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Fragen des ÄlterwerdensWie bringt man seine Eltern dazu, nicht mehr Auto zu fahren?

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Für viele ältere Menschen ist Autofahren extrem wichtig. Aber irgendwann lassen Sehkraft und Reflexe nach. 

Köln – Älter werden möchte wohl niemand und darüber reden schon gar nicht. Trotzdem gibt es jede Menge wichtige Themen, über die man sprechen muss, zum Beispiel diese hier: Woran erkenne ich, dass jemand dement wird? Wie bringt man seinen alten Vater oder seine alte Mutter dazu, nicht mehr Auto zu fahren? Und wie viele verschiedene Medikamente parallel eingenommen sind eigentlich in Ordnung? Die britische Geriaterin Dr. Lucy Pollock beantwortet diese und weitere Fragen in ihrem „Buch über das Älterwerden (für Leute, die nicht darüber reden wollen)“. Sie sagt: „Reden Sie über diese Themen! Trauen Sie sich! Die Fragen werden sonst zu Sorgen, die Sie nachts nicht schlafen lassen.“ In diesem Text finden Sie Antworten auf die drei oben genannten Fragen.

Wie bringt man seine alten Eltern dazu, nicht mehr Auto zu fahren?

Beispiel im Buch ist die Mutter einer Freundin, die laut Arzt noch gut sieht, aber Entfernungen nicht mehr so gut einschätzen kann und deshalb öfter mal mit dem Wagen irgendwo aneckt. Weil sie das nie zugeben würde, hat sie immer eine Dose Lack im Auto, um neue Schrammen zu übermalen. Zudem stellt sie das Auto überall ab, wo es passt und fährt immer zu schnell, obwohl ihre Reflexe nicht mehr so gut sind. Die Tochter macht sich Sorgen, dass ihre Mutter jemanden überfahren könnte, weiß aber nicht, wie sie sie vom Autofahren abhalten kann.

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„Für Angehörige und Freunde ist es ein Riesenproblem, zu erkennen, wann sie eingreifen sollen, wenn jemand am Steuer nicht mehr sicher zu sein scheint. Und das 'Wie' ist ein noch viel größeres Problem. Autofahren ist ein heikles, emotional aufgeladenes Thema, denn es hat sehr viel mit Selbstständigkeit zu tun“, schreibt Pollock. Vor allem auf dem Land ist ein Auto unabdingbar, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

Klare Bestimmungen und Vorschriften wie in Großbritannien, die von den Kraftfahrzeugzulassungsstellen durchgesetzt werden, könnten helfen. Nach einer Herzklappenoperation oder einem leichten Schlaganfall beispielsweise darf in Großbritannien vier Wochen nicht gefahren werden. Auch wenn jemand die Diagnose Demenz erhalten hat, sind die Regeln eindeutig. In Deutschland wird die Fahrtauglichkeit individuell von einem Arzt abgeklärt. Es existiert keine Meldepflicht für Erkrankungen, die die Fahreignung beeinträchtigen.

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Dr. Lucy Pollock: Das Buch über das Älterwerden (für Leute, die nicht darüber sprechen wollen), Dumont Verlag, 346 Seiten, 22 Euro

Noch problematischer ist es, wenn keine Erkrankung vorliegt, sondern sich nur Urteils- und Einsichtsvermögen verändern. „Wenn die Personen selbst nicht einsehen, dass sie nicht mehr fahren sollten, wird es sehr schwierig“, schreibt Pollock. In Deutschland können Ärzte von der Schweigepflicht über ihre Patienten befreit werden, „wenn die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist“. Wenn aber keine Krankheit vorliegt, die gegen das Autofahren spricht, greift keine offizielle Regel.

Pollock empfiehlt, seinen Eltern oder anderen älteren Menschen vorzuschlagen, ab und zu auf dem Beifahrersitz mit ihnen mitzufahren und dabei keine Kommentare abzugeben. Man könne dann diese Verabredung treffen: Wenn der Beifahrer das Gefühl hat, wiederholt auf Schilder, Abstände oder Gefahren hinweisen zu müssen, sollte der Fahrer in Zukunft das Auto lieber stehen lassen. Ein erster Schritt könnte auch sein, sich auf gut bekannte und ungefährliche Wege zu beschränken oder nicht nachts oder bei Regen zu fahren. Ältere Menschen sollten außerdem regelmäßig ihre Augen untersuchen lassen. Außerdem kann man einen freiwilligen Fahrtauglichkeitstest beim ADAC oder beim TÜV machen. Bedenken hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit von anderen kann man auch der zuständigen Führerscheinstelle oder der Fahrerlaubnisbehörde melden.

Woran erkenne ich, dass jemand dement wird?

Sehr viele Menschen erkranken im Alter an einer Form von Demenz. Die Symptome dafür zeigen sich meist schon lange Zeit vorher. Viele Familien holen sich trotzdem viel zu lange keinen Rat, weil sie meinen, dass ein nachlassendes Gedächtnis normal ist oder weil es ihnen peinlich ist. Auch die Betroffenen verschweigen meist die ersten Anzeichen, sie sind ihnen peinlich oder sie haben große Angst. „Bei vielen wird der Zustand erst offenkundig, wenn sie wegen anderer Beschwerden ins Krankenhaus kommen. Dann befragen wir die Angehörigen eingehend und stellen häufig fest, dass eine Demenz-Diagnose schon Jahre zuvor hätte gestellt werden können“, schreibt Pollock.

Zuständig dafür sind meist Psychogeriater, also Geriater mit einer Facharztausbildung in Psychiatrie. Im Buch sagt einer von ihnen: „Die Leute sollten unbedingt erfahren, dass Demenz häufig vorkommt und dass man damit noch lange Zeit ein ziemlich normales Leben führen kann“ – wenn man denn rechtzeitig davon weiß. Auf längere Sicht werde man ein paar Veränderungen vornehmen müssen und mehr Hilfe brauchen, aber im Regelfall verändere sich das Leben nur sehr langsam. Dennoch dürfe man nicht verschweigen, dass Demenz eine Krankheit sei, die fortschreite und schlimmer werde. Auf keinen Fall dürfe man seinen Angehörigen die Diagnose verschweigen.

Für die Angehörigen ist es sehr schwierig, wenn sie merken, dass sich ein nahestehender Mensch verändert, vergesslicher wird oder Wörter nicht mehr findet. Gerade in dieser noch klaren Phase müssen aber wichtige Dinge wie Pflege und Behandlungsmöglichkeiten besprochen werden. Das ist für alle Beteiligten nicht einfach.

Doch woran erkennt man nun, dass die Eltern nicht bloß schusselig sind, sondern dass man sich ernste Sorgen machen muss? „Die Anzeichen sind zahlreich, es gibt viele Verhaltensauffälligkeiten und psychische Symptome. Kein Demenzkranker wird sie alle aufweisen, aber in der Regel entwickeln sämtliche Betroffene ein paar davon. (…) Die Symptome können besser oder schlechter werden, manche lassen sich durch kleine Veränderungen lindern, andere erfordern klare Entscheidungen“, schreibt Pollock. Zu den typischen Zeichen gehören Ruhelosigkeit, Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, Schlafstörungen, Schreien, Depressionen, repetitives Verhalten, Enthemmung, auch sexueller Art, Angstzustände und Erregung. Die endgültige Diagnose kann nur ein Arzt stellen.

Wie man damit umgeht, kommt vor allem auf den Betroffenen an. Was auf jeden Fall hilft, ist sich darauf einzulassen. Nicht dauernd das Gedächtnis auf die Probe stellen, manchmal einfach nur Unsinn mitreden oder mitspielen und den Patienten so etwas glücklicher machen.

Wie viele verschiedene Medikamente parallel eingenommen sind in Ordnung?

Ältere Menschen müssen oft verschiedene Medikamente für unterschiedliche Krankheiten einnehmen. Wie viele Tabletten sind ok, wann werden die Wechselwirkungen kritisch? Und blockieren manche Tabletten sich in ihrer Wirkung vielleicht gegenseitig? Im Buch beschreibt Pollock einen Fall, bei dem sie die vielen Medikamente einer Patientin genau durchschaut und aussiebt, darunter viele Tabletten, die ihrer Meinung nach nicht unbedingt nötig gewesen wären.

Zu entscheiden, welche Medikamente gebraucht werden und welche nicht, sei auch für Ärzte nicht einfach. Ältere Menschen nehmen nur selten an Medikamentenstudien teil, die Forschungslage ist also dürftig. Zudem haben Ältere oft mehr Nebenwirkungen, die wiederum zu neuen Gesundheits-Problemen führen können. Dazu kommt laut Pollock, dass den Patienten nicht immer klar ist, wofür oder wogegen sie die Pillen eigentlich schlucken sollen: „Viele Menschen trauen sich nicht, ihren Arzt nach dem Sinn und Zweck ihrer Medikamente zu fragen, beißen entweder die Zähne zusammen und nehmen sie trotzdem oder entwickeln Methoden, um die Einnahme von Tabletten zu umgehen, denen sie besonders skeptisch gegenüber stehen.“

Sie fordert deshalb mehr Ehrlichkeit zwischen Arzt und Patient. Patienten müssten sagen, dass sie bestimmte Tabletten nicht nehmen wollen. Ärzte müssten zugeben, dass sie nicht immer genau wissen, was älteren Menschen mit Gebrechen wirklich hilft und was nicht. „Wir müssen ehrlich sagen, dass die Vorbeugung gegen eine bestimmte Krankheit nicht unbedingt das Leben verlängert, sondern oft nur eine Todesursache gegen eine andere austauscht. Wir müssen ehrlich zugeben, dass es bei vielen Medikamenten vermutlich keine große Rolle spielt, ob man sie als alter Mensch nimmt oder nicht. Aber auch die Patienten müssen ehrlich über ihre Haltung zu den Arzneien sprechen. Wir müssen alle miteinander über den Zweck von Medikamenten sprechen“, fordert Pollock.

Wichtig für eine vernünftige Behandlung sind ihrer Meinung nach vor allem Zeit, Mut, Wissen und Entscheidungsfreude. Pollock berichtet von einer Kollegin, die bei einem alten Mann ein blutverdünnendes Mittel abgesetzt habe, weil er ständig starkes Nasenbluten hatte. Kurz darauf erlitt er einen Schlaganfall und die Ärztin fragte sich, ob sie die falsche Entscheidung getroffen habe. Hier hilft nur Zusammenarbeit, meint Pollock. Erfahrene Ärzte sollten von Apothekern unterstützt werden, die mit guten IT-Programmen Fehler und Wechselwirkungen unterschiedlicher Medikamente berechnen können. Doch selbst dann bleibt ein Rest Unsicherheit.

„Entscheidungen über das Absetzen von Medikamenten erforderten von den Ärzten viel Mut. Wir alle wägen die verfügbaren Informationen ab und wählen dann die eine oder andere Option. Niemand von uns kann in die Zukunft blicken“, schreibt Pollock. Die Lösung müsse sein, die Entscheidungen im Team zu treffen und auch den Patienten und seine Angehörigen mit einzubeziehen und ihnen Mitverantwortung zu geben. Viele Menschen empfänden das als große Last und hätten Angst, die falsche Entscheidung zu treffen.

Pollock weiß: „Diese Angst ist noch ausgeprägter, wenn wir solche Entscheidungen für Menschen treffen müssen, die wir lieben. Entscheidungen erfordern eine große Portion Mut. Wir alle müssen das Gefühl haben, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen entschieden haben. Wir müssen uns nicht nur auf die Informationen verlassen, die wir erhalten, sondern auch unserem eigenen Urteil trauen. Und wir müssen darauf gefasst sein, die Folgen zu tragen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Auch gute Entscheidungen erweisen sich manchmal als falsch.“