einen normalen Alltag mit ihr zu erleben, zu kochen, sie zu versorgen, Ausflüge zu machen.“

Männerberater Tobias Latz vom SKM Köln

Tobias Latz ist Erzieher, Sozial- und Sexualpädagoge und arbeitet beim SKM Köln in der Männerberatung.

Die lange Elternzeit sei für ihn selbstverständlich. „Von außen bekomme ich deswegen aber gerade viel Applaus, es ist eben immer noch etwas Besonderes.“ Das belegen auch die Zahlen: Viele Väter nehmen nach wie vor gar keine Elternzeit und nur ein kleiner Teil mehr als drei Monate. Die aktiven Väter, die tatsächlich im Beruf kürzertreten, sind immer noch in der Minderheit. Das liegt zum einen an den oft noch starren Strukturen in der Arbeitswelt, lange Elternzeiten von Vätern werden nicht überall unterstützt. Aber auch die Bereitschaft der Väter, das einzufordern, ist nicht weit verbreitet. „Männer fühlen sich aufgrund der Erwartungen der Arbeitgeber im Sinne der eigenen Karriere dazu gezwungen, weiter Vollzeit zu arbeiten, anstatt zu sagen: ‚Ich möchte mein Kind betreuen‘“, sagt Tobias Latz, „das ist aber eben auch eine Frage der Entscheidung.“

Nach der Geburt werden oft alte Rollenmuster übernommen

Warum so viele Väter trotz des Wunsches nach aktiver Vaterschaft doch wieder ein klassisches Modell wählen, hat viel mit der gesellschaftlichen Norm zu tun. „Rollenbilder brauchen lange, um aufgelöst zu werden“, sagt Tobias Latz. Und auch Ahnert bestätigt: „Viele Männer verhalten sich nach der Geburt ihrer Kinder eher nach den alten Rollenmustern und glauben, dass sie nun erst recht die Ernährer-Rolle ausfüllen müssen. Und viele Mütter finden das auch nicht schlecht, selbst europaweite Befragungen zeigen das.“ Im gleichen Atemzug werde aber erwartet, dass sich der Vater stark in den Familienalltag einbringe, während der Arbeitsalltag wie gewohnt weiter laufe.


Der „Sozialdienst Katholischer Männer“ (SKM) in Köln bietet kostenfrei Männer- und Väterberatung an.


„Die Krux an der aktiven Vaterschaft ist der Zeitaspekt“, sagt Tobias Latz, „viele haben faktisch einfach zu wenig Raum für ihre Kinder.“ Und die Arbeitszeit zu verringern, sei häufig aus finanziellen Gründen einfach nicht möglich, auch weil die Partnerinnen weniger verdienten „Es ist tatsächlich auch Luxus, ein präsenter Vater sein zu können – denn wer mehr verdient, kann weniger arbeiten und hat mehr Zeit für die Familie.“

Väter müssen einen Zugang zu den eigenen Gefühlen finden

Wie eng die Vater-Kind-Beziehung werde, hänge aber natürlich nicht allein von der verbrachten Zeit ab. „Nicht nur dauernd anwesende Väter sind gute Väter. Jeder Moment ist wichtig“, sagt Latz. „Vertrauensstiftende Situationen bringen ganz viel für die Vater-Kind-Beziehung“, sagt Lieselotte Ahnert, „das geht auch punktuell, wenn der Vater abends die Einschlafbegleitung macht oder sich Zeit nimmt, wenn das Kind von seinen Problemen erzählt.“

Sich richtig emotional auf das Kind einlassen zu können, das falle nicht allen Vätern so leicht. „In der Beratung mache ich die Erfahrung, dass viele Männer gar keinen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen haben“, erzählt Latz, „genau das braucht es aber, um auch die Emotionen des Kindes besser zu erkennen.“ Männer besäßen diese Fähigkeiten, müssten sie aber bei sich erst einmal aktivieren. „Ich glaube, auch deshalb haben manche Väter ein wenig Angst, alleine für das Kind zuständig zu sein. Sie sollten sich aber unbedingt auf die Reise einlassen.“

Dabei würden auch gute Vorbilder helfen, die heutigen Vätern oft fehlen, weil sich die Vaterrolle seit der letzten Generation extrem gewandelt hat. „Es hilft sehr, die Erfahrungen der Väter im eigenen Umfeld einzuholen“, sagt Tobias Latz, „oder auf TikTok zu schauen: Sogar dort gibt es inzwischen Väter, die über ihr Papasein sprechen und andere junge Männer inspirieren wollen.“

Buchtipp: Lieselotte Ahnert, „Auf die Väter kommt es an“, Ullstein Verlag, 288 Seiten, 22,99 Euro