Nach einer Unfallflucht bekam ein Odenthaler (60) „Besuch“ von der Polizei. Und die Beamten trauten bei der Durchsuchung ihren Augen nicht.
ProzessOdenthaler lagert Opas scharfe Waffen im Schlafzimmer: Sechs Monate auf Bewährung
Hätte der Angeklagte nicht eine Unfallflucht begangen, dann wäre nicht anschließend noch die Polizei in sein Haus gekommen. Und wäre die Polizei nicht in sein Haus gekommen, hätten die Beamten auch nicht die beiden geladenen und griffbereit im Schlafzimmer liegenden Schusswaffen entdeckt.
So kam aber das eine zum anderen, und doch fügte es sich zum Guten, denn der zu diesem Zeitpunkt als Alkoholiker komplett vor dem Absturz in Bodenlose stehende vormalige Gutverdiener hörte den Schuss, ergriff seine womöglich letzte Chance und stellte sich seiner teuflischen Suchtkrankheit.
Richterin verhängt Mindeststrafe
Jetzt stand der 60-jährige Odenthaler Klaus T. (Name geändert) wegen seines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Waffengesetz vor Gericht. Er kam zu der Verhandlung ohne Verteidiger und ging am Ende mit der gesetzlichen Mindeststrafe nach Paragraf 52 Absatz 1 des Waffengesetzes nach Hause: ein halbes Jahr Haft auf Bewährung.
Mindeststrafe sechs Monate, Höchststrafe fünf Jahre: In Deutschland gelten weitaus härtere Regeln, die den Waffenbesitz betreffen, als beispielsweise in den USA, und die meisten Menschen werden denken „Gott sei Dank“.
Früherer Bayer-Mitarbeiter stürzt ab
So ist es etwa strikt verboten, ohne besondere Erlaubnis eine halbautomatische Waffe zu besitzen, also beispielsweise eine Pistole, die sich nach dem Abfeuern einer Patrone von selbst nachlädt. Sie mit Munition im Schlafzimmer aufbewahren, darf man natürlich auch nicht. Klaus T. hatte gleich zwei dieser Waffen zu Hause — und damit neben seiner Unfallflucht ein weiteres schwerwiegendes Problem am Hals, denn das Gesetz sieht Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren dafür vor.
Vor Gericht sprach der 60-Jährige viel über sich und sein Leben. Darüber, wie er früher bei Bayer Leverkusen viel Geld verdient und das längst nicht alles verbraucht habe; wie er es sich habe leisten können, mit dem Arbeiten aufzuhören, da er genügsam lebte; aber auch, wie er langsam, aber sicher dem Alkohol verfiel.
„Es muss möglich sein, einfach mal ein Glas Bier zu genießen“, habe er lange gedacht, aber ihm sei das eben nicht möglich gewesen. Irgendwann sei der Punkt erreicht, ab dem es kein Zurück mehr gebe. Er habe gespürt, dass es um sein Überleben gehe: „Entweder, der Körper sagt, ich sterbe jetzt lieber, oder ich höre auf zu trinken.“ Er habe sich fürs Aufhören entschieden, für den Entzug im Oberbergischen Kreis und eine Therapie im Rhein-Sieg-Kreis, und im Anschluss werde er erst einmal mehrere Monate bei seiner Schwester unterkommen.
Die verbotenen Waffen, so gab der frühere Bayer-Mann weiter an, habe er als Erbstück bei der Haushaltsauflösung seiner verstorbenen Großeltern gefunden und sie an sich genommen. Er habe gewusst, dass er das nicht gedurft habe, und er sehe es heute auch als Fehler an. Zur Verteidigung seien sie ohnehin nicht geeignet.
Angesichts der Reue und der Lebenssituation des bis zum Waffenfund nicht vorbestraften Angeklagten plädierte die Staatsanwältin für die gesetzliche Mindeststrafe für den vorsätzlichen Verstoß gegen das Waffengesetz. Der Forderung entsprach Urteil Strafrichterin Simona Sünnemann mit ihrem Urteil. Sie setzte die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Dem sich von seiner Alkoholsucht gerade befreienden Angeklagten stellte sie einen Bewährungshelfer an die Seite.