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Wort zum SonntagEine Zeitenwende für die Religionen

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Nürnberg: Innenansicht der Frauenkirche

Nürnberg: Innenansicht der Frauenkirche

Hartmut Kriege von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Bonn macht sich Gedanken über neue Mentalitäten und neue Zeiten für den Glauben.

Mit der Religion sei es wie mit der Mülltrennung: immer komme jemand, der einem sagt, dass man das „völlig falsch“ handhabe, sagte vor wenigen Tagen die Schauspielerin Agnès Jaoui dem französischen Kulturmagazin „Télérama“.

Richtig! Dennoch hat sie übersehen, dass heute nur mehr wenige unbeirrt auf die Maßregelungen der Religionsspezialisten hören. Wenn Menschen immer noch an der Religion andocken, dann ist es wohl mehr Hoffnung als unbedingter Glaube. In diesem Schritt begegnen sich der „religiöse“ Mensch und der „säkulare“. Beide verbindet jeweils nämlich nur der Glaube an die Hoffnung, dass Dinge sich ändern mögen, oder auch: bitte nicht.

Mit Blick auf den Überfall Russlands auf die Ukraine sprach 2022 der Bundeskanzler im Parlament von einer „Zeitenwende“. Ein Begriff, der gut auffängt, dass – und wie die Welt sich verändert und auch weiter verändern wird. Wir können uns dies heute noch nicht so recht vorstellen: das Leben geht doch weiter, wenn auch, irgendwie spürbar, nicht mehr in gewohnten Bahnen.

Sicher ist: neue Mentalitäten entstehen, ebenso neue Ansprüche an Politik und Zivilgesellschaft, und damit auch an Religionsgemeinschaften. Vieles ist inzwischen unberechenbarer geworden, scheint ohne umfassende Ordnungen, ohne beruhigende Gewissheiten zu wirken. Erneut fragt man sich: Was gilt noch, wo bleiben die Konstanten?

Die Auseinandersetzungen um ein evangeliumskonformes Handeln bestimmen zunehmend den Weg der Christen in eine mehr als unsichere Zukunft. Das aktuelle Kräftemessen in der Kirche, etwa um die drei großen „S“ (Sexualität, Synodalität, Segnung), sind harmlose Sandkastenmanöver gegenüber den größeren, grundsätzlicheren Positionsbestimmungen, die sich schon ankündigen.