Hartmut Kriege von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Bonn hat sich Gedanken gemacht zur Stagnation im menschlichen Verhalten und Denken.
Wort zum SonntagWir bewegen uns in beharrenden Denkweisen
Was sie vereinen, wird sich wieder spalten, was sie erneuern, über Nacht veralten, was sie stiften, Not und Unheil bringen, prophezeite 1936 der Schriftsteller Reinhold Schneider angesichts der sich metastasenhaft ausbreitenden NS-Ideologie in Deutschland. Der Konvertit Schneider, dessen Sprache für das Badische Tagblatt „frömmelndes Pathos“ war, erfasste hellseherisch die Fehler seiner Zeit und, mitgemeint, wohl auch sich mehrende autokratische Tendenzen der Gegenwart, die wie ein Echo dunkler Zeiten daherdröhnen. Ein Unterfangen ohne Zukunft, meint Schneider. Subtile Einsicht, die politisches, gesellschaftliches wie religiös-lehrhaftes Handeln gleichermaßen einschließt.
Das menschliche Gehirn hat sich, abgesehen von einem enormen Wissenszuwachs, seit rund zwanzigtausend Jahren „denkerisch“ nicht verändert. Wir bewegen uns weiter in beharrenden Denkweisen, die angestrebte Veränderungen umgehend mit beeinflussen und ausbremsen.
Reinhold Schneider drückt es so aus: „Wer in Wahrhaftigkeit den Stromlauf (der Geschichte) erforscht, wird die Entdeckung machen, daß der Strom keinen Damm durchbrochen hat, den der Geist nicht zuvor schon durchwühlte…“.
Der Gordische Knoten in unserem Gehirn lässt sich selbst mit dem Schwert nicht lösen, trotz vieler Versuche, wie die brennenden Krisenzonen der Welt belegen. Und die Kirche? Ihre Pirouette etwa in der Frage nach einer Segnung gleichgeschlechtlich Liebender wird wohl auch scheitern. Das Konstrukt kirchlicher Sexualitätskanalisierung bräche nämlich in sich zusammen. Somit bleibt nur die Hintertür: die Segenshungrigen wie Liftanlagen oder Krankenwagen zu behandeln, deren „Weihe“ im Segnungsbuch (Benediktionale) der Kirche festgeschrieben ist. Höre ich da etwa Menschenverachtung…?