In Pulheim gibt es ein neues Integrations- und Unterbringungskonzept für Geflüchtete. Torsten Rekewitz (SPD) spricht darüber im Interview.
Torsten Rekewitz im InterviewUnterbringung Geflüchteter in Pulheim „sehr suboptimal“
Neun Jahre hat es gedauert vom Beschluss, ein Integrations- und Unterbringungskonzept zu erstellen bis zum fertigen Entwurf. In dieser Woche wurde das knapp 60 Seiten umfassende Papier schließlich im Ausschuss für Soziales, Generationen und Integration (SGIA) diskutiert und zum Beschluss vorgelegt. Christina Jürgensen sprach mit dem Ausschussvorsitzenden Torsten Rekewitz (SPD) über den Inhalt des Entwurfs, seine konkrete Umsetzung und die aktuelle Lebenssituation Geflüchteter.
Warum hat es so lange gedauert, ein Integrations- und Unterbringungskonzept für die Stadt Pulheim zu erstellen?
REKEWITZ: Zum einen, weil das Projekt immer wieder auf die lange Bank geschoben wurde, und zum anderen, weil zwischenzeitlich die personellen Ressourcen fehlten. Die Idee zu einem solchen Konzept entstand 2014 mit einem breiten Konsens über alle Fraktionen. Dann allerdings flohen 2015 sehr viele Menschen vor dem Krieg in Syrien und Afghanistan zu uns, vor gut zwei Jahren kamen Geflüchtete aus der Ukraine hinzu. Da war keine Zeit für eine konzeptionelle Arbeit. Das blieb letztlich bis Anfang dieses Jahres so, aber dann ging es doch recht schnell mit der Fertigstellung.
Beinhaltet das Integrations- und Unterbringungskonzept schon konkrete Maßnahmen?
REKEWITZ: Nein, und dass es wenig Konkretes enthält, war am Dienstag in der Ausschusssitzung auch der größte Kritikpunkt, bei allem Lob dafür, dass das Papier nun vorliegt. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, dass alle Fraktionen und an der Integrationsarbeit in Pulheim ehrenamtlich Beteiligte bis zum 15. September konkrete Anregungen und Ideen einreichen können und wir ergänzen das Konzept entsprechend. Dann legen wir es in der nächsten Ausschusssitzung am 12. November noch einmal zum Beschluss vor.
Was sind die Kernaussagen des Entwurfs?
REKEWITZ: Neben einer Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in Pulheim mit Zahlen, Daten und Entwicklungen der letzten Jahre besteht eine wichtige Aussage darin, dass wir in der Integrationsarbeit ganz massiv auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen sind. Ohne das Engagement von Vereinen, Gruppen und Organisationen, aber auch von Privatpersonen würde fast gar nichts funktionieren. Zum Glück haben wir hier sehr gute Netzwerke, auch was die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und dem Integrationsrat angeht. Die größte Herausforderung bleibt aber eine vernünftige, menschenwürdige Unterbringung Geflüchteter, die es ihnen ermöglicht, hier in der Gesellschaft richtig anzukommen. Denn das bedeutet letztlich Integration.
Zahlreiche Projekte und Maßnahmen zur Eingliederung von Menschen mit Migrationshintergrund laufen in Pulheim ohnehin seit Jahren. Warum braucht es überhaupt noch ein Integrations- und Unterbringungskonzept?
REKEWITZ: Es ging vor allem darum, uns in der Politik, der Verwaltung und allen anderen Beteiligten einen Überblick zu verschaffen, die Akteure gegebenenfalls noch besser zu vernetzen und Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Außerdem soll es einen Rahmen schaffen, aus dem konkrete Maßnahmen abgeleitet werden und Prozesse innerhalb der Organisations- und Verwaltungsstrukturen definiert werden können.
Ist das Konzept denn verbindlich für Politik und Verwaltung?
REKEWITZ: Mit seinem Beschluss ist für Politik und Verwaltung ganz klar ein Rahmen definiert, den es mit Leben zu füllen gilt. Wichtig ist mir aber auch zu betonen, dass ein solches Konzept nicht starr ist. Es soll im Ausschuss regelmäßig überarbeitet und weiterentwickelt werden. Auch konkrete Maßnahmen können bei Bedarf ergänzt werden, zum Beispiel bei den Themen Unterbringung, Bildung und Sprachangeboten.
Inwieweit gelingt die Integration Geflüchteter in Pulheim derzeit? Und wo gibt es Probleme?
REKEWITZ: Sehr gut funktioniert die Integration bei Kindern, da leisten alle Kindertagesstätten und Schulen sehr gute Arbeit. Aber auch die Ehrenamtlichen sind eine ganz wichtige Stütze, beispielsweise organisieren sie Spielgruppen und Betreuungsangebote. Alle sind sehr bemüht, eine sichere und angenehme Umgebung für die Kinder zu schaffen. Aber auch für die Erwachsenen sind privater Sprachunterricht, Fahrten zu Behörden oder zum Arzt nur mit freiwilligen Helfern zu leisten. Sehr suboptimal ist hingegen immer noch die Unterbringung Geflüchteter, beispielsweise in der Sporthalle Am Nordring. Wo viele Menschen über Monate oder sogar Jahre auf engem Raum leben, bringt das zahlreiche Probleme mit sich. Besser läuft es inzwischen hingegen, Geflüchtete fit für den Arbeitsmarkt zu machen, zum Beispiel über die Anerkennung von Zeugnissen und Abschlüssen.
Was müsste sich bei der Unterbringung geflüchteter Menschen ändern, um eine Integration zu verbessern?
DREKEWITZ: Die Stadt Pulheim tut bei der Unterbringung, was sie kann. Es ist keine komplette Katastrophe, aber wir müssen weg von den sehr großen Unterkünften. Schon jetzt gibt es Standorte mit kleineren Wohneinheiten, Küchen und sanitären Einrichtungen. Dort gibt es auch separate Räume für Sprachunterricht oder Beratungsgespräche und die Leute können auch mal die Tür hinter sich zumachen, haben Privatsphäre. Wir haben aber immer wieder Probleme, geeignete Grundstücke für diese Wohneinheiten zu finden, Platz ist Mangelware. Außerdem müssen wir die Infrastruktur zu den Menschen bringen. Denn Integration funktioniert nicht, wenn die Geflüchteten abgeschnitten vom städtischen Leben irgendwo auf der grünen Wiese untergebracht werden.